Der jüdische Humor
Tränen gelacht
Begonnen hatte alles mit einem Buch über den jüdischen Humor, das Gerhard Bronner in den 1990ern in Florida niederschrieb. Kaum war er damit fertig, erarbeitete er sogleich die Bühnenfassung seiner Dokumentation "Tränen gelacht".
8. April 2017, 21:58
"An allem sind die Juden schuld..."
"Wenn ein Tier tiefen Schmerz fühlt, dann schreit es. Der Mensch hat als einziges Lebewesen noch eine zweite Möglichkeit: Er kann lachen. Und in der langen, nicht sehr erfreulichen Geschichte der Juden, da musste viel gelacht werden."
Das pflegte Gerhard Bronner zu sagen, wenn man ihn über den jüdischen Humor befragte. "Tränen gelacht" nannte der im Jänner 2007 verstorbene Kabarettist, Autor und Komponist Gerhard Bronner eines seiner persönlichsten Programme, in dem er sich mit den Wurzeln des jüdischen Humors auseinandersetzte. Heiter wie behutsam ist er der Frage nachgegangen, welche Aufgabe und Bedeutung der Witz und der Spaßmacher in der jüdischen Kultur haben.
"Es gibt viele Erklärungen für den jüdischen Humor. Die erste und Wesentlichste sagt, es ist eine Art von Defensivsystem. Wenn man Leute, die einen peinigen, schon nicht wegbringt, dann tut es ganz gut, sich ein bisschen über die Situation lustig zu machen. Das gilt auch für die Nöte, in denen man gerade zu leben hat, man kann sie nicht wegradieren, aber für kurze Zeit weglachen", so Bronner.
Am Anfang stand das Buch
Begonnen hatte einst alles mit einem Buch. Ein Buch, das Gerhard Bronner in Florida zu Papier brachte und dem er den Titel "Tränen gelacht" gab. Darin versuchte er aufzuarbeiten, was - aus Sicht des Verfassers - über lange Zeit verabsäumt worden war: nämlich den jüdischen Humor zu dokumentieren und zu kommentieren.
Als Gerhard Bronner sein Buch über den jüdischen Humor beendet hatte, erarbeitete der Kabarettist sogleich eine Bühnenfassung von "Tränen gelacht". In einer dichten Zwei-Stunden-Performance präsentierte er darin Themen und Kapitel der jüdischen Geschichte - einmal aus der Perspektive des Satirikers und Entertainers, dann wieder ganz leise und besonnen, wobei er auch dem Publikum viel Platz für eigene Reflexionen ließ.
Für Gerhard Bronner war dieses Solo eine Gratwanderung zwischen Humor und historischen Tatsachen, zwischen Lachen und Weinen. Doch - wie sagte der Kabarettist, der nach eigenen Angaben mehr als ein halbes Jahrhundert auf der Bühne stand? "Wenn ich eines in meinem Beruf gelernt habe, dann ist es, wie man es nicht macht. Um einen komplizierten Vorgang zu erklären, für den man viele Worte brauchen würde, kann man unter Umständen auch eine typische Geschichte erzählen, die diesen Vorgang illustriert und dann versteht man leichter, worum es eigentlich geht. Das haben viele so gemacht – Freud ist ein klassisches Beispiel dafür – den Versuch, komplizierte Gedankengänge mit Witzen zu erklären. Und es ist sicher kein Zufall, dass Freud dieses berühmte Buch über den Witz und das Unbewusste geschrieben hat. Ich habe für meinen Beruf viel daraus gelernt."
Die Krawatte
In seinem Programm "Tränen gelacht" erinnerte Gerhard Bronner auch an die vielen jüdischen Humoristen und Komiker, die der Welt unglaublich gute Pointen zukommen ließen. Zu seinen liebsten Verfassern humoristischer Meisterwerke zählten Ephraim Kishon, Mel Brooks, Woody Allen, Neil Simon und Carl Reiner, der zuletzt in "Ocean's Thirteen" zu sehen war. Sie alle hatten eines gemeinsam: Sie konnten schnell denken und spontan formulieren.
In seinem berührenden wie sehr unterhaltsamen Abend über den jüdischen Humor erzählte Gerhard Bronner die unglaublichsten Geschichten. Sie handeln von Geschäften und Geboten, von der Mezie und der Sparsamkeit, vom Rabbi und von Gott und natürlich auch von der jiddischen Mamme.
"Eine jüdische Mutter schenkt ihrem Sohn zwei Krawatten, eine rote und eine blaue. Als der Sohn seine Mutter das nächste Mal besucht, trägt er die rote Krawatte. Die Mutter schaut ihn fragend an und sagt: Und, die blaue gefällt dir nicht?"
s
Hör-Tipp
Contra, Sonntag, 21. Oktober 2007, 22:05 Uhr
Buch-Tipp
Gerhard Bronner, "Tränen gelacht. Der jüdische Humor", Amalthea Verlag
Links
Österreichisches Kabarettarchiv - Gerhard Bronner
kabarett.at
kabarett.cc