Biografie des französischen Revolutionärs

Robespierre

Max Gallo, französischer Politiker, Historiker und Romancier, gelingt es, in seiner Biografie Robespierre zum Leben zu erwecken. Dabei zitiert Gallo beim Erzählen dieser revolutionären Lebensgeschichte immer wieder aus Robespierres Reden.

Während der Französischen Revolution avancierte er zum Vorzeigepatrioten. Ehrfürchtig nannte ihn das Volk "die Stimme der Vernunft" und "den Unbestechlichen". Egal ob Maximilien Francois Marie Isidore de Robespierre vor den Vertretern der drei Generalstände, vor dem Jakobinerclub oder vor dem Nationalkonvent spricht, immer ist es seine Stimme, die die stumme Masse des Volkes vertritt. Ihm allein geht es um Gerechtigkeit.

Die Kunst, das Volk über blumengeschmückte Straßen in den Abgrund zu führen, ist mir unbekannt. Im Gegenteil, ich war es, der es auf sich nahm, exzessiv, eigensinnig und sogar hochfahrend zu erscheinen, um gerecht zu sein.

Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit

Wer mit Robespierre das Geschehen der Revolution voranbringen will, dem muss es um die Wahrheit und nichts als die Wahrheit gehen. Robespierres Gegner sind leicht zu benennen: All jene, etwa die Gruppe der "Girondisten", die eher das Großbürgertum vertreten und aus der Revolution ein lukratives Geschäft machen wollen. Für Robespierre sind es prinzipienlose Gesellen.

Fast unerträglich ist es, wie in den Reden Robespierres sein eigenes Ich der Aussage mit dem neuen Ich der Volkssouveränität verschmilzt und dabei ein unerbitterliches, Gott Vater ähnliches Über-Ich entsteht.

Hochverrat des Königs

Als die Revolutionäre klar sehen, dass Ludwig XVI. sie zu hintergehen versucht und er sogar einen Fluchtversuch unternimmt, ist sein Todesurteil noch immer nicht beschlossene Sache. Nur einer nimmt sich kein Blatt vor dem Mund. Es ist Robespierre. Er, der zu Anfang der Revolution Verfechter einer konstitutionellen Monarchie gewesen ist, sieht nun im König den großen Verräter am französischen Volk. Und auf Hochverrat steht nun einmal der Tod.

Ich bin unbarmherzig gegen die Unterdrücker, weil ich mit den Unterdrückten Mitleid empfinde. Ich kenne keine Menschlichkeit, die die Völker erwürgt und den Despoten verzeiht. Ich stimme für den Tod des Königs.

Gottes Stimme

"Im Anfang war das Wort." Diese Bibel-Wort gilt im besonderen Maße für Robespierre. Nicht gerade zur Freude seiner revolutionären Mitstreiter bekannte sich Robespierre zum christlichen Vater-Gott. Im Mai 1794 war es dann so weit: Auf Betreiben Robespierres beschloss der Nationalkonvent die "Existenz des höchsten Wesens". Das ist sicher einmalig in der Geschichte: Ein Parlament, noch dazu ein revolutionäres, gibt per Erlass bekannt, dass alle Bürger an die Existenz eines höchsten Wesens zu glauben haben.

Für Robespierre war die ganze Angelegenheit eine existenzielle, denn Gott Vater hat nicht nur die Revolution in seinem ewig weisen Walten ermöglicht, sondern die Stimme, durch die göttlich verbürgte Revolutionswahrheit öffentlich wird, ist diejenige Robespierres. Er allein sagt die Wahrheit, er allein ist gerecht. Man kann es nicht anders ausdrücken: Robespierre begriff sich als Messias der Revolution.

Dieses entscheidende Element in Robespierres' Handeln und Denken herausgearbeitet zu haben, ist sicher ein großes Verdienst von Max Gallo - und unterscheidet seine Biografie von so manch anderer.

La Grande Terreur

Als "Messias" der Revolution weiß Robespierre allerdings auch, dass er selbst sterben muss. Immer wieder betonte er in seinen Reden, dass er bereit sei, für die revolutionäre Wahrheit den Tod auf sich zu nehmen. Doch bevor es dazu kommt, lähmt von Mitte 1793 bis Juli 1794 die Schreckensherrschaft, "La Grande Terreur", von Robespierre und seinen Anhängern das Land. Allein im Juni 1794 werden 2.000 Menschen guillotiniert. Überall sieht Robespierre Verräter und Spione, er allein kennt, sich auf göttliche Einsicht berufend, die Wahrheit.

Nur wenn wir den Dolch der Gerechtigkeit in ihr Herz senken, können wir die Freiheit vor all den Verbrechern schützen, die sie zerstören wollen.

Das Ende

Auch Danton und seine Anhänger fallen dem Dolch Robespierres, also der Guillotine zum Opfer. In diesem Moment wird jedem Konventsmitglied und jedem engagierten Revolutionär klar, dass er das nächste Opfer Robespierres werden könnte. Um zu überleben, plant man den Aufstand. Am 27. Juli 1794 wird Robespierre festgenommen, tags darauf zur Guillotine geführt. Der Messias der Revolution stirbt als "Tyrann".

Max Gallos Biografie zeigt auf überzeugende Weise Aufstieg und Fall des Maximilien de Robespierre. Ein Mann, dessen große Begabung die öffentliche Rede war und dessen Herz ehrlich für die Befreiung der kleinen Leute aus der Vormundschaft schlug. Allerdings auch ein Mann, dessen messianische Wahrheitsauffassung die Revolution in ein Schlachthaus verwandelte.

Mehr zum 250. Geburtstag von Robespierre in ORF.at

Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
Max Gallo, "Robespierre", aus dem Französischen übersetzt von Pierre Bertaux und Bernd WitteVerlag Klett-Cotta 2007, ISBN 9783608944655