Michael König über "Liebe" und "Vertrauen"

Auf der Bühne "fliegen"

Der aus München stammende Burgschauspieler Michael König spielt die Hauptrolle in der österreichischen Erstaufführung von Lukas Baerfuss' Stück "Die Probe", in dem ein Vaterschaftstest eine familiäre Katastrophe auslöst.

Michael König vergleicht die Theater seiner Laufbahn

In Lukas Baerfuss' Stück "Die Probe (Der brave Simon Korach)" löst ein Vaterschaftstest eine familiäre Katastrophe aus, denn Simon Korach hat nun schwarz auf weiß, dass er nicht der biologische Vater seines Sohnes ist. Das Vertrauen in seine Frau ist zerstört. Büßen muss das allerdings das Kind.

"Wenn ich wirklich eine Liebe, die im christlichen Sinn Hingabe ist, lebe, dann ist mir das relativ wurscht", meint Hauptdarsteller Michael König zu dieser Situation. "Das Kind ist ein Wesen, das dafür überhaupt nichts kann. In dem Stück wird diesem Kind ab diesem Moment keine Liebe mehr gegeben, dieses Kind wird gehasst, wird verachtet und so weiter. Das Tolle an dem Stück ist aber, dass am Schluss eine große Frage im Raum steht, und diese Frage wird nicht von einem der Erwachsenen gestellt, sondern von diesem Kind", erzählt Michael König im Gespräch mit Maria Rennhofer.

Ein Alt-68er

Das Stück stellt aber keineswegs die Familie an sich - im politisch sozialkritischen Sinn - infrage. "Das Sozialkritische kommt vor in der Person des Simon Korach", erläutert König, der diese Rolle ja spielt. "Das ist ein Sozialist, kritisiert alles, den darf man nicht Papa nennen, sondern nur mit Vornamen - alles, was man so kennt aus dieser alten 68er-Generation. Durch diese Katastrophe fällt dieses ganze ideologische Fleisch von ihm ab und du kuckst in eine wunde Seele, der all das, was sie sich so zurechtgebaut hat, überhaupt nicht hilft."

Mit der Fortschrittlichkeit und Aufgeklärtheit ist es vorbei, wenn man plötzlich ein "Kuckuckskind" hat und Begriffe wie "Ehre" und "Treue" sind eben auch bei den 68ern noch tief verwurzelt. "Das Interessante ist ja, dass die 68er versucht haben, auch die Vaterschaft 'vom Thron zu stoßen'", erinnert sich König, der sich selbst zu dieser Generation zählt.

Vertrauen und Treue seien eben keineswegs reaktionäre Begriffe, "Ich bin selbst seit langer Zeit glücklich verheiratet, habe fünf Kinder - ich kann nur sagen, wenn wir nicht treu wären, meine Frau und ich, wenn ich mit irgendeiner Frau einen Seitensprung hätte, dann ist das Gift gelegt", ist König überzeugt. "Deswegen glaube ich, sind diese Dinge keine ideologischen Konstruktionen oder reaktionäre Überbleibsel einer alten Welt, die man Gott sei Dank längst abgeschafft hat."

Andere Berufsmöglichkeiten

Sollte es mit der Schauspielerei einmal nicht mehr so klappen, hat Michael König drei andere Berufswünsche zur Auswahl: Sänger, Altphilologe und katholischer Priester. "Ich bin mit Leidenschaft katholisch, ich liebe die katholische Kirche, das ist mir vielleicht das Wichtigste", sagt er.

Altphilologe komme in Frage, weil er ein humanistisches Gymnasium besucht hat und er erzählt auch gleich eine Anekdote: "Als wir die 'Orestie' von Aischylos in Berlin machten, habe ich mal versucht, eine Seite wieder zu übersetzen. Erst dachte ich, ich kann gar nichts mehr, aber dann stieg das wie so ein abgesetztes Sediment plötzlich wieder hoch. Da habe ich meine Liebe zum Altgriechischen entdeckt und zum Lateinischen. Inzwischen lese ich das relativ fließend und habe eine riesige Bibliothek und liebe diese alten Sprachen sehr."

Musik liebt Michael König schon von Kindesbeinen an und war bei den Münchener Domsingknaben Solist. Und auch zu diesem Berufswunsch hat König eine Anekdote parat: "Bei den Bach-Tagen in Berlin wurde - etwa 1979 - die Mendelssohn-Fassung der Matthäus-Passion wiederaufgeführt. Das war einer der aufregendsten Momente meines Lebens, da auf der Bühne zu stehen im zentralen Konzert der Bach-Tage als Christus in der Matthäus-Passion. Ich weiß noch, ich hatte ganz lange Haare, im Frack, und stand da. Irgendwie vor lauter Begeisterung und Aufregung habe ich dann die Fäuste gehoben und die Haare flogen durch die Gegend... Die Leute haben getobt vor Begeisterung! Aber das war überhaupt nicht beabsichtigt, das war vor lauter Aufregung; ich habe fast in die Hose gemacht vor Angst, aber gleichzeitig auch war es das Schönste. Ich liebe Bach und ich singe sehr gerne."

Spielen bis ins Grab

Sein Lehrer an der Falkenbergschule München war es letztlich, der König vom Schauspielberuf überzeugte, denn der nahm sich auch abends noch Zeit für seinen Schüler - und brachte ihm das "Fliegen" bei.

"Fliegen heißt für mich der Zustand, wo man nicht mehr etwas möglichst gut macht, sondern wo man gar nicht mehr weiß, was man macht, wo's wurscht ist, ob es jetzt gut oder schlecht ist, man ist es im Moment, man lebt", erklärt König. "Und dieses Fliegen, als ich das erlebt habe, wusste ich, das ist mein Beruf. Das will ich mein Leben lang nicht mehr aufgeben. Ich werde spielen, bis ich ins Grab sinke."

Mehr zur 68er-Generation in oe1.ORF.at

Veranstaltungs-Tipp
Lukas Baerfuss, "Die Probe (Der brave Simon Korach)", Premiere: 30. November 2007, Akademietheater,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent).

Link
Burgtheater - Die Probe