Ausstellung im Wiener Dommuseum
Bulgarische Ikonen in Wien
Im Wiener Dommuseum ist eine Ausstellung von bulgarischen Ikonen zu sehen. 73 erstmals im Ausland ausgestellte Objekte sind dabei zu bewundern, Werke aus einem Zeitraum von 1000 Jahren. Die Sammlung wird durch kostbare Kirchengeräte ergänzt.
8. April 2017, 21:58
Eine Ikone ist ein für das orthodoxe Christentum typischer Kultgegenstand, streng gesehen ist es ein Tafelbild auf Holz, aber es gibt auch Arbeiten aus Marmor, Mosaike, Metallgravuren oder Arbeiten auf Papier, die auf eine Holztafel geklebt werden et cetera. Die Ikonenmalerei geht bis ins vierte Jahrhundert zurück, sie verbreitete sich von Byzanz über die Balkanländer bis nach Russland. Durch die geographische Lage und die Geschichte des Landes weisen bulgarische Ikonen einige Besonderheiten auf. Minna Antova ist Künstlerin, sie hat die Wiener Ausstellung aufgebaut
"Ich bin keine Kunsthistorikerin, aber ich würde schon sagen, dass es eine spezifische Entwicklung gibt, allein schon durch die andersartige Entwicklung im Lande selber", erläutert Antova. "Da das Land relativ oft und lang unter fremder Herrschaft war - fast 200 Jahre unter byzantinischer Herrschaft und 500 Jahre unter osmanisch-türkischer Herrschaft, wurde eine geschlossene Labor-Situation geschaffen. Dadurch haben sich regionale Besonderheiten entwickelt."
Erstaunliche Rituale
Sie zeigen Szenen aus dem alten und neuem Testament, Heiligen- und Madonnendarstellungen, je nachdem auf goldenem oder blauem Hintergrund oder vor Landschaften oder Architekturelementen. "Im Unterschied zu der westlichen sakralen Kunst sind Ikonen nicht nur Abbilder oder Illustrationen, sonder auch ein Stück göttliche Natur", so Antova.
Und das führte auch logischerweise zu für Nichtgläubige erstaunlichen Ritualen: "Sehr viele Ikonen sind beschädigt worden. Die Bretter hat man dann neu bearbeitet", erläutert Antova. "Aber dann musste man sehr mit Vorsicht und Gottesfurcht arbeiten und diesen Staub der ausgeschabten Ikone dann auch extra begraben - ähnlich wie Tora-Rollen, die versehrt sind."
Formalisierter Herstellungsprozess
Dieser heilige Charakter der Objekte bestimmte auch die Herstellung von Ikonen, die als liturgische Handlung galt und einer strengen Formalisierung unterlag. Dafür gab es spezifische Bücher, die Erminien, die der Öffentlichkeit nicht zugänglich waren. "In der westlichen Wissenschaft hat man lange Zeit gemeint, das seien ganz geheime sakrale Werke, die auf keinen Fall weitergegeben werden. Das stimmt nicht", betont Antova.
"Die bulgarischen Erminien sind auf ältere Vorbilder begründet und vom Vater auf Sohn weitergegeben worden. Die bulgarischen Ikonenmaler haben - ähnlich wie die orthodoxen Priester - heiraten dürfen, haben aber trotzdem dieses Postulat, dass Gott die Hand des Ikonenmalers führt, in Form Meditation weitergegeben. Es ist in den Büchern beschrieben, wie man sich verhalten soll, wenn man eine Ikone beginnt. Und welchem moralischen Bild man entsprechen sollte."
Keusch malen
Und um Gott seine Hand führen zu lassen, dafür mussten einige Vorbereitungen getroffen werden, Minna Antova: "Ein Ikonenmaler musste vor Beginn des Malprozesses keusch bleiben und musste ein sauberes Hemd anziehen - erst dann hat er das Werk beginnen dürfen."
Bis zum 17. und 18. Jahrhundert waren übrigens die meisten dieser Maler anonym - denn, wie gesagt, es war ja Gott, der ihre Hand führte, erst mit der Aufklärung werden die Künstler personifiziert und signieren ihre Werke.
Kodifizierte Bildsprache
Und wenn auf erstem Blick gewisse Themen gleich bleiben - etwa die Madonnenporträts -, so gibt es durchaus individuelle Abweichungen, sprich Interpretationen, ikonographische Unterschiede - es ist durchaus nicht dasselbe, ob die Gottesmutter ihren Kopf dem Kind zuneigt, es anblickt, oder nicht. Auch die Haltung der Hände kann gedeutet werden. Und die Farbe hat ihre Symbolik: So steht rot für das Irdische, das Feuer, das Blut der Märtyrer und blau für das Himmlische, das Geistige.
Es ist eine kodifizierte Bildsprache, die von den Betrachtern verstanden wurde, so wie heute etwa Comicstrips. Nikola Hadjiev, der Direktor des Nationalkirchlichen historisch-archäologischen Museums in Sofia, hat bedeutende Schätze für die Schau zusammengetragen und zu den Ikonen sakrale Gegenstände wie reich verzierte Evangelien oder Weihrauchgefäße ausgestellt.
Liturgisches Gewand aus Glasperlen
Interessant auch ein liturgisches Gewand aus Glasperlen, das ein Geistlicher im Gefängnis geknüpft hat, nachdem er wegen eines Aufstandes gegen die Türken verhaftet worden war. Minna Antova wiederum hat zwischen die Ikonen eigene Werke einer Installation eingeführt, die auf Erminien basieren.
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