Genialer Streuner zwischen Stilen und Kontinenten
Burgenlands Musiker des Jahres
Der Dirigent und Komponist Bernd Gradwohl ist der burgenländische Musiker des Jahres. Hochbegabt, sympathisch und von unruhigem Geist spannt er mit seinem Orchester "SchlossCapelle" den Bogen von der Wiener Klassik bis in unsere Zeit.
8. April 2017, 21:58
Bernd Gradwohl spielt Bach
Mit zehn Jahren gewann Bernd Gradwohl (geboren 1969 in Eisenstadt) seinen ersten Kompositionswettbewerb, der ihm eine Einladung nach Sofia und einen Auftritt im bulgarischen Fernsehen einbrachte. Zu diesem Zeitpunkt studierte er schon drei Jahre lang Geige am Joseph-Haydn-Konservatorium Eisenstadt und hatte bereits zweimal einen Ersten Preis bei "Jugend musiziert" gewonnen.
Die Mutter hatte ihr Geigenstudium bei Wolfgang Schneiderhahn absolviert, der Vater war immerhin Erster Kontrabassist im Joseph-Haydn-Orchester Eisenstadt, das der Großvater mütterlicherseits gegründet hatte. Der andere wiederum hatte als Landesmusikdirektor das Musikschulwesen im Burgenland aufgebaut. Bernd konnte also gar nicht anders, als Musiker zu werden (wie übrigens seine zwei jüngeren Geschwister auch).
Studium im In- und Ausland
Dem Besuch des Eisenstädter Konservatoriums folgten Studien an der Expositur Oberschützen der Grazer Musikhochschule sowie an der Wiener Musikuniversität, eine kammermusikalische Ausbildung an der renommierten "Academia Musicale Chigiana" in Siena (Diploma di Meritio) und an der "Scuola superiore internationale di musica da camera del Trio di Trieste". Die Folge waren zahlreiche Engagements in diversen kammermusikalischen Formationen, so mit Mitgliedern der Wiener Philharmoniker und Symphoniker, der Camerata Salzburg oder des Chamber Orchestras of Europe.
Prägend - auch menschlich - war der Privatunterricht bei der Orgel- und Klavierlehrerin Gertrude Bara in Wien, der Unterricht bei Ola Rudner und die Begegnung mit Maestro Carlos Kleiber in München.
Durch die Zusammenarbeit mit der Camerata Koreana kam es im Jahr 2000 zu einem Engagement als Chefdirigent in Seoul (Seoul Academy Ensemble), das fünf Jahre lang aufrecht blieb. Mit Orchester und als Solist gab es Auftritte in Korea, Mexico, der Türkei und in mehreren europäischen Ländern.
Die (vorläufige) Heimkehr
2003 gründete Bernd Gradwohl mit der New Classic Comunity (NCC) sein eigenes Orchester, bestehend aus international erfolgreichen Solisten und Kammermusikern. Daraus ist mittlerweile die SchlossCapelle geworden, deren künstlerische Heimat das Schloss Esterházy in Eisenstadt ist. Zahlreiche Fernsehauftritte und CD-Einspielungen dokumentieren die Konzerttätigkeit der letzten Jahre. Dabei ragt die Einspielung sämtlicher Solo Suiten und Partiten Bachs heraus, die Bernd Gradwohl auswendig und in einem Zug in einem öffentlichen Konzert herunterspielte, was ihn wiederum zu einem der wenigen Geiger hochspielt, die sich dieses Kunststück zumuten.
Fallweise bleibt in diesem vazierenden Musikerleben noch Zeit für eigene Kompositionen. Etwa ein Liederzyklus für die Freundin aus dem kriegsgeschüttelten Beirut. Dem steht krass diametral der "Pannonische Wahnsinn" gegenüber, ein Work in Progress zwischen Haydn, Zigeunermusik und Jimmy Hendrix. Bernd Gradwohl - hochbegabt, sympathisch, von unruhigem Geist, manchmal chaotisch - Streuner passt schon. Er ist nicht festzumachen.
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Hör-Tipp
40 Jahre Ö1: Neun Mal Klang, Montag, 22. Oktober 2007, 15:45 Uhr
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Bernd Gradwohl