Abschied nach 50 Jahren Oper und Konzert
Grace Bumbry im Gespräch mit den Opernfreunden
Den internationalen Durchbruch feierte sie 1961 als "schwarze Venus" in Bayreuth: Grace Bumbry. Die Künstlerin, die in Wien nur 46 Aufführungen sang, begann als Mezzo und wechselte später ins Sopran-Fach. Vor kurzem gab sie in Wien ein Abschiedskonzert.
8. April 2017, 21:58
Sie zählt heute wohl zu den letzten Diven der internationalen Opernbühnen: Grace Bumbry. Anlässlich ihres endgültigen Rückzugs sprachen die Wiener Opernfreunde am 30. September 2007 mit der Künstlerin im Marmorsaal der Wiener Staatsoper.
Ursprünglich hatte die 1937 in Missouri geborene Sängerin als Mezzosopranistin begonnen. Entdeckt wurde sie von Lotte Lehmann, deren Schülerin sie schließlich wurde, und bei der sie bis 1959 Interpretation studierte.
In Wien verliebt
"Lotte Lehmann hat mir so viel von Wien erzählt, dass ich mich in diese Stadt verliebt habe. Es war auch eine der ersten Städte in Europa, in der ich dann später aufgetreten bin. Als ich als Studentin in Wien war, besuchte ich natürlich die Staatsoper, sah 'Don Carlo' mit der Simionato und war tief beeindruckt. Auf dieser Bühne möchte ich auch einmal stehen und die Eboli singen, dachte ich. Aber ich hatte damals nicht zu träumen gewagt, dass dies nur wenige Jahre später der Fall sein sollte", erinnert sich Bumbry.
Opern-Debüt mit Amneris in Paris
Ihr europäisches Opern-Debüt gab Grace Bumbry 1960 in Paris als Amneris in Verdis "Aida".
"Das war meine zweite Oper, die ich gesehen habe. In St. Louis, wo ich herkomme, gab es keine Oper. So habe ich meine erste Oper - und zwar 'Samson und Dalila' - erst im Alter von 20 Jahren gesehen", so die gefeierte Sängerin.
In Wien zwischen 1964 und 1990
In Wien sang Grace Bumbry zwischen 1964 und 1990 neun verschiedene Rollen in insgesamt leider nur 46 Aufführungen.
"Ich hätte gerne mehr in Wien gesungen, doch wenn man so jung ist, wie ich damals war, muss man versuchen, international bekannt zu werden und an der Met, an der Scala und in London auftreten. Ich habe meine Karriere so geplant, dass ich immer sechs Monate in Europa war und den Rest des Jahres in Amerika sang."
"Carmen" und Zwist mit Karajan
Bei den Salzburger Festspielen sang Grace Bumbry mit der Carmen unter Karajan ihre zweite wichtige Mezzo-Rolle:
"Meine Beziehung zu Karajan war nicht ganz reibungslos. Wir haben über Tempi gestritten. Er wollte 'Carmen' etwas langsamer dirigieren und ich wollte es schneller haben. Aber er hat letztlich doch gewonnen. Wenn ich mir heute das 'Carmen'-Video ansehe, muss ich feststellen, dass er doch recht hatte. Der Bruch mit Karajan erfolgte, als er wollte, dass ich die Donna Anna im 'Giovanni' singe. Ich habe diese Partie aber nicht angenommen, denn man kann Verdi-Koloraturen nicht mit Mozart-Koloraturen vergleichen", erklärt Bumbry rückblickend.
Die "schwarze Venus" in Bayreuth
1961 wurde Grace Bumbry von Wolfgang Sawallisch eingeladen, bei den Bayreuther Festspielen vorzusingen.
"Da ich zu diesem Zeitpunkt aber kein deutsches Repertoire hatte, sang ich in Bayreuth die Eboli vor, meine Paraderolle. Und Sawallisch hat mich genommen, und ich durfte als erste Farbige in Bayreuth die Venus singen!"
Wechsel ins Sopran-Fach
1970 entschloss sich Bumbry schließlich zu einem Wechsel ins Sopran-Fach:
"Ich benötigte zu dieser Zeit als Mezzo nach jeder 'Carmen' eine lange Erholungsphase. Also ließ ich mich untersuchen, und es wurde festgestellt, dass meine Stimmbänder geschwollen waren. Frau Dr. Schwarz, eine Kapazität an der Uniklinik in Zürich, stellte fest, dass ich eigentlich ein Sopran wäre und die ganze bisherige Zeit nicht mit meiner natürlichen Stimme gesungen hatte. Da ich aber einen großen Tonumfang besaß, konnte ich auch als Mezzo reüssieren. Ich habe dann zwölf Jahre lang keine 'Carmen' mehr gesungen und mich in erster Linie auf Sopranrollen konzentriert."
Abschied von Opern- und Konzertbühne
1997 nahm Grace Bumbry in Lyon mit der neu einstudierten Partie der Klytämnestra in Strauss' "Elektra" Abschied von der Opernbühne. Seither widmete sie sich nur noch dem Konzertpodium. Im Oktober 2007 gab sie im Rahmen ihrer Abschiedstournee auch ein Konzert in Wien.
Grace Bumbry, die nun seit fünf Jahren in Salzburg lebt, wird sich in Zukunft verstärkt der Sängerausbildung zuwenden. Eine Tätigkeit, die ihr ein großes Anliegen ist.
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Apropos Oper, Sonntag, 11. November 2007, 15:06 Uhr
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