Oder: Darf's ein bisserl mehr sein?
Fein und sauber muss es sein
Ordnung ist das halbe Leben. Ich habe mich für die andere Hälfte entschieden. Aber das eher unfreiwillig und ohne Überzeugung. Weil es in Wirklichkeit nichts Schöneres gibt als weiße Wände, saubere Küchenplatten und aufgeräumte Wohnzimmer.
8. April 2017, 21:58
Wenn die Fee käme, die berühmte mit dem Zauberstab, und ich mir drei Dinge wünschen dürfte. Hmmmm. Den dritten kenne ich schon. "Noch ein Wunsch". Der erste und zweite? Beliebig, würde ich sagen, weil ich ja mit dem dritten auch einen vierten, fünften, sechsten ...
Isländisch können, fände ich fein. Von meinem kargen Taschengeld habe ich mit 15 ein Isländisch-Wörterbuch erstanden und die Ausspracheregeln bewundert. An der Uni das Wahlfach Altnordisch besucht, aber zuwenig gelernt, nur "Die Wikinger sind stark und wild" übersetzen können und folglich ein Nicht Genügend erhalten.
Dann hätte ich auch noch gern einen guten Orientierungssinn. Einen wie ein GPS-Gerät, wo man im Auto sitzt und immer weiß wohin man abbiegen muss. Egal wie viele Einbahnstraßen in die falsche Richtung locken. Andererseits hat mir mein eindeutig nicht vorhandener Orientierungssinn hübsche Ausflüge beschert. Orte, an denen ich niemals nie gelandet wäre, Menschen, die ich keinesfalls kennen gelernt hätte.
Also vielleicht doch was anderes.
Jetzt aber: Ordentlich wär ich gern für mein Leben!
Sie sind ganz einfach zu unterscheiden, die einfachen Dinge im Haushalt. Es gibt die Mosser-Sektion und die Maurnböck-Sektion. Im Kühlschrank liegt ein Stück Blauschimmelkäse in einer dünnen Aluverpackung. Die Aluverpackung ist um den angeschnittenen Käse gefaltet. Nicht gewickelt, nicht gewutzelt - gefaltet: eindeutig Mosser-Fraktion. Angeschnittener Käse hingegen mit bräunlichem Rand, der unbedeckt unfeine Luft produziert: Maurnböck-Fraktion.
Ja, der Mann ist ein ordentlicher, nur ich - daran gemahnt mich das schlechte Gewissen beinahe täglich - bin der Grund für den Niedergang seiner Tugend, der Ordnungsliebe. Denn wo schon ein Haufen, da legt sich ein zweiter gern daneben. Mein schlechtes Gewissen äußert sich in schuldhaftem Augenaufschlag. Den Dackelblick hat aber sowieso er besser drauf, also kann ich mit dem Augenaufschlag einpacken und überlege mir alle paar Monate eine bombensichere Methode. Ich habe mir Leute eingeladen, die wortreich erklären, wie ich im Handumdrehen, nach nur einem Wochenende einen feinen Arbeitsbereich habe. Bei anderen redet sich's aber immer leicht, das gilt also nicht und kann deshalb auch nicht funktionieren.
Auch Meditation vor dem Fernseher hilft nicht. Das Konsumieren von Filmen, in denen ungeheuer liebenswerte Menschen in kreativem Chaos lümmeln und sich putzig von Tollpatsch zu Happy End tummeln, eröffnet nur die eigene jammervolle Existenz, die hinter einem Papier-Kabel-Baumwoll-Sackerl-Nest die lange Nase zeigt.
Ich will einen jungfräulichen Schreibtisch haben, übersichtlich und großzügig mit unbedeckten Flächen. Ohne Artikel, die noch gelesen werden wollen, aber nicht grad jetzt oder morgen oder übermorgen, ohne das kleine Erinnerungsfoto, das ich nie und nimmer einmotten kann, ohne die alten Filofaxeinlagen, die ich kein einziges Mal benutzt habe, weil ich sie so lange nicht gefunden habe, bis sie unaktuell waren und mir neue gekauft habe. Und als ich sie wiedergefunden habe, versuche als Schmierzettel verwenden zu können. Aber soviel kann ich mein Lebtag nicht schmieren.
Die neue bombensichere Methode geh' ich am Wochenende an, ein Hauch von Niederlage schwingt mit, aber - na und?
Ein Rollo muss her. Sauber montiert, wird es seine Hüllen fallen lassen und den sichtbaren Krempel in den offenen Regalen verschwinden lassen. Fein wird das.