Von Symbiose der Kunstformen fasziniert

Libertad Hackl, Buch & Regie

Ihre Eltern waren TV-Verweigerer: Libertad Hackl, Jahrgang 1980, die als Reaktion an der Filmakademie Wien Drehbuch und Regie studiert. Ihr erfolgreicher Film "Bleiben will ich ... " wird am 3. und 5. April bei der Diagonale, danach in Kuba gezeigt.

"In meinem Elternhaus waren Literatur und bildende Kunst sehr wichtig. Da gab es eine Auseinandersetzung. Meine Eltern waren TV-Verweigerer und -Gegner. Und da hat es, glaube ich, begonnen, dass ich mich als Reaktion darauf für dieses Medium zu interessieren begann. Ich produzierte zunächst Collagen, die ich selbst gesprochen und mit Musik gemischt habe. Später habe ich sie mit Bildern erweitert.

Mit 14 kam schließlich der Wunsch, dass ich Filme machen wollte. Zunächst interessierte mich nur die Regie. Ich begann damals mit meiner Mini-High8-Kamera meine Großmutter zu interviewen. Das war das einzige, was ich vor dem Studium machte. An der Filmakademie begann ich dann mit Drehbuch", erzählt Libertad Hackl, gebürtige Wienerin, Jahrgang 1980, die seit 1999 zunächst in der Abteilung Film und Fernsehen Buch und Dramaturgie bei Walter Wippersberg belegte, und seit 2001 Regie bei Wolfgang Glück und Michael Haneke studiert.

Nach ihrer Matura begann die Nachwuchs-Filmschaffende zunächst an der Uni Wien mit dem Studium der Kunstgeschichte und gestaltete und moderierte Beiträge für eine Sendung für jugendliche Emigranten auf Radio Orange.

"In den ersten zwei Jahren macht man an der Filmakademie alle Bereiche durch. Und so erlernte ich alles von Grund auf. Danach aber hatte ich das Handwerk zu klar vor Augen, als dass ich es frei benutzen konnte. Von da an begann ich erst meinen Weg zu finden", erzählt Hackl, der im Fach Regie nur noch der Diplomfilm fehlt und die in etwa eineinhalb Jahren ihr Studium abschließen wird.

Drehbuch und Regie

"Ich kann mir vorstellen, in beiden Bereichen zu arbeiten – als Autorin und als Regisseurin. Aber es ist beides jeweils getrennt ebenso denkbar für mich. Was am Anfang nicht so war. Inzwischen macht mir das Schreiben große Freude und ich habe das Gefühl, dass ich vom Schreiben für Filme anderer sehr viel für die Regie profitiere. Aufgeben will ich das Schreiben keinesfalls, weil ich da eher die Möglichkeit sehe, davon auch leben zu können", stellt Hackl fest.

Symbiose vieler Kunstformen

"Das Faszinierende am Film ist für mich als Schaffende diese Vielfalt der Kunstformen, die das Medium vereint - das Wort, das Bild und die Schauspielkunst. Und dass sich die Bilder durch den Schnitt noch gegenseitig beeinflussen. Was zugleich auch das Schwierige an der Filmarbeit ist", erläutert Libertad Hackl.

Zunächst nur Spielfilme

"Meine Einstellungen zu den Genres hat sich geändert. Anfänglich wollte ich nur Dokumentarfilme machen. Dann habe ich einen Dok-Film gemacht - und den Rahmen aus den Augen verloren. Derzeit - und das wird auch in den nächsten Jahren so sein - mache ich nur noch Spielfilme. Hier fließt aber immer auch das Dokumentarische ein. Ich habe großen Respekt vor dem Dok-Film - aber ich traue es mir noch nicht zu", so Libertad Hackl.

Mit "Bleiben will ich ... " bei Diagonale 08 ...

Mit ihrem letzten Film "Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin" war die junge Filmerin bei der diesjährigen Diagonale vertreten: gezeigt wurde der Spielfilm am 3. sowie am 5. April 2008 April im Geidorf Kunstkino.

"In diesem Episodenfilm, der mein bisher wichtigster ist, geht es um Heimatlosigkeit im weitesten Sinn. Er handelt von drei Menschen, die sich zwischen der österreichischen und der tschechischen Grenze in 'Excalibur'-City aufhalten. Es ist meine persönlichste Arbeit", erklärt Hackl.

... und beim Filmfestival in Kuba

Außerdem wurde Hackls erfolgreicher Film auch beim VI. Festival Internacional del Cine pobre in Gibara in Kuba, das vom 14. bis 20.April 2008 stattfand, gezeigt. Und erlebte damit seine erste internationale Aufführung.

Schon erfolgreich bei "Crossing Europe 2007"

Und mit "Bleiben will ich, wo ich nie gewesen bin" hatte die Nachwuchs-Filmemacherin bereits im Vorjahr großen Erfolg: Der Episodenfilm, der beim Linzer "Crossing Europe"-Festival uraufgeführt wurde, erhielt gleich den Local Artist Award 2007.

"Ich habe mit Lena Kammermeier zusammen das Drehbuch geschrieben und auch Regie geführt. Wir haben zwei Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Ganz wichtig ist mir auch, dass bei diesem Film das herauskommt, was ich ausdrücken wollte", freut sich Hackl über ihren Erfolg.

Kurzspielfilm "ausgenommen anna"

Besondere Bedeutung hat für Hackl auch ihr Kurzspielfilm "ausgenommen anna", der von Ausgrenzung und Mobbing handelt, wie sie erzählt: "Hier habe ich viel für meinen letzten Film gelernt. Und er war auch in der Arbeit mit den Schauspielern sehr wichtig für mich. Außerdem war es meine erste Arbeit, die ich für ein Festival, nämlich die Diagonale, eingereicht habe."

Vielfältige Praxis

Seit ihrem ersten Kurzspielfilm "bleibt alles anders" (2001), bei dem sie das Drehbuch verfasste und Regie führte, konnte Libertad Hackl bereits zahlreiche Erfahrungen sammeln:

Beim Kinderspielfilm "Sommergewitter" für Barbara Mays "1st Filmacademy for Kids" führte sie Regie, bei "Ljubinka" war sie für Konzept & Regie, beim Kurzspielfilm "tagein tagaus" für Drehbuch und Regie verantwortlich, für den Spielfilm "Biancas Schuld" schrieb sie das Drehbuch und erhielt beim Wiener Studentenfilmfestival 2005 dafür eine Lobende Erwähnung in der Sparte "Bestes unverfilmtes Drehbuch", schrieb das Drehbuch für den Dok-Film "Die Todsünde Zorn", eine Auftragsarbeit der ORF-TV-Religion (nicht verfilmt) sowie das Drehbuch für "70m2, Balkon, lastenfrei", das im Rahmen des von der Produktionsfirma metafilm ausgeschriebenen Wettbewerbes "du sollst" für einen Episoden-Kinofilm ausgewählt wurde.

Bei Talent Campus und Literar-Mechana-Stipendium

Im Jahr 2005 wurde die junge Filmemacherin zum Berlinale Talent Campus, wo aus 2000 Einreichungen 50 Nachwuchs-Filmer ausgewählt werden, aufgrund ihrer Arbeiten eingeladen.

Und 2006/07 erhielt sie von der Literar Mechana ein Drehbuch-Stipendium: "Das war eine große Anerkennung. Und es war sehr befreiend, ein Jahr lang ohne finanzielle Sorgen arbeiten zu können. Daher war es auch mein produktivstes Jahr. Ein Spielfilm-Drehbuch ist nun vor der Fertigstellung", berichtet Hackl.

Unabhängig arbeiten können

Derzeit arbeitet die junge Filmemacherin mit Lena Kammermeier am Drehbuch für ihren Diplomfilm, der als Spielfilm konzipiert ist.

Was ihr größter Zukunftswunsch ist? "Ich möchte von jenen Filmen, die ich mache, leben können. Frei sein von finanziellen Abhängigkeiten, um jene Geschichten erzählen zu können, die ich erzählen will. Und ich wünsche mir, als Autorin und Dramaturgin auch für Projekte anderer zu arbeiten - sei es für Kino oder TV", so Libertad Hackl.