Ausstellung "Exitus" im Künstlerhaus
Anschauliches Sterben
Allerheiligen und Allerseelen machen es alljährlich wieder bewusst: die Vergänglichkeit des Lebens. Eine Ausstellung im Wiener Künstlerhaus anlässlich 100 Jahre Bestattung Wien nähert sich dem Tod nun von der künstlerischen Seite her.
8. April 2017, 21:58
Ableben, Hinscheiden, Abtreten, ein Bankerl reißen: Zahlreiche Begriffe belegen der Menschen Unwillen, den Tod beim Namen zu nennen. Zuweilen überraschend farbenprächtig und vital kommt das Thema Sterben in der Ausstellung "Exitus. Tod alltäglich" im Wiener Künstlerhaus daher. Mit dem Tod im realen Leben hat diese Lebendigkeit jedoch wenig zu tun, meint Künstlerhaus-Direktor Peter Bogner:
"Das Thema Tod steht uns so nahe, das ist ein Alltagsphänomen. Es wird aber immer mehr verdrängt. Besonders in der westlichen Kultur wird immer mehr abgeschoben an kühle Orte, Pathologien, in Krankenhäuser - anonym, sauber, glatt."
Mexikanische Totenfeiern
Wer über die westliche Kultur hinausblickt stellt fest, dass diese Anonymität nicht überall Einzug gehalten hat. Geradezu fröhlich wirkt das mexikanische Totenfest "Altar de Muertos" zu Allerheiligen. Ein Hausaltar wird da zum Gedenken an die Verstorbenen errichtet, ein prächtiges Sammelsurium an großen, bunten Pappmachéfiguren mit Totenköpfen und farbenfrohen Scherenschnittskeletten. Ganz profan geht es da zu mit Fotos der Verstorbenen und deren Lieblingsspeisen und -getränken - inklusive Corona-Bier und Tequila.
"Der Background des Ganzen ist so zu sehen, dass einmal im Jahr die Totenseele von den Friedhöfen mit nach Hause genommen wird", erklärt Wittigo Keller vom Wiener Bestattungsmuseum. "Dort wird drei Tage lang gegessen, getanzt und getrunken. Im Endeffekt ist es eine Auferstehung der Toten, deswegen ist die Form der Trauer, die Form des Zuganges von mexikanischer Seite wesentlich lebendiger als bei uns."
Weit gespannter Bogen
Für die Ausstellung trugen Kurator Wittigo Keller und Peter Bogner Exponate zusammen, die sich mit dem Sterben, dem Tod, mit Trauer und der Erinnerung beschäftigen.
Siegfried Anzinger, Otto Dix, Gudrun Kampl, Alfred Kubin, Arnulf Rainer, Andy Warhol, um nur einige zu nennen - der Bogen durch die Kunstgeschichte ist weit gespannt. Ebenso breit gefächert sind Motive und künstlerischer Zugang. Vom Vanitas-Stillleben bis zur Bodyart, vom Experimentalfilm bis zur Videoinstallation, von der historischen Post-mortem-Fotografie bis zur Darstellung des toten Körpers: Nach Spuren des Todes in der Kunst muss nicht lange gesucht werden.
Josephinischer Klappsarg
Dass der Tod alle gleich macht, wie der Volksmund behauptet, stimmt beim Geleit zur letzten Ruhe keineswegs. In der Ausstellung fristet neben dem Prunksarkophag der josephinische Gemeindesarg sein Dasein. Während ersterer durch Verzierung aus gold- oder silberfoliertem Pappkarton zumindest scheinbar teuer aussah, gab Zweiterer gar nicht erst vor, etwas Besonderes zu sein.
Kaiser Josef II. hatte einst verfügt, die Gräber auf den städtischen Friedhöfen aus Platzmangel vorzeitig neu zu belegen. Eine Intensivierung des Verwesungsprozesses war also vonnöten und man um Ideen nicht verlegen. Eine dieser Ideen war der so genannte josephinische Gemeindesarg, der nach unten aufklappbar war und mehrmals verwendet werden konnte.
Begraben mit allem Pomp
Wer kann, lässt sich nicht anonymisieren, auch nicht nach dem Ableben. Falcos Popbegräbnis, das die Musikszene zur Rockoper hochstilisierte, die Beisetzung der früheren Habsburger-Kaiserin Zita, die Wien für einige Tage in nostalgischen Pomp hüllte, der Hang zur Inszenierung ist es, der die Menschen treibt, meint Kurator Keller.
Die "schöne Leich" mit den uniformierten Leichenbegleitern, den Pompfüneberern trieb ihre Blüten zwar Mitte des 19. Jahrhunderts, der Hang zum großen Auftritt auch beim Abtritt ist aber bis heute keineswegs aus der Mode gekommen.
"Eine der ungewöhnlichsten Todesanzeigen in einer Züricher Tageszeitung war", erzählt Wittigo Keller: "Oben rechts Name und Adresse wie auf einem Briefpapier gedruckt, dann kam die erste Zeile: Ich bin umgezogen. Darunter kam der Name, die nächste Zeile: Meine neue Adresse: Friedhof Rehalp, Urnengrab 4267."
Mehr dazu in ORF.at
Hör-Tipp
Leporello, Montag bis Freitag, 7:52 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Ausstellung "exitus. tod alltäglich", bis 6. Jänner 2008, Künstlerhaus,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (30 Prozent).
Link
Künstlerhaus - exitus.tod alltäglich