Vom Arbeiten am Ursprung der eigenen Musik
Mecanium
Pierre Bastien hat sich, um seiner musikalischen Vision so nahe wie möglich zu kommen, sein mechanisches Orchester gebaut. Mit diesem wird der Musiker, Klanginstallateur und Instrumentenbauer beim musikprotokoll im steirischen herbst zu Gast sein.
8. April 2017, 21:58
Pierre Bastien möchte den musikalischen Entstehungsprozess in seiner Vollständigkeit erfahren, er möchte dem Ursprung von Klang und von seiner ganz persönlichen Vorstellung von Musik so nahe wie nur irgendwie möglich kommen und dabei nimmt der Musiker, Klanginstallateur und Instrumentenbauer sein Publikum mit, führt es ganz nahe heran, an das von ihm entwickelte mechanische Orchester Mecanium.
Fünf Elemente soll seine Musik umfassen, so Pierre Bastien, und zwar Rhythmus, Harmonie, Melodie, Klangfarbe und Noise. Sein mechanisches Orchester würde ihm dabei helfen, diese musikalische Vision umzusetzen. In der modernen Musik seien in der Regel ein, zwei oder drei Elemente enthalten, so der Musiker, Klanginstallateur und Instrumentenbauer, "selten vier, und so gut wie nie alle fünf".
Inspirationsquelle Meccano
Nach seinen Wurzeln befragt, nennt Pierre Bastien die surrealistischen Geschichten und Erfindungen von Raymond Roussel und die Faszination, die die große weite Welt von Meccano auf ihn ausübt. Nach diesem Spielzeug hat Bastien dann auch sein mechanisches Orchester benannt.
Pierre Bastien: "Ich liebe dieses Spielzeug, es ist wunderbar! Es ist Mechanik im Kleinen, - für Kinder, aber auch für Erwachsene. Man kann im Kleinen genau das bauen, was man gerne im Großen bauen würde."
Erste Maschine
Gerade einmal 15 Jahre war Pierre Bastien alt, als er seinen ersten Klangroboter baute. Das war vor beinahe 40 Jahren, im Mai 1968. Natürlich hätten sie damals gegen die Schule rebelliert, erinnert sich der Künstler zurück, und er habe zusätzlich gegen seine Musikausbildung rebelliert.
Zu jener Zeit lernte Bastien gerade Gitarre und dabei wurde er, wie damals üblich, stets von einem Metronom begleitet, - von dem verhassten Metronom, wie Pierre Bastien unterstreicht, bis ihm im Mai 1968 die Idee kam, links und rechts je eine Pfanne an das "Anti-Instrument", wie er es auch bezeichnet, zu montieren. Dieses glücklicherweise auf Speichermedium, nämlich auf die CD "les premières machines" gebannte Stück, markiert den Beginn von Mecanium.
Besser als Menschen
Mittlerweile hat der Künstler an die 150 selbst gebauten Klangroboter um sich herum versammelt. Auf die Frage, was ihn damals, Ende der 1960er Jahre, nach der Schaffung seiner ersten Maschine, weiterbauen ließ; auf die Frage nach den Vorzügen eines mechanischen Orchesters gegenüber einem Orchester mit Spielerinnen und Spielern aus Fleisch und Blut also, weiß Bastien viele Antworten zu geben.
Ein Vorteil, der sich besonders schnell abgezeichnet hätte, meint er, sei der gewesen, dass er nun niemanden mehr zum Proben brauchte. Außerdem: Seine Klangroboter seien zwar nicht virtuos, könnten dafür aber endlos lange Loops spielen, in den verschiedensten Tempi.
Reiche Instrumentenvielfalt
Und die Instrumentenvielfalt, die Pierre Bastiens mechanisches Orchester dabei abzudecken vermag, ist wohl mit Sicherheit ungeschlagen. Die Klangroboter des passionierten Sammlers beherrschen nämlich Instrumente aus allen Winkeln der Welt. An die 200, meint Bastien, hätte er davon zu Hause und ihm würde einfach der Gedanke gefallen, dass zumindest in der Musik, alle Kulturen aufeinander treffen können.
Darüber hinaus spielt Mecanium aber auch Aschenbecher und diverse andere modifizierte Haushaltsgeräte und seit neuestem auch Transparentpapier. Er würde diesen Klang mögen, so Bastien, wenn das Transparentpapier gegen die Haut einer Trommel schlägt oder wenn es auf einem Luftzug surft.
Taschentrompete und Daumenklavier
Und wann, fragen wir den Künstler, stoße er bei seinen Maschinen an die Grenze? In welchen Augenblicken hätte er also dann doch lieber ein Gegenüber aus Fleisch und Blut? Daraufhin Pierre Bastien: "Diese Augenblicke gibt es eigentlich nicht. Selbst mich sollte man von der Bühne kriegen." Wer aber würde dann "Mecanium" so charmant auf Taschentrompete und Daumenklavier begleiten?
Hör-Tipp
Zeit-Ton, Donnerstag, 6. September 2007, 23:05 Uhr
Mehr zum Zeit-Ton-Schwerpunkt "nahe genug" in oe1.ORF.at
Das Konzerthallen-Instrument
Buddha Machine
David Tudor
CD-Tipps
Pierre Bastien, "les premieres machines”, Gazul Records GA8687.AR
Pierre Bastien, "Pop”, Rephlex 162
Veranstaltungs-Tipps
"Popular Mechanics", Pierre Bastien beim musikprotokoll im steirischen herbst, 5. Oktober 2007, 21:30 Uhr, Dom im Berg
"Somewhere in the Dark", Installation von Pierre Bastien beim musikprotokoll im steirischen herbst, 5. bis 7. Oktober, 10:00 bis 18:00 Uhr, Dom im Berg
"Play Meccano Play", Pierre Bastien beim Festival Kontraste, 12. Oktober, 20:00 Uhr, Klangraum Minoritenkirche Krems
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