Hoffen auf die Fußball-EM

Die Russen kommen

Von einer Russenquote in Österreichs Hotels ist keine Rede mehr. Im Jänner sind Gäste aus Russland auf Platz fünf vorgerückt. Die Steigerungsraten sind beachtlich, ein zusätzlicher Schub wird von der Fußball-Europameisterschaft erwartet.

Emanuel Lehner im Gespräch mit Ernst Weinisch

Die russischen Pioniere auf Österreichs Skipisten und in den Hotels waren die ganz Reichen. Der steigende Wohlstand schafft in Russland jetzt auch eine Mittelschicht, die sich einen Urlaub im Ausland leisten kann. Eine Zielgruppe von inzwischen rund 15 Millionen Menschen, nicht nur in Moskau und St. Petersburg.

Österreichs Tourismus sucht Ersatz für die Deutschen, die statt nach Österreich zu fahren, jetzt neue Urlaubsziele suchen. Ein Teil davon soll aus Russland kommen.

Steigender Wohlstand

Richard Vornberg, Vorstand der russischen Großkreditbank VTB sagt, unter der Präsidentschaft von Wladimir Putin habe das Land an Stabilität gewonnen. Da haben sicher auch die hohen Öl- und Gaspreise geholfen, aber seit zehn Jahren lasse sich ein steigender Wohlstand feststellen, wenn auch zunächst nur in den Städten.

Emanuel Lehner, Chef der Österreich-Werbung in Moskau, verweist auf nicht weniger als 15 Millionenstädte in Russland, von Smolensk bis Wladiwostok. Dort seien die künftigen Österreich-Urlauber zu finden. Die Menschen der neuen Mittelschicht in den russischen Städten werden auf Einkommen von rund 2.000 Euro im Monat geschätzt.

Russen füllen Jännerloch

Gäste aus Russland reisen zu 80 Prozent im Winter an, das russisch-orthodoxe Weihnachtsfest fällt auf den 6. Jänner. Im Jänner sind sie auf Platz Fünf vorgerückt und füllen so zum Teil das in der Vergangenheit von den Tourismusbetrieben gefürchtete Jännerloch. Russische Gäste sind ausgabenfreudig, spontan in ihren Entscheidungen, sie haben einen anderen Lebensrhythmus als etwa deutsche Gäste, wenn am Nachmittag ein Restaurant geschlossen hat, stößt das auf Unverständnis.

Von einer Russenquote in Österreichs Hotels ist keine Rede mehr, trotzdem versuchen die Hoteliers, in den meist kleineren Häusern mit durchschnittlich 80 Betten in Österreich einen ausgewogenen Gäste-Mix zu erreichen. Denn Russen kommen - im Gegensatz zu anderen - per Flugzeug in Reisegruppen und wollen gern unter sich bleiben.

Dominante Gästegruppen
Sepp Schellhorn, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung, versucht, das Problem dominanter Gästegruppen in einem Hotel von den Russen wegzuspielen: Auch Italiener oder Deutsche oder auch ein internationaler Kegelklub kann die andern Gäste in die Ecke drängen und schließlich vertreiben. Da ist ein gekonntes Hotelmanagement gefragt.

Russische Reiseveranstalter zahlen gut, räumt Schellhorn ein, und einige Häuser haben sich auf russische Pauschalgäste spezialisiert. Petra Stolba, Chefin der Österreich-Werbung, will auch andere Urlaubsorte als Sölden, Mayrhofen im Zillertal oder Ischgl den russischen Gästen schmackhaft machen.

Beachtliche Steigerungsraten
Der Anteil der russischen Gäste liegt übers Jahr gerechnet noch unter einem Prozent, die Steigerungsraten aber sind beachtlich. Ein zusätzlicher Schub von rund 50.000 Gästen aus Russland wird zur Fußball-Europameisterschaft erwartet, die russische Nationalmannschaft spielt in Salzburg und in Innsbruck. Daran knüpfen die Tourismusmanager die Hoffnung, dass Gäste aus Russland Österreich auch als Sommerdestination schätzen lernen.

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 8. Februar 2008, 9:45 Uhr

Links
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