Eine traumhaft schöne Baritonstimme

Ausnahmesänger Nicolae Herlea

Seine Stimme zählt zu den schönsten seines Faches im letzten halben Jahrhundert. Lediglich der Eiserne Vorhang hat verhindert, dass sich seine Karriere so entwickeln konnte, wie es seinem Talent angestanden hätte. Nicolae Herlea wird Ende Juli 80.

Als "Bastianini aus Bukarest" hat ihn vor ein paar Jahren der erst unlängst verstorbene Münchner Musikpublizist Kurt Malisch im Klassikmagazin "Fono-Forum" bezeichnet und dabei unter anderem Roberto Alagna zitiert, der seinerseits meinte, in seinem nächsten Leben lieber Bariton sein zu wollen - allerdings mit einer Stimme wie Nicolae Herlea.

Und auf Herleas eigener, sehr aufwendig gestalteter Website im Internet kann man gar folgendes Zitat lesen: "Was Caruso für Italien und Schaljapin für Russland, das ist Nicolae Herlea für Rumänien!"

Stimme mit Seltenheitswert

Das klingt vielleicht alles ein wenig übertrieben, Tatsache aber bleibt, dass eine Stimme wie die Herleas im heutigen internationalen Opernbetrieb fast ähnlich schwer zu finden ist wie die sprichwörtliche Stecknadel im Heuhaufen.

Ende Juli wird er 80: Nicolae Herlea, einst stolzer Besitzer einer wirklich traumhaft schönen Baritonstimme mit besonderer Eignung für Verdi. Ein Sänger, der in einem gewissen Rahmen auch im Westen Karriere gemacht hat, allerdings kaum in der Dimension, die ihm rein aufgrund seines Stimmmaterials zugestanden wäre.

Hinter dem Eisernen Vorhang

Aber Herlea war eben - leider muss man in diesem Fall sagen - Rumäne und das bedeutete in den Zeiten des kalten Krieges, des Eisernen Vorhanges, eben doch eine nicht unbeträchtliche Einschränkung, vor allem auch was Plattenaufnahmen betrifft. Ja und Platten, CDs, das sind heutzutage eben die Garanten dafür, dass - entgegen dem alten Sprichwort - den Mimen heute eben doch Kränze geflochten werden und zwar meist in jenem Ausmaß, als entsprechende Einspielungen existieren und professionell vermarktet werden.

Und hier steckt auch das Problem, warum Nicolae Herlea in unseren Breiten weit weniger bekannt ist als zum Beispiel Ettore Bastianini oder Piero Cappuccilli oder Robert Merrill oder Cornell McNeil. Zwar hat Herlea nicht wesentlich weniger Plattenaufnahmen gemacht als die oben genannten, nur leider nicht bei den großen internationalen Firmen, sondern fast ausschließlich bei der staatlichen rumänischen Electrecord, und wie derartige Monopolbetriebe in dieser Zeit gearbeitet haben, das wissen wir nur allzu gut.

Obskure Labels

Lange waren Herleas Platten also absolute Raritäten, dann gab es eine Zeit, wo westliche Konzerne sie etwas versteckt als Lizenzpressungen herausgebracht haben und schließlich, nach dem Fall der kommunistischen Regime, begannen dann allerlei Geschäftemacher derartige Aufnahmen auf teilweise obskuren Labeln richtiggehend zu verramschen, editorisch billigst aufgemacht, hauptsächlich für ein nur oberflächlich interessiertes Kaufhauspublikum und daher auch von den im Klassikbereich offenbar so wichtigen Leithammeln (sprich Kritikern) zumeist ignoriert.

Schade, denn wenn die alten Electrecord-Gesamtaufnahmen oft auch etwas uneinheitlich besetzt sind, allein die Mitwirkung von Nicoale Herlea müsste ihnen eigentlich entsprechendes Interesse garantieren.

Karrierestart in Bukarest

Geboren wurde Nicoale Herlea in Bukarest, vor 80 Jahren, am 28. Juli 1927. Bukarest ist immer Zentrum seiner Karriere geblieben, hier hat er studiert, hier hat er 1951 debütiert und von Bukarest aus wurde er rasch auch im Ostblock (Bolshoi-Debüt 1958) sehr bekannt.

Durch einige internationale Gesangswettbewerbe ist man aber schließlich auch im Westen auf Herlea aufmerksam geworden. Bereits 1961 finden wir ihn am Londoner Covent Garden, zwischen 1964 und 1966 an der MET, 1965 hat er unter Karajan in Salzburg den Rangoni gesungen; leider nur zwei Auftritte (Luna und Renato) verzeichnet die Chronik der Wiener Staatsoper. 1974, beim umstrittenen Gastspiel der Brüsseler-Oper mit der Bejart-Inszenierung von Verdis "Traviata", hat er den alten Germont verkörpert.

Meisterkurse und Memoiren

Wer seine schon erwähnte Internet-Seite besucht erfährt, dass Herlea seit seinem Rückzug Meisterkurse gibt, dass er malt und dass er an seinen Memoiren arbeitet. Letzteres allerdings schon seit etlichen Jahren. Wer also ein bisschen mehr, auch Privates, über ihn erfahren will, kann eventuell in den im Jahr 2000 veröffentlichten Erinnerungen seiner Agentin Ilse Elisa Zellermayer nachlesen, die neben ihm so erlauchte Künstlerinnen und Künstler wie Mirella Freni, Anna Moffo, Renata Scotto, Renata Tebaldi sowie Franco Corelli und Luciano Pavarotti vertreten hat.

Sie schildert übrigens auch eine etwas merkwürdige Begegnung zwischen Herlea und seinem Landsmann Ioan Holender, den derzeitigen Wiener Staatsoperndirektor. Ein durchaus unterhaltsames Buch jedenfalls!

Hör-Tipp
Apropos Oper, Dienstag, 24. Juli 2007, 15:15 Uhr

Buch-Tipp
Ilse Elisa Zellermayer, "Drei Tenöre und ein Sopran: mein Leben für die Oper", Henschel, ISBN 3894873574

Link
Nicoale Herlea