Net sudern, sondern voll gasen!
Petra Fink
Nicht für Startseite
8. April 2017, 21:58
"Du kannst dann eh zum Mittagessen bleiben, wenn'st kommst. Und bring deine Kinder mit, denen zeig ich die Kitze." Bereits am Telefon vermittelt Petra Fink viel Lebensfreude und Herzlichkeit, wenn sie eine ihr unbekannte Redakteurin gleich duzt und sie samt Anhang in ihr Haus einlädt.
Die Autofahrt ins niederösterreichische Pielachtal bis in die 600-Seelen-Gemeinde Loich ist kurvenreich und malerisch. Die schmale Straße schlängelt sich durch einen Wald und an üppigen Wiesen vorbei, dann einen Bach entlang, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, fast wie in einem Märchen sieht es hier aus.
"Kommt’s gleich rein! Ich zeig euch das Anwesen", sagt Petra Fink zum Empfang. Die mitgebrachten Kinder verschwinden sogleich mit ihrem Sohn in den Tiefen des Kuhstalls. Die Herrin des Hauses zeigt stolz ihre Kühe, Ziegen, Felder und den hofeigenen Wald. Bäuerin zu sein ist ihr Traumberuf, erklärt sie, doch dafür bedarf es nicht vieler Worte. Ihre Begeisterung spürt jeder, der ihr beim Tun zusieht. Petra Fink ist eine stets Emsige, die ganz in ihrer Arbeit aufgeht, sich voll einsetzt und ständig neue Ideen spinnt, um ihren Hof weiterzuentwickeln, eine wahre ländliche Unternehmerin.
Vor allem liebt sie die Freiheit, ihre eigene Chefin zu sein und sich den Arbeitstag frei einteilen zu können. Zwanzig Hektar Wald und zwanzig Hektar Wiesen gehören zum Betrieb sowie 35 Rinder, "für die ist mein Mann zuständig." Sie kümmert sich ums Dörrobst. Damit ist sie in den letzten Jahren richtig durchgestartet.
Dörren mit Pfiff und Geschmack
Im Allerheiligsten, in der alten Dörrobstkammer, steht der alte irdene Dörrofen, mit dem schon die Großeltern und Urgroßeltern ihres Mannes Zwetschken und Birnen getrocknet haben - Dörrobst gehört im Pielachtal seit Generationen zur Tradition. Das Obst wird im Ganzen auf geschichtete Gitter gelegt und in der Hitze der Ofenkammer mehrere Tage lang getrocknet. So entstehen die Kletzen (getrocknete Birnen) oder die Zwetschken mit Stein, "die sind für den Wanderer, denn der braucht beim Gehen Arbeit im Mund." Nebenan sind zwei moderne, mit EU-LEADER-Hilfe gekaufte Dörröfen aus Stahl.
Die neueste Kreation unter Petra Finks Ägide ist Pielachtaler Cremehonig mit Dirndlmus. Dirndl nennt man die fürs Tal typische Kornelkirsche, eine intensiv säuerlich schmeckende Frucht mit hohem Vitamin-C-Gehalt. Ein befreundeter Bauer hat das Dirndlmus hergestellt und es Petra Fink zum Trocknen und Faschieren gebracht. Sie hat daraus duftenden rötlichen Dirndlhonig gemacht.
Derlei Experimente sind ganz nach Finks Geschmack, sie ist ständig am Herumprobieren. Gesund und gut sollen ihre Produkte sein, sie möchte sich von den anderen durch Geschmack und Qualität abheben. Deswegen achtet sie darauf, dass beim Dörren die Temperatur von 45 Grad nicht überschritten wird: "Nur dann bleiben die Vitamine und Mineralstoffe erhalten." Petra Fink hat sich ihr Wissen über die Kunst des Dörrens ganz alleine beigebracht, denn die Landwirtschaft wurde ihr nicht in die Wiege gelegt. Ihre Mutter war Hausfrau, ihr Vater Eisenbahner, aufgewachsen ist sie hier in Loich mit fünf Schwestern.
Als sie als Teenie ihren späteren Mann Christian Fink kennen lernte, nahm ihre berufliche Zukunft eine unerwartete Wende. Christian wollte den väterlichen Hof übernehmen, "und ich hatte keinen Dunst von den Viechern", erinnert Petra sich.
Immer Neues ersinnen
Petras Erfolgsgeheimnis ist die Liebe zum Produkt, das stete Herumprobieren, um die Qualität kontinuierlich zu verbessern. Beispielsweise hat sie eine ganze Weile experimentiert, bis sie herausgefunden hat, wie das Obst vor dem Dörren am appetitlichsten zu schneiden ist und wie lange es gedörrt werden soll - 24 Stunden nämlich, wie sie im Laufe der Zeit festgestellt hat. "Durch die richtige Schnitttechnik sieht nun das Obst appetitlich aus. Nur wenn ich weiß, dass alles passt, kann ich das auch dem Kunden rüberbringen."
Mittlerweile ist das Pielachtaler Dörrobst zu einer richtigen lokalen Spezialität geworden. "Zum Naschen das Allerbeste! Unlängst habe ich Sackerln sogar nach Holland verschickt."
Der Bauernhof als Ideenschmiede
Petra Fink hat nun ihren Mann als Obfrau der regionalen Dörrobstgemeinschaft abgelöst. Die Region hat durch die Aktivitäten der Dörrobstvereinigung neuen Schwung erhalten. "Was ich da aufgebaut habe, hat dem Tal viel gebracht", gibt sich Petra Fink zufrieden. Sie ist immer ganz vorne dabei, wenn es gilt, die Region mit klugen Ideen und Konzepten weiterzuentwickeln.
Einen weiten Weg hat die Eisenbahnertochter Petra Fink zurückgelegt. Dank des Dörrobsts braucht sie sich über das Auskommen ihres Hofes nun keine Sorgen mehr zu machen. Ihr Sohn probiert es derzeit mit der Ziegenzucht. "Die Landwirtschaft hat ein riesiges Potenzial, man muss nur gute Ideen haben", gibt sich die leidenschaftliche Bäuerin zuversichtlich.
Links
Dörrobstgemeinschaft Pielachtal
LEADER
Download-Tipp
Radiokolleg, Pioniere der Regionalentwicklung, Montag, 5. November 2007 bis Donnerstag, 8. November 2007, jeweils 9:30 Uhr
Mehr dazu in oe1.ORF.at