Partizipative Medien, Web 2.0 und politische Beteiligung

Neue Medien und Demokratie

Interesse und Beteiligung der Bürger an politischen Prozessen und gesellschaftlicher Gestaltung sind allgemein rückläufig. Initiativen, die diesen Trend umkehren wollen, werden gleichzeitig immer zahlreicher. Nur, wie soll das gehen?

In Deutschland wird gerade eine Internetplattform namens Trupoli aufgebaut, was für "Wahre Politik" steht. Hier sollen Aussagen und Versprechen von Politikerinnen und Politikern gespeichert werden. Die Userinnen und User bewerten die Aussagen hinsichtlich Glaubwürdigkeit, Zustimmung und Wichtigkeit. Das soll einerseits informieren, andererseits auch gleich zur Auseinandersetzung anregen, da natürlich über die Aussagen auch online diskutiert werden kann. Angeblich ist auch das Interesse der Politik daran sehr groß.

Über mediale Beteiligung zu gesellschaftlichen Mitwirkung

Wie das Web zu mehr politischer Beteiligung führen kann, wurde vom 15.-17. November bei der internationalen Konferenz Civilmedia UnConference: Participation 2.0 in Salzburg diskutiert. Über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 15 Ländern versuchten, sich und die Bereiche partizipative Medien, Web 2.0 und politische Beteiligung besser zu vernetzen. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Radiofabrik, dem Freien Rundfunk Salzburg mit Finanzierung aus dem EU-Programm "Europe for Citizens".

So vielfältig die Arbeitsbereiche der Konferenzteilnehmer sind - sie kommen u.a. von Universitäten, aus der Jugendarbeit, der Bloggingszene, von Freien Radios, Community-TV und Onlinegames, so vielfältig sind auch die Zugänge zur Grundfrage, wie Menschen über mediale Beteiligung zu gesellschaftlicher Mitwirkung motiviert werden können.

Die Salzburger Künstlergruppe goldextra etwa entwickelt derzeit ein Onlinegame mit dem Titel "Frontiers". Das ambitionierte Ziel: mittels eines so genannten Egoshooters den Spielern die Situation von Flüchtlingen an den Außengrenzen der Europäischen Union zu vermitteln. Als Spieler wählt man zwischen der Rolle des Flüchtlings oder des Grenzsoldaten und erlebt "hautnah" die Auswirkungen der "Festung Europa".

Es beteiligen sich immer nur die Selben

Erreicht werden mit all diesen Internetaktivitäten aber immer ungefähr dieselben Personengruppen. Die Merkmale des Standardusers sind: männlich, jung, gut ausgebildet und relativ gutsituiert.

Die Zahl der Menschen, die sich medial beteiligen auszuweiten und zu diversifizieren, ist das Hauptanliegen von partizipativen Medien oder Community Media, die es in Österreich in Form von mittlerweile 12 Freien Lokalradios und dem offenen Fernsehkanal Okto in Wien gibt.

Ein offener Zugang

Diese nichtkommerziellen und werbefreien Medien zeichnen sich durch einen offenen Zugang aus, das heißt es kann grundsätzlich jeder nach entsprechender Einschulung auf Sendung gehen. Der große Vorteil: Die Real-Life-Community. Die Leute treffen sich nicht nur virtuell, sondern bekommen in Workshops die notwendigen Kompetenzen vermittelt und werden auch weiterhin bei ihren medialen Arbeiten unterstützt.

Die Aktivitäten in den Freien Radios ergänzen jene im Internetbereich genau an deren Schwachpunkten. Andererseits spielen die Möglichkeiten des Web 2.0 mittlerweile auch bei Freien Radios eine immer größere Rolle: Sendungen werden als Podcasts im Internet zur Verfügung gestellt, Weblogs und Diskussionsforen ergänzen die redaktionelle Arbeit, und Online-Datenbanken ermöglichen den Austausch zwischen den Radios auf nationaler und internationaler Ebene. On-line und on-air ergänzen sich in geradezu idealer Weise.

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