Herz und Mund und Tat und Leben
Bachs Welthit
Dem Bach-Juwel "Jesus bleibet meine Freude" hat man viele Etiketten verpasst. Der Choral zählt zu den meistgespielten, meistgeliebten, meistbearbeiteten Stücken Bachs. Titel der Kantate, aus dem es stammt, ist "Herz und Mund und Tat und Leben".
8. April 2017, 21:58
Drei Mal "Jesus bleibet meine Freude"
"Herz und Mund und Tat und Leben" lautet der Titel einer Kantate von Johann Sebastian Bach. Der letzte Abschnitt, ein Choral, zählt zu den meistgespielten, meistgeliebten, meistbearbeiteten Stücken Bachs: der Choral, Nr. 10, "Jesus bleibet meine Freude".
Hören Sie in unserem Audio den Monteverdi Choir, The English Baroque Soloists unter John Eliot Gardiner, gefolgt von einer ziemlich behäbigen, rein instrumentalen Orchesterversion mit dem Orpheus Chamber Orchestra und die von der Autorin dieses Textes im Schatzkästlein der wichtigsten Aufnahmen gehütete Klavierbearbeitung von Dame Myra Hess, gespielt vom rumänischen Pianisten Dinu Lipatti - im Juli 1950, vier Monate vor seinem Tod, im Alter von nur 33 Jahren.
Music for a perfect day
Was hat man diesem Bach-Juwel "Jesus bleibet meine Freude" nicht alles für Etiketten verpasst! "Jesu, Joy of man’s desiring", findet sich als Empfehlung zur idealen Musikbegleitung für einen perfekten Tag, sehr gerne wird der Choral während Hochzeitsfeierlichkeiten eingesetzt, speziell beim Unterschreiben des Hochzeitsregisters.
Die Flügel, die uns diese Musik verleiht, das unbeschreibliche und wirklich erhebende dieser Zauber-Drei-Minuten hat sie aber auch in den Weihnachtsraum hineingestellt und so findet sich der Hitchoral von der Panflötenversion bis zum Saxophonquintett unter Garantie auf jedem Weihnachtssampler. Im Kirchenjahr gehört die Kantate "Herz und Mund und Tat und Leben", sie trägt die Nummer BWV 147, allerdings zum Fest Mariae Heimsuchung und das wird am 2. Juli begangen.
Namensähnlich, aber nicht so prominent
Unter Chorfreunden gilt sie als das Herzstück der Bach-Motetten, das fünfstimmige, aus elf Einzelsätzen bestehende Werk "Jesu meine Freude", BWV 227. Wie bei den meisten der anderen Motetten auch, ist der Anlass für "Jesu meine Freude" nicht mit überliefert worden, die chronologische Einordnung daher schwierig.
Als Entstehungszeitraum kommen die Leipziger Jahre zwischen 1723 und 1735 in Frage. Musikalisch im Ton einer Trauermusik gehalten, vermittelt der Text die Abkehr von den weltlichen Dingen und die Hinwendung zum Geist Jesu, der über alle Traurigkeit triumphiert.
Zu Bachs Zeiten
Bach teilte seine Sänger, die ihm zur Leipziger Zeit zur Verfügung standen, in drei Gruppen ein: in solche, die zur "Figural Music, d.h. für Kantaten gebraucht werden können", in "Moteten Singer, so sich noch erstlich perfectionieren müssen" und in die "so keine music verstehen, sondern nur nothdürfftig einen Choral singen können".
Johann Sebastian hatte wohl ziemlich hohe Ansprüche an seine "Singer", denn die Motetten (und nicht nur die hier im Blickpunkt stehende) verlangen einiges an Stimmtechnik, Durchhaltevermögen und Stilgefühl.
Wir wissen, dass Bach mit größter Wahrscheinlichkeit für die Aufführung seiner Motetten nur ein kleiner Chor zur Verfügung stand, weshalb heute viele Ensembles eine solistische Interpretation favorisieren. Wer selbst Chorsänger oder -sängerin ist, plädiert schon aus reinem Eigennutz für die chorische Variante, will er/sie sich doch nicht diese großartige Chorliteratur entgehen lassen.
Mehr zu Bachs Lebenswelt in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Ausgewählt, Mittwoch, 7. November 2007, 10:05 Uhr
CD-Tipp
J. S. Bach, "Motetten", Kammerchor Stuttgart, Barockorchester Stuttgart, Frieder Bernius; Sony SK45859
Great Pianists of the 20th century, Dinu Lipatti, Philips 456 8922-2
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