Medikamenteneinnahme zum richtigen Zeitpunkt

Intelligente Medikamentenspender

Für ältere Menschen, die viele Arzneien nehmen müssen, ist Vergessen oft ein großes Problem. In Entwicklung sind intelligente Medikamentenspender, die weit mehr können als zur fälligen Einnahmezeit ein Warnsignal abgeben.

Ein Medikamentenspender, der vorschlägt, was zu tun ist, wenn ein Patient vergessen hat, eine Tablette einzunehmen: An der Entwicklung solcher Produkte arbeitet die Computerwissenschaftlerin Jane W.S. Liu von der Academia Sinica in Taiwan.

Medikamentenspender hilft bei Vergessen

Derzeit werfen Medikamentenspender Tabletten automatisch zu einer bestimmten Zeit aus. Die neuen Geräte sind so konzipiert, dass die Tablette erst auf Knopfdruck oder auf ein Sprachsignal hin herausfällt.

Wenn jemand zu spät kommt, programmiert sich der Medikamentenspender neu. Die Einnahmezeiten werden neu berechnet. Hat ein herzkranker Mensch es zum Beispiel verabsäumt, eine wichtige Tablette gegen seine Herzerkrankung innerhalb von zwölf Stunden einzunehmen, fordert der Medikamentenspender ihn zur sofortigen Einnahme auf.

Sind aber mehr als zwölf Stunden vergangen, kommt die Aufforderung, das Medikament auszulassen. Wurde die Einnahme aber zweimal verpasst, gibt es den Rat, den Arzt zu verständigen. Das alles kann das Gerät, an dem Jane Liu arbeitet. Es könnte mit Stimmausgabe funktionieren.

Ins Heim wegen Problemen mit Medikamenteneinnahme

Medikamente vergessen, verwechseln, falsch dosieren oder miteinander unverträgliche Medikamente einnehmen, das ist ein großes Problem. Ungefähr jeder vierte Bürger einer Industrienation, der über 65 Jahre alt ist, kommt eben aus diesen Gründen in ein Pflegeheim. Das haben Studien ergeben.

Intelligente Pillenautomaten, die in Zukunft von Apothekern zusammengestellt werden, könnten dem vorbeugen, meint Jane Liu. Eine Art Parallele zum österreichischen Projekt des Arzneimittelgurts, bei dem die Apotheke für jeden Kunden eine persönliche Datenbank im Computer anlegt, die alle Medikamente erfasst und auf Wechselwirkungen überprüft.

Die Sorge, dass Medikamentenspender nicht optimal funktionieren könnten, teilt Jane Liu nicht. Sie kontert mit dem Gegenargument, dass bei der derzeitigen Lage, in der Menschen mit der Medikamentenflut oft völlig allein gelassen werden, eine Menge schief gehe.

Drei Mal täglich zum Essen, alle vier Stunden...

Es gibt aus der Praxis Beispiele, die jeden Menschen überfordern, etwa folgende Anweisung eines Arztes: "Nehmen Sie Arznei A und B dreimal pro Tag zum Essen, nehmen sie C alle vier Stunden und D immer zwei Stunden nach C. Wenn Sie D vergessen, gehen Sie ins Krankenhaus". In solchen Fällen könnten intelligente Medikamentenspender viel Stress abnehmen.

Prototyp kommt 2008

Das städtische Krankenhaus in Taiwan hat großes Interesse an dem in Entwicklung befindlichen Medikamentenspender von Jane Liu. Ein Prototyp soll in einem halben Jahr fertig sein. Maximal 500 Euro soll die Box kosten. Die Software ist fertig, der Computerteil steht. Ein Vertrag mit einer Designfirma ist unterzeichnet.

Einziges Problem ist noch die mechanische Spendevorrichtung beim Gerät. Der Grund dafür liegt darin, dass Tabletten sehr unterschiedlich groß sind.

Gegen elektronische Überwachung

Die zweiundsiebzigjährige Forscherin Jane Liu, Mutter einer Tochter, betrachtet intelligente Medikamentenspender als Chance, möglichst lange unabhängig zu bleiben, von Ärzten und von den eigenen Kindern.

Zentral gesteuerte elektronische Gesundheitsüberwachungssysteme über Kameras oder Funketiketten hingegen lehnt sie als Eingriff in das Intimleben ab.

Hör-Tipp
Matrix, Sonntag, 9. Dezember 2007, 22:30 Uhr

Links
NEWS Lab at National Taiwan University - Dr. Jane W.-S. Liu
Academia Sinica - Kontakt zu Dr. Jane W.-S. Liu

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