
GEMEINFREI
200. Todestag
Antonio Salieri - Neuentdeckung eines Verkannten
Am 7. Mai 1825, also vor genau 200 Jahren, starb Antonio Salieri, der seinerzeit längst dienende Hofmusikkapellmeister in Wien. Sein 200. Todestag ist nun willkommener Anlass, das Bild vom angeblichen Mozart-Rivalen und heimtückischen Mörder zu revidieren.
6. Mai 2025, 17:18
Als solcher wurde er von Alexander Puschkin im Theaterstück Mozart und Salieri, in der Oper auf diesen Stoff, komponiert von Nikolai Rimski-Korsakow und schließlich in Milos Formans Kinohit "Amadeus" aus dem Jahr 1984 dargestellt.
Wie man heute gesichert weiß, war das Verhältnis zwischen Salieri und dem um sechs Jahre jüngeren Mozart wertschätzend und kollegial, und ein öffentliches „Kräftemessen“ wie beim „Musikalischen Duell“ von Kaiser Joesph II. galt ausschließlich den beiden damals populären Gattungen deutsches Singspiel und italienische Opera buffa. Salieri bzw. seine Oper "Prima la musica e poi le parole" ("Erst die Musik und dann die Worte") gewann damals das Match gegen Mozarts "Der Schauspieldirektor" in der Orangerie des Schlosses Schönbrunn, u.a., weil er das bessere Libretto verwendet hatte.
Neuentdeckung eines Verkannten
So betitelt der Literaturwissenschaftler Markus Böggemann sein zum Jubiläum erschienenes Salieri-Lesebuch, mit dem er das Image des Komponisten wieder zurechtrücken möchte.
Der Salieri ist in diese Rolle hineingekommen, weil es den Mozart gibt und weil man im 19. Jahrhundert für die Konstruktion eines Genies so etwas wie ein Gegenbild brauchte.
„Ersatzvater“ Hofkomponist Florian Leopold Gassmann
Antonio Salieri, geboren 1750 als achtes Kind einer wohlhabenden Familie in Legnago in der Nähe von Venedig, erhielt bereits früh Unterricht in Latein, Violine, Cembalo, Orgel und Gesang. Nach dem überraschenden Tod beider Eltern war der vorgezeichnete Weg plötzlich in Frage gestellt. Doch er hatte Glück: Über Stationen in Padua und Venedig, wo seine Ausbildung zu einem umfassend gebildeten Musiker großzügig unterstützt wurde, nahm der damalige Hofkomponist Florian Leopold Gassmann den talentierten Jugendlichen mit nach Wien.
Als „Ersatzvater“ bot er ihm Familienanschluss und die bestmöglichen Lehrer. Und er engagierte ihn für seine Kammerkonzerte am Hof, wo das junge Gesangstalent sogar dem Kaiser persönlich auffiel. Liebend gerne kam Gassmann dem Wunsch des musikliebenden Monarchen nach, Ziehsohn Salieri dreimal in der Woche am Hof in die Kammerkonzerte einzubinden. Diesem Hause sollte Salieri selbst später als längst dienender Hofkapellmeister dienen – er war von 1788 bis 1824 prägend für die Kirchenmusik der Wiener Hofmusikkapelle verantwortlich.
Ö1 Schwerpunkt
Ein gefeierter Künstler
Im Jahrbuch der Tonkunst 1796 wird Antonio Salieri, der den „Styl des unsterblichen Gluck zum Muster wählte“, porträtiert. Sein Arbeitsschwerpunkt sei die „italiänische Oper“, die „ganz Europa mit Dank erkennet“. Und weiter: „Was auch die Verschiedenheit der Meinungen, und die Neuerungssucht im Geschmacke sagen mag, so ist, und bleibt es noch gewiß, daß seine Opern sich in Witz, Malerei, Scherz, Anmuth, Feuer und gutem ungekünstelten Instrumentalsatz ganz vorzüglich auszeichnen. Wie glücklich er in die Handlung des Sängers hinein zu arbeiten weis, so, daß er demselben nicht nur sein Spiel erleichtert, sondern ihm oftmals sogar den Fingerzeig dazu giebt …“
Eine ganze Komponistengeneration beeinflusst
Sein großes Gespür für die menschliche Stimme und den Gesang kam nicht nur in seinen zahlreichen geistlichen Werken zur Geltung, sondern auch in seinen 40 Opern. Zudem beeinflusste Salieri als Gesangs- und Kompositionslehrer eine ganze Komponistengeneration wie Ludwig van Beethoven, Franz Schubert und Franz Liszt, und unterstützte deren Schüler und Schülerinnen sowie mit Vorliebe Sängerinnen. Mit gutem Grund also ist das Institut für Gesang und Stimmforschung in der Musikpädagogik an der mdw – Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien nach ihm benannt, schließlich war er auch Gründer ihrer Vorgänger-Institution.
Eigenes Requiem verfasst
Antonio Salieri wurde 1825 auf dem Matzleinsdorfer Friedhof, dem heutigen Waldmüllerpark, beerdigt, nach Auflösung des Friedhofs 1874 exhumiert und am Wiener Zentralfriedhof beigesetzt. Zu seiner Trauerfeier wurde sein bereits 1804 für sich selbst komponiertes Requiem in c-Moll zum ersten Mal aufgeführt.
Im Ö1-Gespräch erinnert die aktuelle Leiterin des Salieri-Instituts, Judith Kopecky, daran, dass Salieri sein "kleines" Requiem für eine "ganz kleine Kreatur" verfasst hatte.
Gestaltung: Marie-Therese Rudolph