Jazzpreis zum Jahresausklang
Jazziger Preisgeldregen
Zum Jahresende feierte sich Österreichs Jazzszene anlässlich der Vergabe der nationalen Jazzpreise immer auch ein bisschen selbst - wobei die Einführung der Kategorie eines "European Jazz Prize" der Auszeichnung internationale Strahlkraft verliehen hat.
8. April 2017, 21:58
Traditionell im Dezember wurden auch heuer in Wien die österreichischen Jazzpreise, mit dem seit 1994 biennal vergebenen Albert-Mangelsdorff-Preis die bedeutendste einschlägige Auszeichnung im deutschen Sprachraum, überreicht. Benannt ist er nach Hans Koller, dem 2003 verstorbenen Saxofonisten, der in den 1950er Jahren - von Deutschland aus - zu einem der bedeutendsten europäischen Jazzmusiker aufstieg und Zeit seiner Karriere ein kompromissloser, stets forschender Geist geblieben ist.
Jazzhistoriker Klaus Schulz, sein langjähriger Freund und Weggefährte (bis 2006 auch als Radiomoderator in Ö1 zu vernehmen), hat Koller in einer soeben veröffentlichten, höchst informativen "Bild-Biografie" ein Denkmal gesetzt.
Junge Pianisten bevorzugt
Koller war 1996 erster Träger des seither nach ihm benannten Preises. Wurde dieser ab 1997 in drei Kategorien (Musiker, CD, Newcomer des Jahres) vergeben, so sahen sich jene Sparten in den Jahren ab 2001, nachdem Vienna-Art-Orchestra-Leiter Mathias Rüegg den Vorsitz im zuständigen Austrian Music Office übernommen hatte, zeitweilig auf acht Sparten ausgeweitet. Dabei hat besonders die Einführung einer "europäischen" Kategorie dem Award internationale Strahlkraft verliehen.
Die mit Vertretern von 23 EU- und Nicht-EU-Staaten besetzte Jury kürte 2007 interessanterweise erneut einen aufstrebenden Pianisten zum Gewinner des mit 14.500 Euro dotierten "European Jazz Prize": Der 35-jährige Mailänder Shootingstar Stefano Bollani, in den Formationen Enrico Ravas bekannt geworden, setzt die Reihe ausgezeichneter jüngerer Kollegen - Esbjörn-Svensson-Trio (2004), Bojan Zulfikarpasic (2005) - fort. Ältere Semester wie Tomasz Stanko (2002) und - ein weiterer Pianist - Bobo Stenson (2006) blieben in der Minderheit, 2003 wurde der Preis dem ebenfalls noch nicht wirklich betagten Wolfgang Muthspiel zuerkannt.
Kategorien-Vielfalt
Muthspiels Bruder scheint heuer unter den Ausgezeichneten auf. Die neunköpfige "nationale" Jury erkannte den mit 7.300 Euro dotierten Preis für den "Musiker des Jahres" Posaunist, Pianist und Komponist Christian Muthspiel zu. 5.500 Euro für den "Newcomer des Jahres" gehen weiters an den 26-jährigen Tiroler Saxofonisten Christoph "Pepe" Auer, Aushängeschild Wolfgang Puschnig, 2007 auch für den "European Jazz Prize" nominiert, erhält für das aus Anlass seines 50. Geburtstags erschienene Konvolut "Things Change - 50th Anniversary Box" 3.600 Euro für die "CD des Jahres".
Das Austrian Music Office ernannte zudem Bassistin Gina Schwarz zur "Side(wo)man des Jahres", Saxofonist Felician Honsig-Erlenburg und Pianist Philipp Nykrin teilen sich das "New-York-Stipendium". Anlässlich der Preisverleihung am Freitag, 14. Dezember 2007 im Porgy & Bess in Wien feierte sich auch die österreichische Jazzszene selbst, die in den letzten 15 Jahren eine international beachtete Vielzahl eigenständiger, kreativer Köpfe hervorgebracht hat.
Hans Koller, der in diesem Etablissement kurz vor seinem Tod noch ein paar Mal auf der Bühne gestanden hat und so gerade noch rechtzeitig so etwas wie ein kleines Comeback erleben durfte, wurde im Geiste mitgefeiert.
Hör-Tipp
Die Österreich 1 Jazznacht, Samstag, 15. Dezember 2007, 23:05 Uhr
Buch-Tipp
Klaus Schulz, "Hans Koller - Bild-Biografie", Album-Verlag
CD-Tipps
Stefano Bollani, "Piano Solo", ECM
Enrico Rava, StefanoBollani, "The Third Man", ECM
Christian Muthspiel Trio, "Against The Wind - The Music of Pirchner & Pepl", Universal Music
Christoph Pepe Auer, "The New York Sessions", Sessionwork Records
Christoph Pepe Auer, Manu Delago, "Living Room, Sessionwork Records
Wolfgang Puschnig, "Thing Change - The 50th Anniversary Box", Universal Music
Gina Schwarz und andere, "In The Zone feat. George Garzone", ATS-Records
Felician Honsig-Erlenburg, Bim Clatox, "Wassertanz, Verbund
Philipp Nykrin Trio, "Open-Ended", Cracked Anegg Records
Veranstaltungs-Tipps
Konzert von "European Jazz Prize"-Träger Stefano Bollani, 15. Dezember 2007, Wien, Porgy & Bess,
Ö1 Club-Mitglieder erhalten ermäßigten Eintritt (10 Prozent).
Links
Hans-Koller-Preis
Stefano Bollani