Wie der russische Gasriese Sibirien beherrscht
Gazprom
Der russische Gaskonzern Gazprom ist das größte Gasförderunternehmen der Welt, der wichtigste Gaslieferant für Europa und mit rund 400.000 Beschäftigten der größte Arbeitgeber Russlands.
8. April 2017, 21:58
Der russische Gazprom-Konzern ist für die Gasversorgung Europas lebenswichtig. Gazprom ist das größte Gasförderunternehmen der Welt, ist in der Ölförderung tätig sowie in der Stromwirtschaft. Die Verbindungen zum Kreml sind traditionell eng. Der neu gewählte russische Präsident und Putin-Vertraute Dmitri Medwedew blickt auf eine Wechselkarriere zwischen Politik, Gazprom-Aufsichtsrat und Kreml zurück. Kein Wunder, dass Europa nervös wird, wenn der Kreml mit Erdgas Politik macht, wie vor zwei Jahren in der Ukraine.
Ein Lokalaugenschein
"Stadt am Ende der Welt" - das bedeutet Jamburg, wenn man es aus dem Russischen übersetzt. Die Stadt liegt nördlich des Polarkreises. Der Winter dauert hier neun Monate. Temperaturen von minus 30, minus 40 Grad sind normal. Tageslicht bekommen die Menschen im Winter kaum. Ende Dezember ist es nicht einmal eineinhalb Stunden hell. Menschen leben hier in Jamburg nur, weil es Gas gibt, oder genauer gesagt, weil es Gazprom gibt.
Das Gasfeld Jamburg verteilt sich auf eine Fläche von 15.000 Quadratkilometern und ist damit ungefähr so groß wie die Steiermark. Etwa 7.000 Menschen wohnen hier, praktisch alle arbeiten für Gazprom. Und sie sollen es einigermaßen gut aushalten: Gazprom hat ihnen ein Veranstaltungszentrum gebaut, mit Fitnesscenter, Schwimmbad, Theater und einer Bibliothek. Auch eine Kirche auf Kosten von Gazprom gibt es.
Es leben keine Kinder in Jamburg, nur Menschen, die hier arbeiten. Sie bleiben vier Wochen und haben dann vier Wochen frei. Gazprom ist ein beliebter Arbeitgeber in Russland und zahlt auch gut, um die Menschen für die Gasförderung anzuwerben - in Sibirien, wo die Quelle der Macht und der Einnahmen von Gazprom liegt. Die Bohrarbeiter verdienen sehr gut - für russische Verhältnisse. Auf 1.000 bis 3.000 Euro brutto kann ein Arbeiter kommen - je nach Position.
Gas wird teurer
Im Gasfeld Jamburg wird es auch technisch immer schwieriger, Gas zu fördern. Ein großer Teil der Lagerstätte ist schon ausgebeutet. Jetzt wird der Aufwand immer größer, erklärt Gazprom-Sprecher Sergej Tschernjetzki. Es wird also für die Kunden teurer. Im Gazprom-Management beginnt man deshalb, die Kunden auf steigende Gaspreise vorzubereiten. Bei der OMV hat man sich so gut es geht gegen Preisschwankungen abgesichert. Andrea Reiss, Managerin in der OMV-Gas, meint, die größte Sicherheit ist der Liefervertrag bis ins Jahr 2027 mit relativ stabilen Preisen.
Gekränkte Eitelkeit
Die Russen betrachten es als Kränkung, wenn man ihre Verlässlichkeit als Lieferanten anzweifelt und nach Alternativen sucht. Das Nabucco-Projekt der OMV, eine Pipeline von der Türkei nach Österreich, ist so ein Projekt, das die Russen als Nadelstich empfinden. Von der Gasmenge her ist es keine Konkurrenz, aber es ist nicht gerade ein Vertrauensbeweis. In Westeuropa müsse sich niemand Sorgen machen, Gazprom sei in der Lage, auch den stark steigenden Bedarf an Gas zu decken, sagt Manager Sergej Mazanow.
Prost
In der Gasarbeiter-Siedlung Jamburg, wo ja wegen der extremen Bedingungen keine Kinder leben, hat sich Gazprom eine besondere Freude für die Erwachsenen einfallen lassen. Der Gaskonzern hat eine kleine österreichische Brauerei bauen lassen, damit die Arbeiter ihr eigenes Bier bekommen, erzählt der Leiter der Brauerei, Viktor Golik. Eine Kleinigkeit, aber ein Zeichen für den guten Namen, den Österreich hier hat. Für die OMV ist das viel wert. Andrea Reiss von OMV-Gas streicht heraus, dass 1968 der erste Vertrag mit dem Westen der mit der OMV gewesen ist.