Der erste Amerika-Korrespondent des ORF
Stand up man
Am 12.12.1955 klang zum ersten Mal seine Stimme von Amerika nach Österreich. Von diesem Zeitpunkt an war Rudolf Stoiber 25 Jahre lang Amerika-Korrespondent des ORF, er wurde zur Stimme, später auch zum "Gesicht Amerikas" in Österreich.
8. April 2017, 21:58
"Stand Up Man" hat der österreichische Regisseur Herbert Krill einen Film über das Leben von Rudolf Stoiber genannt. Ein Titel, der durchaus zutreffend scheint auf das bewegte Leben des Schauspielers, Schriftstellers, Journalisten und Produzenten Rudolf Stoiber, der im Jahr 2010 seinen 85. Geburtstag feiert.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs studiert Rudolf Stoiber Theaterwissenschaft, Schauspiel und Regie in Wien, er tritt als Schauspieler im Theater an der Josefstadt und auf mehreren Wiener Kleinbühnen auf. Neben seiner Tätigkeit als Schauspieler beginnt Rudolf Stoiber in jenen Jahren auch als Journalist für den Rundfunk zu arbeiten und er widmet sich verstärkt dem Schreiben.
1951 erscheint das Buch "Tagebuch aus Kaprun", 1952 folgt der Band "Die harte Straße". Sieben Kinderbücher veröffentlicht der Autor Rudolf Maria Stoiber in den Jahren zwischen 1951 und 1968. Hans Weigel, seinem ersten literarischen Mentor, ist Rudolf Stoiber bis heute dankbar. Er erinnert sich an lange arbeitsreiche Nachmittage im Café Raimund, dem Stammlokal von Hans Weigel, in dem er sich gern mit Autoren traf.
25 Jahre lang Berichte aus den USA
Im Sommer 1948 bekam der junge Schauspieler Rudolf Stoiber die Gelegenheit zu einer Reise, die ihn auch nach New York führte. Und New York sollte Jahre später zur neuen Heimat werden.
Er unterrichtet zunächst als Lehrer an einer Schauspielschule, er arbeitet als Regieassistent, als Regisseur an einem Sommertheater, er verdient seine ersten Dollar mit diversen Jobs. Der junge Schauspieler, der als 17-Jähriger beim "Reichssender Wien" bei Hörspielen mitwirkte, wird in Amerika zum Korrespondenten für den Österreichischen Rundfunk.
Am 12.Dezember 1955 berichtet Rudolf Stoiber zum ersten Mal aus Amerika. Er wird bis zum Jahr 1980 der Amerika- und UNO-Korrespondent des ORF bleiben, der regelmäßig auf den österreichischen Fernsehbildschirmen zu sehen ist. 25 Jahre lang versucht er in seinen Berichten, das Leben in den USA der österreichischen Öffentlichkeit verständlich zu machen.
Interviews mit allen amerikanischen Präsidenten
Rudolf Stoiber, "unser Mann in Amerika", interviewt in diesen Jahren als Reporter alle amerikanischen Präsidenten von Truman bis Carter, er berichtet aus dem UNO-Sicherheitsrat über die Kuba-Krise, er meldet sich von den Sitzungen der UNO-Generalversammlung, wo es zu umstrittenen Auftritten von Fidel Castro, Idi Amin, Nikita Chruschtschow und vielen anderen Staatsführern kommt. Er führt zahlreiche Interviews mit den UNO-Generalsekretären Hammarskjöld, U Thant und Waldheim.
Ob Rassenkämpfe in den amerikanischen Südstaaten, Demonstrationen gegen den Vietnam-Krieg oder das Attentat auf John F. Kennedy am 22. November 1963, Rudolf Stoiber ist als Reporter live vor Ort.
Produzent von Theaterstücken
Die Liebe zum Theater, zur Bühne, zum Schauspiel begleitet Rudolf Stoiber auch in den Jahren, in denen er als Korrespondent für den Rundfunk arbeitet. Er ist mit dem Autor James Baldwin befreundet und bringt 1965 dessen Stück "Amen Corner" als Produzent zu den Wiener Festwochen und in viele andere europäische Städte. 1967 geht er - beeindruckt von der Kultur der Afro-Amerikaner - mit dem Ballett "Black New World" auf Europa-Tournee.
1978 führt Rudolf Stoiber in Amerika Interviews mit gebürtigen Österreicherinnen und Österreichern, die ihre Heimat 1938 verlassen mussten. Der Dokumentarfilm "Erinnerungen an Österreich" entsteht, in dem Anna Mahler, Otto Preminger, Maria von Trapp und viele andere über ihre Beziehung zu Österreich sprechen.
Neuer Roman
Als das ORF-Korrespondentenbüro in Amerika 1980 von New York nach Washington verlegt wird, beendet Rudolf Stoiber seine Tätigkeit für den Rundfunk. Er möchte lieber in New York bleiben. Er ist als Produzent fürs Theater und für das Fernsehen tätig, er widmet sich wieder verstärkt seiner schriftstellerischen Tätigkeit. In Österreich hatte er nach dem Krieg - neben den Kinder- und Jugendbüchern - bereits zahlreiche Hörspiele verfasst, das Schreiben bleibt ihm stets wichtig, auch neben seiner Arbeit als Journalist.
Rudolf Stoiber hat für mehrere Filme Drehbücher verfasst, so etwa für den Film "Babylon" von Peter Patzak, ein neues Drehbuch ist fertig und wartet auf seine Verfilmung. Im Alter von 82 Jahren hat Rudolf Stoiber seinen ersten Roman veröffentlicht, den "Entdeckungs- und Aufdeckungsroman" "Fridolin", der in New York und in Wien spielt. Die Hauptfigur des Romans ist der homosexuelle Schauspieler Kurt, der Wien eines Tages Richtung Amerika verlässt.
Regelmäßige Österreich-Besuche
Obwohl Rudolf Stoiber regelmäßig nach Österreich kommt, um seine Schwester zu besuchen und um die alte Heimat wieder zu sehen, so ist er inzwischen doch lieber in New York, wo er im 30. Stockwerk wohnt, und in seinem schönen Haus auf Ibiza, wo er Zeit und Ruhe zum Schreiben findet.
Den Bezug zu Österreich hat er - wie er selbst zugibt - in all den Jahren verloren. "Es gibt noch ein paar wenige alte Freunde, die ich treffe", sagt er. "Ich gehe nur alte vertraute Wege, wenn ich da bin. Vom Neuen weiß ich viel zu wenig."