Musikmaschinen und deren Ingenieure

Elektrische Klangmaschinen

Seit einigen Jahren zeigen Musiker und Wissenschaftler wieder Interesse an elektrischen Musikinstrumenten, die am Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt wurden und aus politischen, ökonomischen und ästhetischen Gründen in Vergessenheit geraten waren.

Peter Donhauser, Leiter der Musikabteilung des TMW

In ganz Europa wurden in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Klangmaschinen gebaut. In Russland bespielweise entwickelte der junge Andreji Rimski Korsakoff das Emirition, das heute in St. Peterburg in einem Museum steht.

Die Pionierzeit elektrischer Klangmaschinen in Deutschland und Österreich begann in den frühen 1920er Jahren. Der technik- und musikbegeisterte Volkschullehrer Jörg Mager hat versucht, mit dem Kurbelsphärophon Vierteltöne herzustellen. Dieses Gerät war jedoch zu umständlich in der Handhabung.

Ätherwellen

Nicht nur die Erfindung der Elektroröhre, sondern vor allem die Einführung des Rundfunks um 1924 und die damit verbundenen technischen Entwicklungen ermöglichten Experimente und förderten das öffentliche Interesse. Die Produktion der Instrumente wurde angedacht.

Neben Bruno Helberger, Jörg Mager, seinem ersten Assistenten Oskar Vierling ist Friedrich Trautwein eine zentrale Figur im Berlin der 1930er Jahre, das sich zum Zentrum der akademischen Forschung für elektrische Musikinstrumente entwickelt hatte.

Hindemith-Gutachten für Jörg Mager

Trautwein nutzte die Möglichkeit an der neu gegründeten Rundfunkversuchsstelle, an seinem Trautonium bauen zu können. Paul Hindemith, der als Professor an der Hochschule in Berlin auch die Versuchsstelle nutzte, bekundete anlässlich des Donaueschinger Musikfests bereits 1926 sein Interesse an elektrischen Instrumenten und verfasste zu der Zeit auch ein positives Gutachten für Jörg Mager.

Berlin als Zentrum der "Elektrischen Musik"

Die Konzentration der technischen, musikalischen Aktivitäten im Berlin der 1930er Jahre und die politischen Entwicklungen prägten den Verlauf der Entwicklung, der Anwendung und der Popularisierung nachhaltig; Berlin wird zum Zentrum der "Elektrischen Musik".

Das elektrische Cello, die elektrische Geige, das Elektrochord, das Theremin, der Neo-Bechstein, Oskar Sala am Trautonium, Bruno Helberger auf seinem Hellertion und Prof. Leithäuser am Mikrofon - war das das Orchester der Zukunft? Diese Frage wurde damals gestellt.

Vereinnahmung durch das NS-Regime

Vierling und Trautwein ließen sich für das NS-Regime instrumentalisieren, so Peter Donhauser, Leiter der Musikabteilung des Technischen Museums in Wien. Jörg Mager, er war ursprünglich Kommunist und Pazifist, hat sich ebenfalls dem Regime angenähert, mit seinen eigenen Worten: Weil er sich erwartet hat, mehr abzusahnen.

Trautwein hat vor allem in der Literatur vehement für das Regime Stellung genommen. Gründe für eine ausgebliebene Weiterentwicklung der Instrumente und der damit verbundenen neuen Möglichkeiten für die Musik gibt es viele. Hindemith beispielsweise, galt zwar als "großer Mann seiner Zeit", aber mit "untragbarer Gesinnung".

Service

Peter Donhauser, "Elektrische Klangmaschinen. Die Pionierzeit in Deutschland und Österreich", Böhlau Verlag, ISBN 9783205775935

Milan Gustar, "Elektrofony", Uvnitr Verlag, ISBN 97880239844601

Fred Prieberg, "Musik im NS-Staat", Dittrich Verlag, ISBN 392086266X

Elena Ungeheuer, "Wie die elektronische Musik 'erfunden' wurde", Schott Verlag, ISBN 3795718910

Technisches Museum Wien