Mit den Ohren des Yukio King
Wie Geräusche die Atmosphäre verbessern
Ihre Mission ist die Dokumentation unserer akustischen Landschaft. Die Anhänger der Soundscape-Bewegung nehmen alles auf, was wir an Geräuschen produzieren. Einer von ihnen ist Yukio King. Er hat eine akustische Sammlung im Internet angelegt.
8. April 2017, 21:58
Sie pirschen mit Mikrofonen durch die Städte und vermessen die akustische Umwelt: Die Anhänger der Soundscape-Bewegung gehen ihrer Arbeit nach, ohne dass wir es merken. Sie nehmen alles auf, was wir an Geräuschen produzieren. Der Klang unserer Schritte, das Rascheln von Einkaufstüten, das Quietschen von Kinderwägen - sie interessieren sich für alles, jeder Klang ist gleichermaßen wichtig. Ihre Mission: die Dokumentation unserer akustischen Landschaft.
Yukio King ist einer von ihnen. Er studiert das Fach "Sound Studies" an der Berliner Universität der Künste, das erst im April 2006 gegründet wurde und sich der akustischen Seite unserer Umwelt widmet. Er läuft unauffällig durch die Stadt und nimmt alles auf.
Akustische Sammlung im Internet
King ist aber kein Audio-Voyeur, für persönliche Gespräche interessiert er sich nicht. Erst das Zusammenspiel aller Geräusche weckt sein Interesse. In den letzten Jahren hat er eine akustische Sammlung im Internet angelegt, den Berlincast. Hier kann man sich die Geräusche der Hauptstadt anhören, zum Beispiel vom Holocaust-Denkmal, von U-Bahnhöfen oder Restaurants.
"Die Idee hinter berlincast.com ist ein Reflexionsraum für die Zuhörenden. Weil im Alltag reflektieren sehr wenig auf die Klänge um uns herum", so King.
Mit Geräuschen die Atmosphäre verbessern
Yukio King hat selbst Stadtplanung studiert und arbeitet zurzeit an seinem Projekt "Urban Soundmarks". Für den Neuköllner Kiez beispielsweise arbeitet er an einem stadtplanerischen Konzept, das die Klanggestaltung mit einbezieht.
"Am effektivsten wäre es, neue Freiluftcafés zu eröffnen, damit die Menschengeräusche die Atmosphäre verbessern", sagt King. Ein schöner Gedanke.
Platz für Assoziationen
Yukio King sammelt Atmosphären, die Platz für Assoziationen lassen. Der Kalifornier mit japanischen Vorfahren begann seine Klang-Karriere eigentlich mit der Geige, entschied sich dann aber für eine andere Berufsrichtung. Sein Vater hatte Architektur studiert und machte seinen Sohn schon früh auf Urbane Räume aufmerksam.
So studierte Yukio schließlich Stadtplanung in den USA, ein Semester lang auch in Deutschland. 2003 dann zog es ihn nach Berlin. Seitdem ergründet er die Klänge der Metropole. "Einer meiner Lieblings-Orte sind Märkte", verrät er. "Wochenmärkte wie der Türkische Markt am Maybachufer. Das finde ich ganz besonders, weil die Akustik innerhalb des Marktes sehr eng ist, sehr intim. Da findet so viel Kommunikation statt."
Verschwindende Geräusche dokumentiert
Yukio King dokumentiert auch Geräusche, die langsam verschwinden werden. So zum Beispiel die Klanglandschaft am Bahnhof Ostkreuz, der zurzeit komplett umgebaut wird, und dadurch auch seinen charakteristischen Klang verändern wird.
"Letztendlich ist der Bahnhof Ostkreuz ein wahnsinniges Klangereignis, weil es auf so vielen Ebenen den Wandel von Berlin darstellt", so King. "Zugereignisse und Stimmereignisse, Beton und Metall - diese Kollision ist wahnsinnig zu spüren."
Werben mit dem Sound von Berlin?
Seit 2006 studiert Yukio King wieder, diesmal die Fachrichtung "Sound Studies" an der Berliner Universität der Künste, ein junges Fach, das sich mit akustischen Phänomenen beschäftigt. Eines seiner Forschungsprojekte dort ist "Urban Soundmarks".
Seine Gewagte These lautet: Die Klänge der Stadt könnten für Berlin werben: "Dass man Berlin mit dem Stadtklang assoziiert und dass durch diese Assoziierung heraus Berlin eine neue Wahrnehmungsebene schafft. Es könnte Leute geben, die was von dem Klang von Berlin hören und sagen: Ich möchte unbedingt nach Berlin, weil es so interessant klingt."
Hör-Tipp
Leporello, Donnerstag, 8. November 2007, 7:52 Uhr
Veranstaltungs-Tipp
Yukio King, "Eine Rixdorfer Symphonie" - Ein Kiez-Klangportrait, Freitag, 9. und Samstag 10. November 2007, 20:00 Uhr, Heimathafen Neukölln
Links
berlincast.com
Heimathafen Neukölln - Eine Rixdorfer Symphonie