Ein Müllberg, der ständig wächst

Was tun mit Handy, Laptop & Co.?

Die Elektronikbranche wächst - und mit ihr der Müll aus Altgeräten: zehn Millionen Tonnen jährlich in Europa. Darin enthalten sind gefährliche Schadstoffe, aber auch begehrte Rohstoffe. Steigende Metallpreise machen das Recycling zunehmend attraktiv.

Einmal ehrlich: Was haben Sie bisher mit ihren ausgedienten Handys gemacht? Liegt da vielleicht noch eines (oder gar zwei) in einer Schublade? Sie wären nicht allein: Ein großer Teil aller Elektro- und Elektronikgeräte "verschwindet" in der Versenkung oder landet einfach im Hausmüll.

Dabei gelten sie zunehmend als "größtes Bergwerk“ der Welt - und in Zeiten steigender Rohstoffpreise wird die Wiederverwertung von Elektrogeräten zunehmend lukrativ.

Das größte Bergwerk der Welt

Die Zahlen sind beeindruckend: 2006 wurden weltweit etwa 230 Millionen neuer Computer und Laptops verkauft. In ihnen stecken 115.000 Tonnen Kupfer, 46 Tonnen Gold, 285 Tonnen Silber, 18 Tonnen Palladium und weitere Wertstoffe - allerdings durcheinander montiert und zwischen vielerlei Kunststoffen.

Über 50 Materialien sind in einem typischen Computer enthalten - was das Recycling zur Herausforderung macht. Bei einem der größten europäischen Recycler, der Metallraffinerie Umicore in Hoboken bei Belgien, werden Altgeräte in riesigen Hochöfen eingeschmolzen und in komplexen Verfahren in ihre chemischen Bestandteile getrennt. Die Umicore-Jahresproduktion einzelner Edelmetalle bewegt sich schon im einstelligen Prozentbereich der weltweiten Gewinnung in Bergwerken.

In 25 Sekunden ein Handy zerlegt

Ökologisch noch besser als die stoffliche Verwertung ist die Wiederverwendung ganzer Bestandteile. Ein Hauptproblem dabei ist die Zeit, die aufgewendet werden muss, um Geräte zu zerlegen - weshalb auch Reparaturen oft unwirtschaftlich sind, obwohl sie möglich wären. Bei hunderten verschiedenen Modellen pro Produktgruppe ist die Zerlegung auch kaum zu automatisieren.

Der Wiener Elektronik- und IT-Fachmann Bernd Kopacek hat es geschafft: In Wien-Auhof steht die weltweit erste Anlage zur Zerlegung von Mobiltelefonen - eine relativ einheitliche Geräteart. Der Code auf der Rückseite der Handys wird eingelesen, dadurch "weiß“ die Maschine, welches Modell sie vor sich hat.

Schraubenzieher, Fräsen und Bohrer bringen sich automatisch richtig in Position, innerhalb von 25 bis 30 Sekunden ist das Handy zerlegt. 400.000 Stück Mobiltelefone (darunter waren auch solche aus den Sammelaktionen von Ö3 oder Licht ins Dunkel) werden hier jedes Jahr zerlegt und die brauchbaren Komponenten an Reparaturzentren in aller Welt verschickt.

Auf offener Straße verbrannt

Elektronikschrott ist die am raschesten zunehmende Abfallsorte in Europa. Um die Müllberge einzudämmen und das Recycling zu fördern, hat die EU 2003 eine eigene Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte erlassen: Seit 13. August 2005 haben Verbraucher in Österreich die Möglichkeit, Elektro-Altgeräte bei einer von rund 1850 Sammelstellen abzugeben. Fast 7,7 kg pro Einwohner wurden letztes Jahr in Österreich gesammelt, fast doppelt so viel wie das von der EU geforderte Minimum von vier Killogramm, aber weit hinter der Schweiz (13 kg) oder Schweden (fast 16 kg).

Experten wie Stefan Salhofer bedauern, dass wirtschaftliche Anreize fehlen, um das Sammeln noch attraktiver zu machen - und um Firmen dazu zu bringen, ihre Produkte von vornherein "ökologischer“ und recycling-geeigneter zu machen. Die größte Herausforderung ist aber der Aufbau sachgemäßer Sammel- und Wiederverwertungssysteme in Billiglohn-Ländern wie China oder Indien - wo Computer oder Elektrokabel nicht selten auf offener Straße verbrannt werden, um das Kupfer wiederzugewinnen, und Erwachsene wie Kinder die giftigen Dämpfe einatmen.