Karajan-Ausstellung in der Leica-Galerie

Karajans Posen

Salzburg feiert den 100. Geburtstag von Herbert von Karajan. Offizielle Ausstellung wird es allerdings keine geben. Doch Fotos des bekannten Fotografen Erich Lessing von Herbert von Karajan kann man nun in der neu eröffneten Leica-Galerie sehen.

Erich Lessing über Karajan und die Leica

Mitte der 1950er Jahre hat Erich Lessing für ein amerikanisches Magazin eine Reportage über Herbert von Karajan gemacht. Der Dirigent hatte versucht, trotz Nazi-Vergangenheit wieder in den USA Fuß zu fassen.

Die Zusammenarbeit mit Karajan werde schwierig sein, wurde Erich Lessing angekündigt: "Er hat gerade einen Fotografen geohrfeigt. In Wien, im Toscanini-Hof", wurde Lessing erzählt. "Was war los? Karajan ging gerade durch den Gang zur Felsenreitschule, da hat sich irgendjemand vor ihn hingestellt und hat ihn angeblitzt. Hab ich gesagt: Naja, wenn ich der Angeblitzte gewesen wäre, hätte ich dem Fotografen auch eine geschmiert. Denn wenn ich als Dirigent in völliger Konzentration zum Konzert gehe und er haut mir einen Blitz in die Augen, werde ich auch ein bisschen ausfällig."

Karajans Posen

Weil Karajan offenbar wusste, dass er sich auf Lessing verlassen konnte, ließ er sich keine Bilder vorlegen. Aber er nutzte die Anwesenheit des Fotografen, um sich in Szene zu setzen: "Mit Frank-Sinatra-Hut und in der Frank-Sinatra-Pose. Er wusste genau, wo ich gestanden bin mit der Kamera. Und da hat er die Pose eingenommen. Er ist nicht sehr oft von der Balustrade in der Felsenreitschule runtergesprungen. Aber er hat genau gesehen, wo ich stehe mit der Kamera. Und in dem Moment, wo ich die Kamera hatte, springt er runter. Das war, als ob wir es geprobt hätten."

Und so konnte Erich Lessing viele jener Fotos machen, die das Jet-Set-Image von Karajan begründet haben. Karajan in schnittigen Autos, im Boot und Flugzeug, Karajan im ungezwungenen Gespräch mit Künstlern oder ganz leger auf der Probe im legendären Rollkragenpullover oder mit offenem Hemdkragen. Allerdings: Tatsächlich nahe gekommen war Erich Lessing dem Musiker nicht: "Karajan war für mich eigentlich ein völlig autistischer Mensch. Völlig in seine Musik versunken. Wir haben in den paar Wochen, die ich ihn gesehen habe, vielleicht außer 'guten morgen', oder 'auf wiederschaun' oder 'ich komm nächste Woche wieder' kein Wort gewechselt."

Emigration nach Palästina

Erich Lessing wurde 1923 in Wien geboren, im Dezember 1939 konnte er noch nach Palästina auswandern, wo er Radiotechnik lernte, als Karpfenzüchter und Taxifahrer arbeitete, bis er schließlich zur Fotografie fand. 1947 kehrte er nach Österreich zurück, seit 1951 ist er Mitglied der Fotografen-Kooperative Magnum, seine Reportagen erschienen in großen Magazinen.

Legendäre Fotos vom Ungarn-Aufstand

Die Bilder vom Ungarnaufstand 1956 oder vom Leben in 1960er Jahren sind Teil unseres visuellen Gedächtnisses. Fotografiert hat er mit einer Leica.

Was kein Bekenntnis zu einer Marke ist, denn Leica sei keine Kamera, sondern ein Synonym für die neue Fotografie, so Lessing: "Die Bilder, die sie alle kennen, zu Ikonen geworden sind - Erich Salomon unter dem Tisch bei der Außenministerkonferenz in Locarno - kriecht unterm Tisch hervor und der französische Außenminister sagt: Aha, schon wieder der Herr Salomon mit seiner Leica. Das gab es vorher nicht, da hatten sie die Großbildkamera, da ist eine Wolke von Magnesiumdampf aufgestiegen, dass sie überhaupt etwas gesehen haben. Seit Leica gibt es die intime Fotografie. Die intime Möglichkeit, nahe heranzugehen, mit wenig Licht eine Szene darzustellen."

Digitalfotografie gefährdet Bildgedächtnis

Der digitalen Fotografie steht Erich Lessing nicht ablehnend gegenüber, aber er fürchtet, dass das Bildgedächtnis einer ganzen Epoche verschwinden werde: "Auch wenn aufgehoben wird auf der Festplatte, sind wir nicht sicher, ob das Bild in zehn oder 15 Jahren noch vorhanden ist und nicht schon seine Qualität verloren haben wird. Vielleicht in zehn Jahren wird der Digitalchip dieselbe Qualität haben wie der analoge Film. Vorläufig ist das noch nicht sicher. Das heißt, wir beginnen jetzt in der Zeit eines Dokumentations-Notastands zu leben. Wenn in 50 Jahren jemand bildmäßig unsere Zeit nachvollziehen will, wird er größere Schwierigkeiten haben, außer vielleicht im Archiv in der Zeitung sieben oder acht oder zehn publizierte Bilder zu finden."

Seine eigenen Aufnahmen hat Erich Lessing in einem Archiv mit mehr als 40.000 Farbdias gesammelt. Stichworte in mehreren Sprachen erlauben Agenturen den Zugriff. Online und weltweit.

Buchpräsentation

Die Fotos zu Herbert von Karajan sind in der Leica-Galerie am Mirabellplatz 8 in Salzburg zu sehen. Im Fotohof in Salzburg Nonntal sind Vintage-Prints aus den 1950er und 1960er Jahren von Erich Lessing ausgestellt. Am Donnerstag um 17:00 Uhr wird in der Leica-Galerie der Fotoband zu Herbert von Karajan präsentiert.

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