Nachruf auf einen Außerordentlichen

Louis Thomas Hardin

Louis Thomas Hardin war ein Musik-Nomade besonderer Art. Was sein Leben so abenteuerlich werden ließ, war seine Liebe zur Straßenmusik. Sein Song "Bird's Lament" war Signation der TV-Sendung "Trailer". Frank Hoffmann würdigt den Außerordentlichen.

Moondog: "Bird's Lament"

Es ist mittlerweile gute 13 Jahre her, dass die letzte "Trailer"-Sendung im ORF-TV ausgestrahlt wurde und damit ebenso lange, dass die unverwechselbare Klangfolge der Signation zu hören war. Ich denke, es spricht weder gegen die Qualität der Trailer-Sendung noch gegen die der Signation, dass ich auch im Jahr 2008 noch immer mehrmals pro Woche darauf angesprochen werde und um Auskunft über Titel und Komponisten gebeten werde.

Louis Thomas Hardin alias Moondog war ein Musik-Nomade besonderer Art, mehrmals totgesagt aber immer wieder auferstanden, bis er 1999 im westfälischen Münster an Herzversagen gestorben ist.

Unfall kostete Augenlicht

Aber schön der Reihe nach: Louis Thomas Hardin wurde am 26. Mai 1916 in Maryville/Kansas geboren. Im Alter von 17 Jahren hantierte er in jugendlichem Übermut mit Sprengstoff, der ihn das Augenlicht kostete. Auf einer Blindenschule in Iowa erhielt er seine musikalische Grundausbildung und damit war sein Lebensweg vorgezeichnet. Nach dem Studium von Kompositions- und Harmonielehre und der gleichzeitigen Ausbildung an mehreren Instrumenten wie Violine, Piano und Schlagwerk begann er mit seinen ersten kompositorischen Fingerübungen.

Was sein Leben so abenteuerlich werden ließ, war seine Liebe zu Straßenmusik, der er ab 1943 in New York City frönte. Bald war er so etwas wie eine Sehens- und Hörenswürdigkeit in Manhattan und das ging sogar soweit, dass das Hilton-Hotel in einer seiner PR-Broschüren seine Adresse mit "gegenüber von Moondog" angab, denn der pflegte an der Ecke von sechster Avenue und 54. Straße aufzuspielen.

Viele prominente Bewunderer

Doch eines Tages war er von dort verschwunden, was einige seiner Bewunderer - wie zum Beispiel Paul Simon - zu öffentlichen Nachrufen bewegte. Moondog - so nannte sich Louis Hardin mittlerweile in Anlehnung an seinen treuen Blindenhund, der, ganz klassisch, den Vollmond anzubellen pflegte - interessierte mittlerweile auf Grund seiner klassischen Kompositionswerke auch Dirigenten wie Arturo Tascanini, Igor Strawinski und Leonhard Bernstein.

1974 geleitete ihn ein Freund, der Organist Paul Jordan, nach Frankfurt, wo er vom Hessischen Rundfunk zur Aufführung von zweien seiner Orchesterwerke eingeladen und von Publikum und Presse überschwänglich gefeiert wurde. Danach blieb er gleich einmal in der Bundesrepublik und war auch dort mit seinen Instrumenten in den Straßen mehrerer deutscher Großstädte zu finden, wo er - wie schon früher in New York City - in einer Wikinger-ähnlichen Bekleidung auftrat, die ihm in Kombination mit wallendem Langhaar und ebensolchem Vollbart das Erscheinungsbild eines "Lieben Gottes" aus dem Märchenbuch verlieh.

Orchester- und Ballettmusik
Dort wurde er schließlich von einer jungen deutschen Studentin entdeckt, die ihn fortan beherbergte und in ihre Obhut nahm. Es folgte eine Zeit intensiver kompositorischer Aktivitäten für mehrere Orchester und eine Ballettmusik, die vom American Ballett Theatre unter anderem in der New Yorker Metroplitan Opera aufgeführt wurde.

1999 starb Moondog, wie schon erwähnt, in Münster/Westfalen. Obwohl seine musikalische Hinterlassenschaft nicht immer so swingend ist wie die "Trailer"-Signation, möchte ich diesem außergewöhnlichen Musiker, mit dem ich leider nie persönlich bekannt wurde, der mein Leben aber doch immerhin über 20 "Trailer"-Jahre lang begleitet hat, in der Ö1-Jazznacht gedenken.

Hör-Tipp
Die Österreich 1 Jazznacht, Samstag, 1. März 2008, 23:35 Uhr

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Link
Moondog's Corner