Voneinander lernen

Es war einmal

Großeltern haben ihren Enkeln vieles zu geben: Eine Art von Zärtlichkeit und Zuwendung, die oft unbelasteter ist als die der Eltern. Die ältere Generation profitiert von den Erfahrungen der Jungen mit Internet, Handy und & Co.

Wenn Barbara Waß ihre Großmutter besuchen wollte, musste sie einen Fußmarsch von gut vier Stunden auf sich nehmen. Die Großmutter war Sennerin auf der Postalm. Barbara Waß ist auf einem Bergbauernhof im Lammertal aufgewachsen. Das war Ende der 1940er Jahre. Sie erinnert sich nur an einen einzigen Besuch bei der Großmutter.

Geschichten für die Enkelkinder

Ihre eigenen Enkelkinder sieht die 62-Jährige viel öfter - und das, obwohl sie in London und Indonesien leben. Den Kontakt halten Großmutter und Enkelkinder heute auch per E-Mail aufrecht. "Vom alten Leben mit der Natur - Großmutter erzählt" heißt das soeben im Böhlau Verlag erschienene Buch von Barbara Waß, in dem sie all die Geschichten aufgezeichnet hat, die sie ihren Enkelkindern über das Leben mit der Natur erzählt hat.

Um ihr eigenes Wissen weiterzugeben und auch den Respekt vor der Natur zu vermitteln, sagt Barbara Waß. Es sind Geschichten von Blumen und Bäumen, von Früchten und Heilpflanzen, von Wäldern und Almen, von Naturgewalten und Tieren und auch von Menschen und früheren Zeiten.

Austausch zwischen den Generationen

Es ist ein Voneinander-Lernen, das die Beziehung zwischen Großeltern und Enkelkindern prägt, im besten Fall ein befruchtender Austausch über zwei Generationen. Geschichte und Geschichten werden erzählt, über "Oral History" von den Großeltern an die Enkel weitergegeben; die Großeltern erfahren von den Enkeln, wie die junge Generation heute lebt, oder lernen den Umgang mit Computer, Handy & Co.

"Wenn ein Notruf kommt, geh’ ich schnell rüber zu Oma und Opa und programmiere den Videorekorder oder helfe mit der neuen Digitalkamera", erzählt der 15-Jährige Christian Stainer. Seine 13-Jährige Schwester Birgit schenkt der Oma Gutscheine für Computerstunden, die diese gerne in den Wintermonaten einlöst. "Wir sind noch so etwas wie eine Großfamilie", erzählen Opa und Oma Stainer. Ihr ältester Sohn und dessen drei Kinder leben gleich nebenan, auf dem gemeinsamen Grundstück in der Stadt Salzburg.

Alle unter einem Dach

Leben in der Großfamilie - das war auch dem Salzburger Großelternpaar Ingrid und Helmut Neff, beide gegen Ende 50, ein Anliegen, und so haben sie ein riesiges Haus gebaut, in dem zwei ihrer drei Kinder samt Familie leben - in eigenen Wohnungen, aber doch Tür an Tür. Und die Enkel schauen mehrmals am Tag vorbei, wenn Oma oder Opa von der Arbeit nach Hause kommen.

"Enkelkinder sind das Schönste, was es geben kann!", schwärmen die Neffs. Die familiären Wurzeln beider liegen im ehemaligen Jugoslawien, Eltern und Großeltern waren Donauschwaben, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges vertrieben wurden und nach Salzburg flüchteten.

Das Heimelige, die Liebe und Fürsorge - das hat Ingrid Neff von ihrer eigenen Großmutter noch am stärksten in Erinnerung, und so ein kuscheliges Nest versucht sie nun auch ihren zahlreichen Enkelkindern zu bieten.

Toleranz und Nachsicht

Toleranz, Milde und Nachsicht prägen die Haltung der meisten Großeltern gegenüber ihren Enkeln. Die Verantwortung, die man den eigenen Kindern gegenüber hatte, falle weg, betonen die Großeltern, man könne viel lockerer an die Beziehung herangehen.

Das bringt beiden Seiten viel. Enkelkinder sind für viele Großeltern eine Bereicherung, und dass dies umgekehrt auch so ist, kann jeder bestätigen, der sich liebevoll an die eigenen Großeltern erinnert.

Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 17. Dezember bis Donnerstag, 20. Dezember 2007, 9:05 Uhr

Buch-Tipp
Barbara Waß, "Vom alten Leben mit der Natur - Großmutter erzählt", Böhlau