Firma, Familie oder Haifischbecken

Wie funktioniert eine Fußballmannschaft?

Ein guter Tormann muss ein Spinner sein, ein guter Verteidiger knochenhart und ein guter Stürmer egoistisch. Und der Trainer, der wird geliebt, wenn die Mannschaft gewinnt, und gefeuert, wenn sie verliert. Wie funktioniert eine Fußballmannschaft?

Telefonieren mit Fußball-Trainern ist Wortdribbeln auf große Entfernungen. Mein erster Gegenspieler war Walter Schachner, Trainer des Bundesligaklubs Austria SK Kärnten, weil ich gelesen hatte, dass er in der Vorbereitung mit einem weiblichen Mental-Coach - oder sagt man Mental-Coachin? - auf jeden Fall zusammen gearbeitet hatte.

Ich stellte es mir reizvoll vor, gemeinsam mit der Mental-, sage ich halt -Betreuerin, einen Blick in die Psyche von Fußballspielern zu machen. Noch dazu, wo die Mannschaft von Walter Schachner derzeit sportlich ein bisschen kriselt, aber immerhin die Bullen aus Salzburg besiegen konnte.

Der ehemalige Stürmer Walter Schachner mauerte mit einem gnadenlosen Defensivkonzept: "Das ist völlig unmöglich, das ist Geheimsache, wie stellen sie sich das vor!" Richtig, kein Fragezeichen, ein beinhartes Rufzeichen und schon stand ich mit dem Versuch, einen Steilpass zu spielen, dem ich auch noch selbst nachlaufen musste, im Abseits.

Im Fußball muss man gelegentlich die Taktik ändern, das Spiel auf die Seite verlagern oder einfach einmal aus großer Distanz aufs Tor schießen. Also noch ein Telefonat, diesmal mit Georg Zellhofer, dem Trainer der Wiener Austria.

"Herr Zellhofer, ich bitte sie um ein Interview."

"Was wollen sie wissen?"

"Wie funktioniert eine Fußballmannschaft?"

Lachen am anderen Ende der Leitung. Diesmal lege ich mir die Wortbälle auf der Zunge erst einmal zu recht, in Erwartung einer geschickten Körpertäuschung.

"Also da kann ich nur sagen, ich weiß das nicht!"

"Wer bitte, wenn nicht sie, soll das wissen, sie sind mit ihrer Mannschaft Tabellenführer in der Österreichischen Bundesliga, sie spielen mit Austria Wien als einziger Verein des Landes noch in einem internationalen Bewerb, im UEFA-Cup!"

Wieder Lachen am anderen Ende der Leitung.

Na gut, denke ich mir, und lache auch, aber so leise, dass man es nicht hört.

"Das Problem ist..."

Höre ich da einen Anflug von Bereitschaft? Schnell versuche ich einen frechen Wortübersteiger: "Wann darf ich vorbei kommen, beim Training zu schauen, sie und ein paar Spieler interviewen?"

"Das Problem ist, wir haben überhaupt keine Zeit, der Terminplan ist voll, Training, Videoanalysen, englische Wochen, die UEFA-Cup-Spiele..."

Unzählige Gedanken schießen mir durch den Kopf. Was ich alles an erleuchtenden Antworten versäumen werde.

Thomas Parits, erfolgreicher Österreichischer Fußball-Legionär und derzeit Generalmanager von Austria Wien, wird mir nicht erzählen können von seiner Zeit beim 1. FC Köln, als sich im Training zwanzig Spitzenspieler um die elf Plätze in der Kampfmannschaft stritten, ein Haifischfischbecken, da nimmt keiner auf die Gesundheit des anderen Rücksicht, würde Tommy, von dem ich mir als Zwölfjähriger mein erstes Autogramm holte, erzählen.

Franz Schiemer, der Jungstar des Österreichischen Nationalteams würde mir nichts vom Teambuilding in der Vorbereitung erzählen, wie sich die Spieler der Mannschaft gegenseitig durch ein Wabennetz heben. Körper versteifen, nicht lachen, wenn es kitzelt, besonders schwierig auch noch den letzten auf der anderen Seite des Netzes in den Schoss der Familie zu bringen. Und Sanel Kuljic, Topscoerer von Austria Wien, wird sich trotz seines lädierten Körpers und trotz flüchtiger Zusage im Vorbeilaufen beim Training nicht im letzten Augenblick vor dem Interview drücken und durch den Hinterausgang verschwinden können.

Da reißt mich ein tiefer Seufzer von Georg Zellhofer am anderen Ende der Leitung aus meinen Gedanken. "Na gut, dann kommen sie halt morgen zum Training."