Mit Feuer

Friedrich und Paul con fuoco

"Con fuoco" steht für: mit Feuer, heftig. Unausgesprochen mit inbegriffen sind der leidenschaftliche Impetus des Spiels und ein schneller Pulsschlag, ein flottes Tempo. Als Beispiel und im Vergleich: Friedrich und Paul Gulda spielen Beethoven.

Dreimal Beethovens Sonate Nr. 18

London 1957. Friedrich Gulda war 27, als er das Finale aus der Sonate Nr. 18, op. 31 Nr. 3 des 31-jährigen Ludwig van Beethoven einspielt. Sechsachteltakt, "Presto con fuoco", ein lebhafter Tarantella-Rhythmus, mit der geforderten Vehemenz bricht Gulda herein (erster Teil unseres Audios).

Man würde meinen, mit zunehmendem Alter verlangsame sich das Tempo, das Feuer flackere weniger ungestüm. Nicht so bei Friedrich Gulda. Zugegeben, zehn Jahre sind nicht viel. Friedrich Gulda 1967. Es perlt dahin, einen Tick schneller und brillant heller als in der Aufnahme von 1957, luzide klar, cool, lässig spielt er, und trotzdem: Das innere Brennen wird spürbar. In jedem Anschlag (zweiter Teil unseres Audios).

Interpret reagiert auf Zeitgeist

Dass sich immer wieder Neues sagen lässt im so sehr Vertrauten! Auf die Frage, ob die 32 Klaviersonaten Beethovens heute noch pianistisch neu entdeckt werden können, antwortet Paul Gulda: "Selbstverständlich. Jede neue Musikergeneration und jeder Pianist müssen diesen Prozess aufs Neue durchlaufen. Interpretation reagiert ja - bewusst oder unbewusst - auch auf den herrschenden Zeitgeist. Und schließlich sind die Variablen, die Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen musikalischen Parameter nahezu unbegrenzt. Das ist ja das Spannende, nur den Noten und dem eigenen inneren Ohr zu folgen - dies zumindest zu versuchen!"

Es gäbe einen Punkt, da wolle man sich von anderen abgrenzen, "da hört man sich andere Aufnahmen nicht an, vielleicht auch aus Angst, unterschwellig zu stark beeinflusst zu werden. Später aber, auf der Grundlage eigener Erfahrungen, der erworbenen stilistischen Vorstellungen, kann man der Interpretation der hochgeschätzten Kollegen - ich ergänze des hochgeschätzten Vaters - unbefangen und mit Genuss lauschen, mit Respekt oder auch mit Ablehnung. Ich persönlich akzeptiere sofort und gerne eine überzeugende Interpretation. Ich werde aber deswegen keine mentale Notiz machen, sondern es beeindrucken mich die Überzeugungskraft und der Geist, die dahinter stehen." Hören Sie Paul Gulda mit Beethovens op. 31 Nr. 3 im dritten Teil unseres Audios.

Hör-Tipp
Ausgewählt, jeden Mittwoch, 10:05 Uhr

Links
Friedrich Gulda
IMSLP - Beethovens Sonate Nr. 18 als PDF

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