Die Folgen der Kreditkrise in den USA

Die Notenbanken

Als Folge der Kreditkrise in den USA ist weltweit der ganz normale Geldfluss zwischen den Banken plötzlich ins Stocken geraten. Geld, der Lebenssaft der Wirtschaft, ist knapp geworden. Welche ist die richtige Politik am Rand einer Rezession?

Klaus Liebscher zur Rolle der EZB in der Finanzkrise

Vorsicht ist eine der wichtigsten Eigenschaften, die ein Notenbanker braucht. Wenn Jean-Claude Trichet, Präsident der europäischen Zentralbank, oder Ben Bernanke, Chef der US-Notenbank Federal Reserve, eine Rede halten, legen Börseleute in aller Welt jedes Wort auf die Goldwaage. Kleine Andeutungen können milliardenschwere Entscheidungen zur Folge haben. Aber in den vergangenen Tagen und Wochen musste sich EZB-Chef Jean-Claude Trichet aus der Deckung wagen. Er musste sich nämlich wieder und wieder rechtfertigen, warum die Europäische Zentralbank nicht und nicht bereit ist, die Zinsen zu senken. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos hat er erklärt, welche Prinzipien seinen Entscheidungen zu Grunde liegen.

Zinssenkung ja oder nein

Das richtige Zinsniveau liegt seit dem Sommer des Vorjahres bei vier Prozent, meint die EZB. Die US-Notenbank hat in derselben Zeit die Zinsen zwei Mal innerhalb von acht Tagen gesenkt, auf drei Prozent. Amerikanische Banken können sich also deutlich günstiger Geld von ihrer Zentralbank ausborgen als europäische. Die Fed will den Banken damit zu billigem Geld verhelfen. Damit kommen auch Firmen oder Privatpersonen an günstige Kredite. Das soll die Wirtschaft in Schwung bringen.

Die europäische Zentralbank ist da zurückhaltender. Sie beruft sich auf ihren Auftrag, wie der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank Klaus Liebscher erklärt: "Die Preisstabilität ist die Grundlage für Wachstum und Beschäftigung. Wir haben in Europa in der letzten Zeit Zigtausende neue Arbeitsplätze geschaffen, so falsch kann also unsere Zinspolitik nicht sein."

Deshalb hält es Felderer für logisch, dass die EZB seit Monaten sehr zurückhaltend vorgeht. "In Europa, in Deutschland und in Österreich steht die Industrie gut da, die Orderbücher sind voll, wenn jetzt die Zinsen sinken, würde die Inflation noch weiter angeheizt." Dominique Strauss-Kahn, früher französischer Finanzminister und jetzt Chef des internationalen Währungsfonds, gehört zu denen, die meinen, die EZB werde sich vielleicht bald leichter tun, die Zinsen zu senken. Das Problem der steigenden Preise könnte sich fast von allein lösen, wenn die Konjunktur nachlässt.

Faule Kredite mit variablem Zinssatz

In den USA haben viele Wirtschaftsexperten für das Rollenverständnis der Zentralbanken kein Verständnis. Wirtschafts-Nobelpreisträger Joseph Stiglitz hat am Weltwirtschaftsforum in Davos den Verantwortlichen in den Zentralbanken Vorwürfe gemacht. Ihm ist sogar die Reaktion der US-Notenbank Fed viel zu zögerlich. Dabei hätte die Fed nur ihrem Auftrag folgen müssen, meint Stiglitz: "Wenn die Fed jetzt die Zinsen senkt, so ist das zu spät, das wirkt erst in zwölf Monaten."

Und er wirft der Fed vor, viele Amerikaner in diese Kredite geradezu hineingehetzt zu haben. "In Zeiten niedriger Zinsen wurden den Kunden Kredite mit variablem Zinssatz eingeredet, als die Zinsen nur nach oben gehen konnten, und dann hat es gekracht." Und da trifft sich Stiglitz mit seinem österreichischen Kollegen Bernhard Felderer. Auch er meint, die Fed hätte den Handel mit den faulen Krediten stoppen müssen.