Goldesel im digitalen Zeitalter
Tupperware-Partys im Internet
Den Traum vom großen Geld im Netz träumen zahlreiche Neo-Unternehmer. Für manchen Firmengründer wird er tatsächlich wahr, wenn Microsoft, Yahoo oder Google zuschlagen und sich ein Erfolg versprechendes Start-Up um ein paar Millionen Dollar einverleiben.
8. April 2017, 21:58
Wenn im Postfach Spam-Mails eintrudeln, die weder Viagra anpreisen noch von neuen Online-Kasinos mit sensationellen Gewinnraten schwärmen, dann liegt der thematische Fokus in der Regel auf dem schnellen Reichwerden. Der Lockruf des quasi von selbst verdienten Geldes erschallt nicht erst im Online-Zeitalter, doch während die üblichen Schemata in der Regel auf dem Ausnützen der Gutgläubigkeit neuer Kunden basieren, haben einige wenige den Goldesel im Internet entdeckt.
Die erfolgreichsten Affiliate-Profis (die übrigens alle in den USA wohnen) freuen sich über Gehälter von bis zu über 100.000 Dollar im Monat - das funktioniert nicht wie von Zauberhand, sondern erfordert langjährige Aufbauarbeit. Aber wenn die Geldmaschine einmal angelaufen ist, dann werden die Scheine im Sekundentakt gedruckt. Das Prinzip dahinter: den Besuchern der eigenen Seite thematisch passende Werbeanzeigen anbieten und auf eine hohe Conversion-Rate hoffen.
Als "Conversion" bezeichnet der Internet-Werber eine Aktion, die einer erfolgreichen Bewerbung folgt. Klickt jemand etwa auf eine Anzeige für einen Haarfön und bestellt diesen anschließend im Online-Shop, dann darf sich der Betreiber der Seite, auf der die Anzeige geschalten war, über eine prozentuelle Beteiligung freuen.
Die so genannte aktionsbasierte Abrechnungsmethode unterscheidet sich von üblichen Online-Werbeformen wie Google Adwords, wo der Werbetreibende pro Mausklick bezahlt. Ob die in den Online-Shop gelangten Besucher auch tatsächlich etwas kaufen oder nach dem Motto "Ich schau nur!" ohne Bestellung den virtuellen Laden wieder verlassen, spielt für die Abrechnung klickbasierter Systeme keine Rolle.
Eine "Conversion" oder "Action" muss dagegen nicht unbedingt mit einem Kauf verbunden sein, häufig werden auch Prämien für die Teilnahme an Datensammel-Gewinnspielen oder für jede Registrierung eines neuen Users ausbezahlt.
Diese Form der Abrechnung ist nur im Internet möglich: undenkbar etwa, dass sich der Preis einer ganzseitigen Annonce in einer Tageszeitung nach dem am nächsten Tag gemessenen Anstieg der Verkaufszahlen richtet. Doch im Netz ist der Rückkanal stets mit eingebaut, und die direkte Auswertung bereitet keinerlei Schwierigkeiten. Zweiter wesentlicher Punkt: Affiliate Marketing wird plötzlich für Otto Normalverbraucher interessant, weil die Kosten der Medienproduktion fast gegen null gehen: weniger als zwei Euro kostet der billigste vollwertige Webspace inzwischen nur mehr. Wer also eine Webseite mit genügend Besuchern (oder ein Netzwerk von Seiten) sein Eigen nennt, hat zunehmend bessere Chancen, mit Werbung mehr als nur einen symbolischen Betrag zu verdienen.
Arbitrage (von lat. Arbitratus = Gutdünken, freie Wahl, freies Ermessen) bezeichnet den Handel, der Preisunterschiede für gleiche Handlungsalternativen (Marktgegenstände) in verschiedenen Märkten zum Zwecke einer beabsichtigten risikoarmen Gewinnerzielung nutzt. Infolge der ausgleichenden Wirkung der Arbitrage passen sich die Preise in verschiedenen Märkten einander an, der Vorteil existiert nur zeitlich begrenzt.
(aus Wikipedia)
Jeremy Shoemaker, einer der "Superstars" der Affiliate-Szene, verdankt einen beträchtlichen Teil seines Vermögens sogenannten Google-Arbitrage-Geschäften. Suchmaschinenbetreiber Google schätzt diese Art von Geschäften nicht besonders und hat bereits im Vorjahr angekündigt, Gegenmaßnahmen zu setzen. Das Prinzip ist einfach: Man kauft "Sponsored Results" zu bestimmten Suchbegriffen, die bei Google dann in den Suchergebnissen auftauchen. Diese Anzeigen verlinken auf sogenannte "Landing Pages", welche meist wenig Inhalte und vorwiegend Werbeanzeigen enthalten. Durch geschickte Auswahl der betreffenden Keywords erreichen Arbitrage-Experten ihre Gewinne.
Ein kleines Rechenbeispiel macht das Prinzip verständlich: Wenn der Klick auf das gebuchte Keyword 1 Cent kostet, so bezahlt der Affiliate für 100 Besucher 1 Dollar. Die Anzeigen, die auf der Landing-Page geschalten sind, müssen einen wesentlich höheren Klickpreis haben, etwa 10 Cent. Klickt nun ein Zehntel der Besucher auf die betreffenden Anzeigen, liegt die Conversion-Rate also bei zehn Prozent, so verbucht der Webmaster auf seinem Habenkonto 10x10 Cent = 1 Dollar. Jede weitere Erhöhung der Conversion-Rate bringt Gewinn.
Nicht zuletzt derartige Mechaniken verunsichern Online-Werber. Einerseits bietet Werbung im Netz den oben beschriebenen "eingebauten Rückkanal" an, andererseits sind die Manipulationsmöglichkeiten vielfältig. Auf mittelfristige Sicht kann man wohl davon ausgehen, dass sich aktionsbasierte Bezahlmodelle durchsetzen wollen. Auch Google führt bereits einen Betatest mit ausgewählten Adsense-Usern durch.
Ritchie Pettauer ist selbstständiger Medienberater und Autor in Wien.
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