Salomon Sulzer und Karl Goldmark
Jüdische Musik in Österreich
Namen wie Salomon Sulzer, Karl Goldmark, Ignaz Brüll und - durchaus im Gefolge all dieser zu begreifen - Erich Wolfgang Korngold zeigen deutlich: Die jüdische Kultur im Österreich des 19. Jahrhunderts hat eine eminente musikalische Komponente.
8. April 2017, 21:58
Die jüdische Kultur im Österreich des 19. Jahrhunderts hat eine eminente musikalische Komponente. Namen wie Salomon Sulzer, Karl Goldmark, Ignaz Brüll und - durchaus im Gefolge all dieser zu begreifen - Erich Wolfgang Korngold zeigen dies deutlich.
Das Erstaunliche daran ist einerseits das hohe Potential, welches plötzlich aus dem Judentum der Gesamtheit der österreichischen Musik zukommt, andererseits aber die unterschiedliche Art, in welcher die Genannten ihr Judentum in ihrer Art der musikalischen Produktion zu Relevanz kommen lassen.
Sulzer schreibt ganz primär für den liturgischen Gebrauch, Goldmark, der Kantorensohn, lässt die väterlichen Traditionen als Musiker ganz hinter sich und sucht sich seinen Ruhm zumal auf der Opernbühne.
Kinder vom "Land"
Sowohl Sulzer als auch Goldmark werden geboren und wachsen auf in dem, was die Großstädter gerne und rasch "Provinz" nennen. Unabhängig davon, dass das vorarlbergische Hohenems, wo Sulzer das Licht der Welt erblickt und Goldmarks Geburtsort Keszthely, respektive der Ort seiner Kindheit, das heute burgenländische Deutschkreutz, aus jüdischer Sicht bemerkenswerte Zentren der eigenen Kultur sind, reihen sie sich damit in die bedeutende Zahl der "Landkinder", von Johann Joseph Fux und Joseph Haydn bis zu ihrem Zeitgenossen Anton Bruckner.
Freilich, wie alle diese erobern sie sich die "Stadt" - zumal das kaiserliche Wien - und zwar durch ihre unverwechselbare Eigenart, der im Falle Sulzers und Goldmarks auch eine bemerkenswerte konservative, oder religionsgeschichtlich gesprochen orthodoxe Komponente beigegeben ist.
Erfolgsoper "Die Königin von Saba"
Goldmark gehörte dem größeren Bekanntenkreis um Brahms an, was ihn nicht hinderte, sich auch die Errungenschaften des wagnerschen Musikdramas zu Eigen zu machen. Seine Erfolgsoper "Die Königin von Saba" brachte ihm ob der orientalischen Farbenpracht den Titel eines "Makart der Musik ein".
Es hatte im Übrigen die Wahl des Stoffes - die Königin von Saba besucht den König Salomon - sehr wohl eine Konnotation im Hinblick auf das "Jüdische", welches sich in der Oper eines aus dem Judentum kommenden Komponisten zum Ausdruck brachte, neben den durch und nach Wagner so beliebten germanisch-mythischen Märchen- und Sagenstoffen und den veristischen Handlungsgeflechten à la Verdi und seiner Nachfolger.
Umfangreiches Kompendium liturgischer Musik
Sulzer wiederum schuf mit seinem "Schir Zion" - dem "Lied Davids" ein umfangreiches Kompendium liturgischer Musik. Selbst mit einer berühmt schönen und tragenden Stimme ausgestattet konnte er in diesen Stücken auch sich selbst als Kantor einbringen. Seine Musik hat stilistisch viel mit jener seines Freundes Schubert zu tun, dessen Lieder er auch gesungen hat und den er beauftragte, für den Wiener Stadttempel eine Psalmvertonung in hebräischer Sprache zu schreiben.
Sulzer und Goldmark repräsentieren beide wesentliche Aspekte der österreichischen Musik in der Zeit des späten Biedermeier beziehungsweise der Ringstraßen- und Gründerzeit. Um Goldmarks Opern wurde es nach des Komponisten Tod recht ruhig, sein Stil scheint sich schon in dessen letzten Werken etwas überlebt zu haben. Sulzers "Schir Zion" ist aber immer noch in der Liturgie lebendig und beweist höchste Intensität bei strengster Gebundenheit an die Anforderungen, welche der Gottesdienst ihr stellt.
Hör-Tipp
Apropos Klassik, Mittwoch, 12. Dezember 2007, 15:06 Uhr
Link
Jüdisches Museum Hohenems - Salomon Sulzer