Vor- und Nachteile

Grüne Energie

Energie wird in Zukunft zumindest zum Teil vom Acker kommen. Auf Getreidefeldern wird Energiekorn wachsen, auf Maisflächen vielleicht Elefantengras. Und das wird die Nahrungsmittel verteuern. Aber in welchem Ausmaß?

Es geht aufwärts. Mit der Temperatur der Erde und mit dem Energieverbrauch. Dass es einen Zusammenhang gibt, ist mittlerweile unumstritten. Mit jedem Liter Öl, den wir als Benzin oder Heizöl verbrennen, schießen wir fast drei Kilogramm Kohlendioxid in die Luft. Und dieses CO2 verwandelt unsere Atmosphäre in ein Treibhaus.

Energie aus nachwachsenden Rohstoffen ist hingegen weitgehend klimaneutral - es nimmt CO2 beim Wachsen auf und gibt das Kohlendioxid beim Verrotten oder Verbrennen wieder ab. Grob betrachtet ein Nullsummenspiel, das für die Energiezukunft Europas auch nach Meinung der EU immer wichtiger wird.

Für 2020 peilt die EU drei Ziele an

  • die Energieffizienz soll um 20 Prozent steigen
  • der Treibhausgasausstoß soll um 20 Prozent sinken
  • und 20 Prozent der Energie sollen 2020 aus erneuerbaren Ressourcen wie Biomasse, Solar- oder Windenergie kommen.
Allen Formen von Biomasse kommt in der Zukunft deshalb eine größere Bedeutung zu - egal ob es sich um Holz, Biogas aus Abfällen, Gras oder Mais oder um Treibstoffe vom Acker handelt.

Derzeit werden gerade einmal vier Prozent des EU-weiten Energiebedarfs über Biomasse gedeckt. Bis 2020 sollte sich dieser Wert verdreifachen, um die Ziele zu erreichen.

Die Energiewende wird etwas kosten

Aber die Energiewende wird auch Kosten verursachen. "Wenn der Ölpreis bei 50 Dollar pro Barrel liegt, müssen wir ungefähr 18 Milliarden Euro für den Umstieg ausgeben. Wenn das Fass Öl aber 80 Dollar kostet, dann sind es nur mehr zehn Milliarden Euro", berichtet Hikka Summa von der Generaldirektion "Landwirtschaft und ländliche Entwicklung" in der EU Kommission.

"Bezieht man auch noch die Kosten für CO2 im Sinne des Emissionshandels ein, so sind die extra Aufwendungen gedeckt. Wenn man bedenkt, wo der Ölpreis heute steht (knapp unter 90 Dollar), dann sind wir uns sicher, dass der Nutzen größer ist als die Kosten."

Emissionshandel

Durch den europäischen Emissionshandel hat der Ausstoß von Kohlendioxid einen Preis bekommen - derzeit kostet eine Tonne CO2 rund 25 Euro. Firmen, die mehr ausstoßen als ihnen erlaubt wurde, müssen Zertifikate zukaufen. Jene, die weniger ausstoßen als erlaubt, können ihre Zertifikate zu Geld machen. Kohlendioxid wird zur gewinn- oder verlustbringenden Handelsware.

Für den Emissionshandel-Spezialisten Roland Geres von der Münchner Firma FUTURECAMP zählt die Biomasse als klima-neutraler Energieträger zu den Gewinnern im CO2-Handel. Bioenergie-Anlagen mit einer Leistung über 20 Megawatt bekommen Emissionszertifikate zugeteilt, die sie allerdings nicht brauchen. Sie können sie zu barem Geld machen.

Energiesektor drückt auf die Nahrungsmittelpreise

Es gibt aber auch in Sachen Bioenergie "unerwünschte Nebenwirkungen". Denn wo früher Futtermais oder Brotgetreide angebaut wurden, wachsen jetzt vielleicht Energiekorn und Kukuruz für die Treibstoffherstellung.

Der Energiesektor drückt auf die Nahrungsmittelpreise oder anders ausgedrückt: Nahrungsmittelpreise entwickeln sich parallel zu den Ölpreisen, sogar Butter und Milch. Mit ein Grund, warum Lebensmittel in Österreich von Dezember 2006-Dezember 2007 um 8,2 Prozent teurer wurden.

Josef Schmidhuber von der "Global Perspective Studies Unit" der FAO, der Nahrungsmittelagentur der UNO, hält diesen Anstieg allerdings für verkraftbar. Schließlich geben EU-Bürger im EU-Schnitt nur rund 13 Prozent ihres Einkommens für Nahrungsmittel aus.

Obwohl zum Beispiel nur 1,5 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche weltweit in die Bioethanol-Produktion gehen und fünfmal mehr als Futtermittel verkauft werden, wurde Getreide erheblich teurer. Das hat wiederum dazu geführt, dass einige Bioethanolfabriken, auch die zwei österreichischen, gar nicht erst aufsperren. Sie würden mit jeder Sekunde Produktion Verluste schreiben.

Chance für Bauern

Was für den Konsumenten unangenehm ist, bietet Bauern, auch jenen in unterentwickelten Regionen, große Chancen, meint Schmidhuber. Schließlich leben 70 Prozent der Armen weltweit am Land. Sie werden mit ihren Erzeugnissen endlich mehr Geld verdienen.

Energie aus Biomasse kann aber nach Meinung Schmidhubers nur funktionieren, wenn sie zumindest mittelfristig ohne Stützungen auskommt. Wenn die bäuerlichen Erzeuger mehr für ihre Produkte bekommen, erübrigen sich auch diverse Agrar-Subventionen, die derzeit fast die Hälfte des EU-Budgets ausmachen.

Dass die Preise für Gemüse, Brot und andere alltägliche Produkte jetzt parallel zum Öl in unabsehbare Höhen steigen, das befürchtet FAO-Experte Josef Schmidhuber nicht.

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 22. Jänner 2008, 19:05 Uhr

Link
FAO - Food and Agriculture Organization of the United Nations
Futurecamp - Emissionshandel
Europäische Kommission - Landwirtschaft und ländliche Entwicklung