Die Verantwortung der Medien

Dubrovnik brennt

Die Mittelmeerländer leiden in diesem Sommer unter katastrophalen Waldbränden. Wie man die möglichen Ursachen für die verschiedensten Zwecke ausnützen kann, zeigen die letzten Vorkommnisse in Dubrovnik und seiner Umgebung.

In diesem Sommer sind die Mittelmeerländer von schweren Waldbränden betroffen. Dubrovnik und seine Umgebung in Kroatien litten besonders stark darunter. Die Feuerlinie erstreckte sich mehr als 20 Kilometer um Dubrovnik und kam bis an den Rand der Altstadt heran.

Eine einzige Ursache der Brände kann man nicht definieren. Neben den klimatischen Voraussetzungen mit großer Sommerhitze und dem Austrocknen der leicht brennbaren Macchien kommt der Faktor Mensch dazu. Es gibt unzählige - unabsichtliche und absichtliche - Möglichkeiten für Brandstiftung. Diese Situation ermöglicht eine Reihe von Erklärungen der Brände, die sich sehr stark auf die öffentliche Meinung auswirken können - und verschiedene Manipulationen ermöglicht.

Wohnen im Dorf

Blazenka G. ist 77 Jahre alt. Bis sie 20 Jahre alt war, hat sie in dem kleinen Dorf, in dem sie geboren wurde, in der Nähe von Dubrovnik gelebt. Dann ist sie nach Zagreb gezogen, hat geheiratet, eine Tochter bekommen und bis zu ihrer Pensionierung in einer bekannten Baufirma als Chefbuchhalterin gearbeitet. Seit sie im Ruhestand ist, verbringt sie wieder viel Zeit in ihrem Geburtsort.

In diesen Sommer war ihr Dorf Cibaca vom Feuer besonders stark betroffen. In der Zeit der Dubrovniker Republik (bis 1812) war dieser Teil des Landes für seine Agrarprodukte bekannt. Heutzutage sind Äcker und Felder parzelliert und Obst und Gemüse muss man in einem der vielen großen Shopping-Center, die hier in den letzten Jahren gebaut wurden, kaufen. Die Region hat so ihren Status als "Bauch von Dubrovnik" in "Shoppingzone von Dubrovnik" geändert. Jetzt bekommt man Knoblauch aus China, das Gemüse aus dem ehemaligen "Bauch" aber eher selten.

"Die da"

Das Tal ist von steilen Bergen umrahmt und gleich unter dem Berggrat liegt die bosnisch-herzegowinische Grenze. Etwa 20 Kilometer entfernt befindet sich die alte K. u. K.-Garnisonstadt Trebinje. Im letzten Krieg (1991-1995), der zum Zerfall Jugoslawiens führte, wurde von hier aus Dubrovnik und seine Umgebung bombardiert. Die Altstadt Dubrovnik wurde stark beschädigt, viele Ortschaften völlig zerstört, Menschen wurden getötet und zur Flucht aus ihren Häusern gezwungen.

Wenn man mit Blazenka über die Brände redet, sagte sie gleich, dass das Feuer "von denen da angezündet wurde". Auf die Frage, warum sollten "die da" Brände legen, von denen sie selbst schwer betroffen seien, weiß Blazenka keine Antwort. Ihre Mutter hat schon immer gesagt, dass die Gefahr von "dieser (östlichen) Seite" komme. "Die da" sind Serben, die in "Republika Srbska", dem serbischen Teil von Bosnien Herzegowina, leben.

Tendenziöse Berichterstattung

Auf Blazenkas Tisch liegt ein Exemplar von "Dubrovacki list - Dubrovniker Blatt". Auf der Titelseite sieht man einen Buben, der mit einem dünnen Gummischlauch den kargen Boden bespritzt und so versucht, das Feuer zu löschen. Der untere Teil der Titelseite ist rot gefärbt und zeigt die Männer, die mit Feuerwehrschläuchen das Feuer bekämpfen. Der mit einer kleiner Schrift geschriebene Titel lautet "Wieder umringt", der Haupttitel "Der Feuersturm" deutet auf die größte militärische kroatische Aktion im "Heimatkrieg" 1995 hin, die unter den Kodenamen "Der Sturm" die okkupierten Teile Kroatiens von den Serben befreit hatte.

Die dazugehörigen Texte entfernen sich nicht weit vom Grundton der Titelseite. Auf den Seiten ist eine Mappe, militärischen Darstellungen ähnlich, abgebildet, die Feuerrichtungen sind zu sehen und Pfeile zeigen aus Trebinje in Richtung der betroffenen Orte auf kroatischer Seite.

Leider ist der Verdacht, dass "die da" tatsächlich das Feuer gelegt haben, nicht auszuschließen. Die Erfahrungen aus dieser Gegend haben schon schrecklichere Beispiele der Unvernunft geliefert. Man erwartet aber, dass für so schwere Vorwürfe konkrete Beweise vorgelegt werden, ohne diese sollte man nicht die Leser, wie Frau Blazenka, mit Gerüchten verwirren.

Echte und erfundene Feinde

Das sozialistische Jugoslawien hat immer schon irgendwelche inneren und äußeren Feinde gehabt, echte und erfundene, gegen die gekämpft wurde. Dass unbewiesene Schuldzuweisungen immer noch funktionieren, zeigen die letzten Feuer in Kroatien. Die Parlamentswahlen stehen vor der Tür und solche Katastrophen kann man politisch gut ausnützen.

Um mögliche Spekulationen zu verhindern, schreibt der Gemeindehauptmann von Konavle (Umgebung von Dubrovnik) Luka Korda im "Dubrovniker Blatt": "Die Tschetniks (die beleidigende Benennung für Serben) haben uns 1991 mit dem Feuer angegriffen, sie machen das auch heute." Um alle weiteren Diskussionen zu stoppen, fügte er hinzu: "Alle, die behaupten, dass sich das Feuer wegen unserer schlechten Organisation verbreitet hat, sind Dreck, und sie sind nicht besser als die Tschetniks."

Es geht auch anders

Es ist erfreulich, dass sich nicht alle Medien in Kroatien auf diese Art und Weise mit den "feuerlichen" Geschehnissen beschäftigen. Blazenka G. liest auch andere Zeitungen. Sie gibt an, dass ein Teil der Verantwortung auf "unserer Seite" liegt. Das ist in einem Gebiet, in dem vor nicht allzu langer Zeit ein schwerer Krieg tobte, sehr viel.