Unbekannt und anders

Äthiopische Musik

Äthiopien ist das einzige afrikanische Land, das nie kolonisiert wurde; bis ins 20. Jahrhundert gab es daher keine europäischen Einflüsse auf das reiche klangliche Kulturerbe, das sehr alte jüdische, christliche und muslimische Elemente vereint.

Der Weg zum äthiopischen Ethio-Jazz

Als "unbekannten Kontinent" oder als "das andere Afrika" wird die äthiopische Musik bezeichnet, weil sie sich stark von den bekannten afrikanischen Rhythmen unterscheidet. Dafür gibt es mehrer Gründe: Äthiopien ist das einzige afrikanische Land, das nie kolonisiert wurde; bis ins 20. Jahrhunderts gab es daher keine europäischen Einflüsse auf das reiche klangliche Kulturerbe, das sehr alte jüdische, christliche und muslimische Elemente vereint. Weiters werden in dem lange Zeit isolierten Land auch 70 Sprachen und über 200 Dialekte gesprochen; extrem vielfältig ist folglich auch die traditionelle Volksmusik.

Azmari, die fahrenden Musikanten Äthiopiens

Sie haben einst die Karawanen auf den langen Wanderungen begleitet und begeistern noch heute das Publikum mit stundenlangen Gesängen, bei denen es nicht so sehr um die musikalische Perfektion geht, sondern darum, witzige, eloquente und kluge Verse zu improvisieren. Ihr ständiger Begleiter ist die Masinko, ein Streichinstrument mit nur einer Saite und unverzichtbar bei ihren Auftritten ist auch die traditionelle äthiopische Kaffeezeremonie.

Die "göttliche" Bagana

Was die Masinko für Azmari, das ist für die Hohen Geistlichen der äthiopisch orthodoxen Kirche die Baganá, eines der ältesten Instrumente des Landes. Bekannter ist es unter dem Namen Davids-Harfe, denn der Legende nach stammt sie von König David, der als Verfasser zahlreicher Psalmen gilt. Sein Enkel Menelik I. soll sie von Israel nach Äthiopien mitgebracht haben, als er hier die Salomonische Dynastie begründet hat.

Zwei Quellen äthiopischer Musik

Neben der weltlichen Volksmusik speist sich die äthiopische Musik auch aus der klassische Sakralmusik, die in den Kirchen gespielt wird. Rund die Hälfte der Bevölkerung gehört der äthiopisch-orthodoxen Religion an, die bereits im vierten Jahrhundert zur Staatsreligion erhoben wurde.

Im sechsten Jahrhundert schuf der Heilige Yared, Begründer der Kirchenmusik und Komponist, die erste Notenschrift. Überdies gilt er auch als Erfinder der wichtigsten liturgischen Instrumente, die bis heute in jeder Kirche zu finden sind. Zu ihnen gehört das Systrum, auch Gleitrassel genannt und die Trommel.

Neues aus alten Wurzeln

Durch die Verbindung von jahrhundertealten Melodien und äthiopischer Harmonik, der Fünfton Skala, mit westlichem Jazz, ist ein neuer Stile entstanden, der sogenannte Ethio-Jazz.

Mulatu Astatke, geboren 1943, war der erste und vielleicht auch der einzige äthiopische Musiker seiner Generation, der die Chance hatte im Ausland Musik zu studieren - zuerst in London, dann in New York, wo er das Ethiopian Quintett gegründet hat. In den 1960er Jahren schuf er dort seine ‚"süchtig machende Weltmusik" - wie ein Kritiker schrieb, basierend auf äthiopischen Melodien.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 3. September bis Donnerstag, 6. September 2007, jeweils 9:45 Uhr