Zum 70. Geburtstag des alpinen Abraham a Sancta Clara

Mit Hans Haid durchs Ötztal

Er ist ein Liebender, den die Liebe zu seinem Land in die verzweifelte Klage getrieben hat. Auch wenn er jetzt 70 wird, denkt Hans Haid nicht ans Aufhören. Im Februar erscheint sein Roman "Similaun" und dann hat er noch Buchprojekte für die nächsten 20 Jahre.

"Wir stehen auf festem Boden, mitten in einer mondbeschienenen Hochgebirgslandschaft, und können uns nicht sattsehen daran." Diesen Satz schrieb Auguste Piccard 1931 in sein Tagebuch. In Obergurgl, dem höchstgelegenen Kirchdorf Österreichs, hat die Notlandung des Ballonfahrers auf dem Großen Ferner den Grundstein für den heutigen Tourismus gelegt.

Von Vent aus kann man auf den Spuren von Ötzi zu prähistorischen Kult- und Lagerplätzen wandern. Der Volkskundler und Schriftsteller Hans Haid, bekannt als "alpiner Abraham a Santa Clara", hat das Projekt "archäologische Wanderwege" initiiert.

In der Region des hinteren Ötztals rund um Obergurgl und Vent wurden auf Initiative von Hans Haid im Zuge eines EU-Projektes archäologische Wanderwege angelegt. Schon seit langem war Hans Haid sicher, dass gewisse Wege und Steige schon seit Jahrtausenden von Menschen als Nord-Südverbindung vom Ötztal nach Südtirol ins Schnalstal benützt wurden.

Durch den Fund von "Ötzi" im Jahr 1991 erlangte nicht nur er Gewissheit, dass das Ötztal ein rege frequentiertes Durchzugstal war, sondern auch frühgeschichtlichen Menschen als Siedlungsgebiet diente. Zahlreiche Funde belegen dies auch.

Zuhause im Roale

Ausgangspunkt der Wanderung mit Hans Haid ist der Hof Roale in Heiligkreuz an der Venter Ache. Der Ötztaler Volkskundler und Schriftsteller bewohnt diesen aus dem Spätmittelalter stammenden Bauernhof schon seit Jahren, hat das an den Steilhang gedrängte Gebäude vorbildlich revitalisiert und vor dem Verfall gerettet. Ein paar Schafe, Ziegen, zwei Hunde und Katzen sind neben Sohn, Schwiegertochter und Enkel seine Mitbewohner.

Alpenländischer Prediger
In der Stube unter dem Dach, in der die Pendeluhr laut tickt, verfasst Hans Haid unzählige Schriften, Eingaben, Proteste, Leserbriefe und E-Mails gegen die touristische Ausbeutung seiner Tiroler Heimat. Er gilt als Warner und Nestbeschmutzer. Seine Aktivitäten haben ihm den Spitznamen "alpiner Abraham a Santa Clara" eingebracht.

Für Felix Mitterer ist er ein aufrechter Polemiker gegen die Heuschreckenplage Tourismus. Tatsächlich spricht er sich massiv gegen jede weitere Erschließung der Tiroler Gletscher und Berge aus. Zu sehr hat seiner Meinung nach die Natur schon Schaden genommen. Zu obrigkeitshörig sind die Bewohner des Tales, meint er, und macht sich damit nicht nur Freunde.

Feuchte Klangkulisse
Ein tiefes Tal hat sich die Venter Ache in den felsigen Untergrund gezwängt. Ihr Tosen ist auch dann noch zu hören, wenn man die Serpentinen durch die satten Wiesenhänge hinaufgestiegen ist und längst keine Sicht mehr auf den gewaltigen Gebirgsbach hat. Das Tosen des Wassers und das Glockengeläute der Schafe, die alljährlich im Sommer vom Südtiroler Schnalstal herauf getrieben werden und sich bis in den Sommer hinein von den besten Alpenkräuter und Blumen ernähren, das sind die allgegenwärtigen Geräusche im Gebirge, eine ganz besondere Musik.

Beim hohlen Stein
Eine dreiseitige Stele aus Kupfer mit Hinweistafel, auf der sämtliche Angaben in geraffter Form zu lesen sind, zeichnet diesen Ort als eine besonders wichtige Fundstelle aus. So kann sich jeder Wanderer individuell durchs Gebirge bewegen und dennoch von der frühgeschichtlichen Bedeutung dieses Ortes erfahren.

Der Wanderer kann sich zudem mit Hilfe einer handlichen Mappe mit Wegbeschreibungen, Panorma-Karten, Höhenprofile und Texten auf diesen uralten Wegen der Hirten und Jäger, entlang derer wichtige frühgeschichtliche Funde gemacht wurden, fortbewegen: inmitten einer prachtvollen Berglandschaft aus Felsen, Latschen und Gebirgsblumen.

Die Gletscherwelt des Similaun
Plötzlich öffnet sich das Tal und gibt den Blick frei auf den legendären Similaun, auf jenen Berg, der seit jeher die Phantasie der Menschen beschäftigt hat. Unzählige Geschichten und Sagen ranken sich um den Gletscher. Etliche davon hat Hans Haid gesammelt und niedergeschrieben.

Rätsel im Gebirge
Der Weg führt nach anfänglich beträchtlicher Steigung relativ sanft weiter durch ein weites Hochtal. Vieles wurde leider im Zuge des Wegbaus zerstört, bedauert Hans Haid. Viele Rätsel um die frühgeschichtlichen Fundorte in den Ötztaler Alpen sind noch nicht gelöst, wie etwa das um den 70cm hohen steinernen Menhir mit Widderkopf. Diese Geheimnisse des Gebirges, meint Hans Haid, gilt es eigentlich zu bewahren.

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