"Ich habe nie gelernt langsam zu fahren"

Paul Frère, Motorjournalist und Rennfahrer

Die Beschäftigung mit Autos ist sein Leben, aber kurz vor seinem 90. Geburtstag entging er nur knapp dem Unfalltod, von dem er sich bis zu seinem Tod im Februar 2008 nicht mehr erholt hat: Paul Frère, der weltberühmte Motorjournalist.

Der Führerscheinneuling

Er schrieb Artikel in Französisch, Englisch, Italienisch und Deutsch, war Spitzen-Rennfahrer in einer der gefährlichsten Epochen des Autorennsports, der am 30. Jänner 1917 in Le Havre geborene Belgier ließ aber seinem Beruf als Journalist immer den Vorrang.

In Frankreich kam er zur Welt, weil sein Vater Assistent des Wirtschaftsministers der belgischen Regierung war, die sich in Frankreich im Exil befand. Danach war der Vater mit den Kriegsreparationszahlungen Deutschlands an die Siegerstaaten befasst, 1925 ging es nach Berlin und danach im Auftrag des Völkerbundes nach Österreich. Einen Tag nach seinem 18. Geburtstag erhielt Paul Frère einen österreichischen Führerschein.

Technische Zusammenhänge verständlich erklären

Der autobegeisterte junge Mann fand zum Journalismus, nachdem er sich im Rahmen seines Wirtschaftsingenieur-Studiums mit der Analyse des Fahrverhaltens von heck- und frontgetriebenen Fahrzeugen beschäftigte und ein Artikel darüber den Weg in die Fachpresse fand. Die Verbindung von technischer Analyse und der Fähigkeit, technische Zusammenhänge verständlich zu machen, prägten sein Leben.

Ingenieur, Journalist und Rennfahrer: Diese Kombination machte ihn zum vielbewunderten Doyen der internationalen Motorpresse. Sein Interesse für neueste Entwicklungen erlahmte auch nicht, nachdem er im September 2006 auf dem Weg zu Testfahrten auf dem Nürburgring in Deutschland einen schweren Autounfall hatte, von dessen Folgen er sich bis zu seinem Tod im Februar dieses Jahres nicht mehr erholte.

Mit Jaguar und Tatra

Autos haben nicht nur sein berufliches Leben bestimmt: Es war im Jahr 1953, Paul Frère trainierte für das italienische Mille-Miglia-Straßenrennen. Ein Bahnübergang irgendwo zwischen Viterbo und Siena, und wieder einmal warten, warten, warten. Paul Frère schaute auf den Jaguar-C-Type-Rennsportwagen vor ihm und sagte mit Blick auf das Team im Jaguar zu seinem Beifahrer André Milhoux: "Schau, am Beifahrersitz, das ist ein Mädchen." Einige Jahre später wurde geheiratet.

Paul Frère bestritt immer, dass sein Buch "My Life Full of Cars" eine Autobiografie sei, schließlich schreibe er vor allem über Autos. Aber wenn man einen großen Teil seines Lebens hinter Lenkrädern verbringt, dann hat man viel zu erzählen: Den Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Pilsen erlebte er auf einer Reise mit einem Tatra, die Besitzerin, eine jüdische Freundin, konnte den Nationalsozialisten entkommen.

In Indien und Argentinien

In den 1950er Jahren fuhr Frère, um das Auto auf dem belgischen Markt bekannt zu machen, mit einem Armstrong Siddeley Sapphire von Brüssel nach Bombay, nicht auf dem schnellsten Weg, sondern auf einer möglichst eindrucksvollen Route. Er erinnerte sich, dass er sich schon damals im Irak am wenigsten wohl gefühlt hatte.

Mit einem NSU-Prinz-Kleinwagen fuhr er ein Rennen durch die argentinische Pampa - fast mit demselben Ernst wie in Weltmeisterschaftsrennen mit Formel-1- Wagen von Gordini oder Ferrari.

Einen Werksvertrag bei Ferrari lehnte Paul Frère ab; fallweise, quasi nebenbei, fuhr er unglaublich erfolgreich Formel-1- Rennen. Der Automobilweltmeister von 1961, Phil Hill, schrieb im Vorwort zu einem von Frères Büchern:

Paul hatte für einen jungen Fahrer ein ungewöhnliches Maß an Rationalität, Hausverstand und Reife. (...) Diese Reserven haben ihm wohl erlaubt, die möglicherweise lebensgefährlichste Epoche des Automobilrennsports zu überleben.

Hör-Tipp
Menschenbilder, Sonntag, 24. August 2008, 14:05 Uhr

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Buch-Tipps
Paul Frère, "My Life Full of Cars", Haynes Publishing

Paul Frère, "Die Porsche 911 Story", Motorbuch Verlag

Link
Wikipedia - Paul Frère