Leben im Einklang mit der Moral
Lebenskunst und Moral
Glück und Moral, die sich nur auf den ersten Blick widersprechen, können einander ergänzen. Glück bedeutet auch, im Einklang mit der Moral zu leben. Wie Tugend glücklich macht, erläutert Otfried Höffe in seinem neuen Buch.
8. April 2017, 21:58
Wolfgang Ritschl im Gespräch mit Otfried Höffe
Otfried Höffe ist Professor für Philosophie und Leiter der Forschungsstelle Politische Philosophie an der Universität Tübingen. Er hat nun ein Buch veröffentlicht, das der Frage nachgeht, ob man glücklich sein und trotzdem im Einklang mit der Moral leben kann.
Sowohl Tugend als auch Moral haben einen etwas unzeitgemäßen Klang heutzutage, etwas Verstaubtes schwingt mit. Über die Sekundärtugenden Pünktlichkeit, Ordnungsliebe und Fleiß mokiert man sich gerne in intellektuellen Kreisen, aber die Haupttugenden wie Hilfsbereitschaft, Gerechtigkeit oder Rechtschaffenheit, Klugheit, Besonnenheit oder Gelassenheit würden anerkannt und weltweit geschätzt, meint Höffe im "Kontext"-Gespräch mit Wolfgang Ritschl. "Und - was das Schöne im Zeitalter der Globalisierung ist", ergänzt er, "sie werden über die Kulturgrenzen hinweg gleichermaßen geschätzt."
Glück ist "ein rundes Gelingen"
Glück ist nicht für alle Menschen das Gleiche und auch der Begriff Glücklichsein hat viele Facetten. Als Glück sieht Höffe "die aktive Auseinandersetzung mit seinen Lebensbedingungen, die Zustimmung zu gewissen Dingen und dann eben ein rundes Gelingen, eben das Glück."
Höffe klammert allerdings in seinem Buch auch das Böse nicht aus. "Wenn gefoltert wird, wenn man Menschenhandel treibt, wenn man die Pädophilie ankuckt, die Korruption, die vielerorts vorherrscht und auch andere Formen dann von Sadismus, kann man gar nicht bestreiten, dass es das Böse eher zuhauf gibt", gesteht er ein. Allerdings: "Das ist aber noch kein Argument dagegen, dass der Mensch, weil er verführbar ist, nicht einigermaßen tugendhaft und nicht einigermaßen glücklich leben kann. Gerade wenn es ihm gelingt, dass man eine gewisse Haltung der Hilfsbereitschaft, der Gerechtigkeit, der Besonnenheit, der Klugheit erworben hat, dann wird das ein fester Bestandteil der Persönlichkeit und der entsprechende Mensch kann nicht anders als rechtschaffen sein. Wir sollen auch nicht zu kritisch über unsere Mitmenschen urteilen. Wenn Katastrophen sind, wenn Not in der Welt herrscht, denken Sie an den Tsunami vor einigen Jahren, dann ist doch eine Fülle an Hilfsbereitschaft zu beobachten."
Den Menschen gehe es um Anerkennung - vonseiten der Familie, von Freunden - und Anerkennung erreicht man nicht ohne ein gerütteltes Maß von Tugend, ist Höffe überzeugt.
Hör-Tipp
Kontext, jeden Freitag, 9:05 Uhr
Buch-Tipp
Otfried Höffe, "Lebenskunst und Moral. Oder: Macht Tugend glücklich?", C. H. Beck Verlag
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C. H. Beck Verlag