Wird die Weltwirtschaft überfordert?

Neun Milliarden Menschen

In 40 Jahren steigt die Weltbevölkerung auf neun Milliarden Menschen. Das Bevölkerungswachstum wird zwar deutlich nachlassen, sagen der Rainer Münz und Albert F. Reiterer in ihrer jüngsten Studie. Trotzdem: Wie wird die Welt diesen Zuwachs verkraften?

Heute leben 6,6 Milliarden Menschen auf der Erde, in 40 Jahren werden es 9 Milliarden sein. Seit dem Jahr 1950 hat sich die Weltbevölkerung nahezu verdreifacht, das war das rasanteste Bevölkerungswachstum, das die Menschheit je erlebt hat. Jetzt wird das Bevölkerungswachstum deutlich nachlassen, denn die Frauen bekommen immer weniger Kinder.

Was in Europa begonnen hat, setzt sich jetzt in den Schwellenländern Lateinamerikas und Asiens fort, denn die Frauen werden immer besser ausgebildet und treten immer mehr in den Arbeitsprozess ein, sagen die Autoren einer Studie, der Bevölkerungswissenschafter Rainer Münz und der Soziologe Albert F. Reiterer.

In vielen Ländern, in denen Kinderreichtum als Voraussetzung für eine gesicherte Altersversorgung angesehen wird, setzt sich die Überzeugung durch: Besser zwei Kinder, die gut ausgebildet sind und einen Beruf haben, als sechs Kinder, die sich - möglicherweise als Analphabeten - mit schlechten Gelegenheitsjobs durchbringen müssen. Dennoch wird die Altersversorgung in Schwellenländern zum Problem, weil es zum Beispiel auch in China keine Pensionsversicherungssysteme gibt.

In den Industrieländern werden die Menschen immer älter. Das belastet zwar die Pensionssysteme, verschärft aber weniger die Pflegeproblematik. Die Menschen bleiben länger gesund und aktiv, die Pflegebedürftigkeit tritt aber stets in den letzten Lebensjahren ein, und da fällt es von der Zahl her nicht ins Gewicht, ob ein Mensch mit 70 oder mit 80 zum Pflegefall wird.

Ungleiches Wachstum
Das Bevölkerungswachstum ist regional unterschiedlich. Die Bevölkerung in Afrika wird sich auf knapp zwei Milliarden Menschen verdoppeln. In den entwickelten Ländern wird die Zahl der Menschen in etwa gleich bleiben. Asien liegt dazwischen.

Europas Bevölkerung wird möglicherweise sogar schrumpfen. Das hängt an der Emigration aus Osteuropa, wobei aber noch nicht klar ist, wie lange die anhält. Russland zum Beispiel wird schon zum Einwanderungsland für Menschen aus Asien, weil die dort wegen des Wirtschaftswachstums immer mehr Arbeitsplätze finden.

Mehrheit lebt in Städten
Erstmals leben heuer mehr Menschen in den Städten als auf dem Land. Der Zug in die Städte wird sich fortsetzen. Denn wenn auch zwischen 20 und 40 Prozent der neuen Stadtbewohner in Slums leben, so ist das immer noch besser als die Existenz auf dem Land. Allerdings wird die Politik mit den Bestrebungen, die Slums zu sanieren, noch lange hinter dem steten Zuzug nachhinken. Eine Lösung des Problems ist nicht in Sicht.

Ernährung kontra Klima
Wenn auch eine katastrophale Bevölkerungsexplosion nicht zu erwarten ist, trotzdem die Frage: Wie wird die Welt diesen Zuwachs verkraften? Genug Nahrung für alle wird es geben, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen: Fleischkonsum, wie wir ihn heute in Europa und in den USA haben, wird es keinesfalls für alle geben, auch wir in Europa werden von den übervollen Fleischtöpfen Abschied nehmen müssen. Die Produktion von Fleisch bedeutet einen vielfachen Einsatz von Kalorien und damit einen wesentlich höheren Flächenbedarf als die Produktion von Getreide.

Außerdem: Die Böden werden immer schlechter. Daher die Forderung: Die Landwirtschaft muss Nahrungsmittel erzeugen und nicht Energiepflanzen. Biosprit ist auf lange Sicht eine Sackgasse, meint Albert Reiterer. Die Energiefrage muss anders gelöst werden.

Hör-Tipp
Saldo, 20. Juli 2007, 9:45 Uhr

Buch-Tipp
Rainer Münz und Albert F. Reiterer, "Wie schnell wächst die Zahl der Menschen?" Fischer Verlag, ISBN 9783596172719

Links
UNO -Weltbevölkerungsprognose
Welternährungsorganisation
Weltbank
science.ORF.at - Rainer Münz
Universität Innsbruck - Albert F. Reiterer
Fischer Verlag - Wie schnell wächst die Zahl der Menschen?