Die Musik der Gitanos in Katalonien

Rumba Catalana

"Rumba Catalana" - das klingt ähnlich seltsam wie "Finnischer Tango". Die Gitanos aus Barcelona haben in der Verbindung des andalusischen Flamencos mit der afro-kubanischen Rumba tatsächlich ein neues Genre geschaffen, das Bestand hat.

Antonio González' Liebeserklärung an Lola Flores

Es wird heute noch gestritten, ob es Antonio González Sr. "El Legañas" war, der den "Ventilador" erfunden und diese Erfindung seinem Sohn weitergegeben hatte, oder ob es doch Antonio González Jr. "El Pescaílla" selbst war, der diese neue Art, die Gitarre zu schlagen, entwickelt hatte.

Fest steht, dass die Geschichte der Rumba Catalana ihren Anfang Mitte der Vierzigerjahre in den Romavierteln Barcelonas, im "Barri de Gràcia", in "El Portal" und in "Hostafrancs", genommen hatte und dass die Protagonisten dieses neuen Genres selbst nicht ungern die Mythenbildung rund um die Ursprünge ihrer eigenen Musik nährten. Fest steht aber auch, dass El Pescaíllas Art die Gitarre zu schlagen, eben der berühmte "Ventilador", der entscheidende Impuls für die Entwicklung der katalanischen Rumba war.

Eine Gitarre, klatschende Hände und Bongos

Trotz allen Traditionsbewusstseins hatten die Gitanos bei einer Sache nie Berührungsängste: bei der Musik. Das Rezept der Rumba Catalana war so simpel wie innovativ - man nahm das Instrumentarium des Flamencos und benutzte es für afro-kubanische Grooves und Harmonien.

Obwohl dabei weder die Virtuosität des Flamencos noch die Komplexität der Rumba erhalten blieben, entstand eine energetische neue Tanzmusik, die mit einer Gitarre, mit Händeklatschen und einem Paar Bongos auskam, um lange Partynächte in den Romavierteln zum Glühen zu bringen.

Die Musikerfamilie González Flores

1958 heiratete Antonio González "El Pescaílla" die gefeierte Sängerin Lola Flores im traditionellen Romaritus und war von da an hauptsächlich als deren Gitarrist tätig, was ihn von seiner eigenen Rumba Catalana ein wenig entfernte.

Auch die Töchter des berühmten Paars, Lolita Flores und Rosario Flores, haben sich der Musik verschrieben. Beide sind bekannt für ihre explosiven Konzertauftritte. Bei uns ist der Name Rosario Flores aber eher unter Cineasten geläufig: Sie spielte die Hauptrolle als Stierkämpferin in Pedro Almodovars Film "Hable con ella" ("Sprich mit ihr").

Peret - Rey de la Rumba

Während der ersten Jahre wurde die Rumba Catalana fast ausschließlich im Umfeld der Gitanos in Barcelona auf deren Festen gepflegt. Der Sänger, Gitarrist und Komponist Pere Pubill Calaf, kurz "Peret", ein Gitano aus Mataró, welcher der Romagemeinde von El Portal eng verbunden war, hat diese Isolation durchbrochen und die Rumba Catalana in ganz Spanien berühmt gemacht.

Ist El Pescaílla als der Vater der katalanischen Rumba in die Geschichte eingegangen, so gilt Peret heute noch als ihr König. Ihm folgten Legionen an mehr oder minder begabten Musikern, die die Rumba kommerzialisierten und popularisierten.

Gato Pérez

Das simple Rezept, mit der die Rumba Catalana in kürzester Zeit ihren Siegeszug durch Spanien antrat, war auch Grund für ihren Niedergang. Der einfache Stil wurde von so vielen Musikgruppen kopiert, bis die Suppe an gleich klingenden Rumbas den meisten Menschen auf die Nerven ging und schließlich in der Versenkung verschwand.

Doch in den späten Siebzigerjahren tauchte ein Argentinier katalanischer Abstammung auf, der sich Gato Pérez nannte. Obwohl er selbst kein Gitano war, nahm er das Erbe Perets und El Pescaíllas wieder auf und verband es mit rockig-poppigen Elementen. Mit ihm wurde auch das bis Mitte der Siebzigerjahre unter der Franco-Diktatur streng unterdrückte Katalanisch als Sprache der Rumba Catalana neu etabliert.

Die neuen Rumberos

Aus heutiger Sicht wirken die Songs, die Gato Pérez oft mit den billigen Synthesizerklängen seiner Zeit aufpäppelte, ein wenig unorganisch. Doch für die jüngste Generation der katalanischen Rumberos ist Gato Pérez ein Idol.

Sabor de Gràcia zum Beispiel, benannt nach dem Viertel Barcelonas, wo die katalanische Rumba geboren wurde, ist eine der Bands, die der Rumba seit etwa zehn Jahren eine zweite Renaissance bescheren: junge Musiker, die wissen, was es heißt, Gitano und Katalane zugleich zu sein und wie wichtig das identitätsstiftende Moment in der eigenen Musik ist.

Hör-Tipp
Spielräume, Sonntag, 20. Jänner 2008, 17:30 Uhr

Links
Sabor de Gràcia
Roma in Katalonien