Satire auf die Glückssehnsucht

Die Hunde fliegen tief

Der 1966 geborene bulgarische Autor Alek Popov gilt als einer der erfolgreichsten Schriftsteller seiner Heimat. Mit Vorliebe widmet er sich den kleinen Schwächen seiner Landsleute. Popovs zweites Buch "Die Hunde fliegen tief" spielt in den USA.

Mit einer schwarzen Schachtel voll Asche beginnt Alek Popovs neuer Roman. Nicht viel mehr ist den beiden ungleichen Brüdern von ihrem Vater, der nach Amerika ausgewandert ist, geblieben.

Ich kann nicht glauben, dass sich mein Vater in der schwarzen Plastikschachtel befinden soll, die uns soeben vom Zollamt zugestellt worden ist. Es kann nicht sein.

Autobiografische Bezüge

Handelt es sich bei der Asche aber wirklich um die sterblichen Überreste des genialen Mathematikers? Diese Frage lässt Ned und Ango nicht los. Und so machen sie sich auf die Suche nach dem Vater.

"Auch ich habe meinen Vater verloren und seine Asche in einer schwarzen Schachtel - das ist der Originaltitel des Romans - geschickt bekommen", erklärt Popv autobiografische Bezüge des Romans. Auch sonst hat Alek Popov in seinem neuen Roman viele eigene Erfahrungen verarbeitet. Sein Bruder ist erfolgreicher Unternehmensberater - so wie die Romanfigur Ned. Und ist er selbst dann Ango, der erfolglose Bruder, der sich im Roman mit allerlei Jobs über Wasser halten muss?

Ja, sagt Alek Popov, so habe er das immer gesehen. Aber die Frage sei doch, was man unter Erfolg verstehe: "Letztlich sind es nur Etiketten, die am Anfang des Romans auf die Protagonisten aufgeklebt werden", meint Popov, "Etiketten, die die Gesellschaft gerne vergibt. Aber der Roman entwickelt sich so, dass die Klischees in ihren Grundfesten erschüttert werden und der erfolgreiche doch gar nicht so erfolgreich ist, und der, der keinen Erfolg hat, am Ende doch kein Versager ist. Die Frage, die dieser Roman stellt ist also: Was ist Erfolg?"

Überall die gleichen Stereotypen

Für Ned, den gut situierten Unternehmensberater, gibt es nur zwei Sorten von Bulgaren: die, die es im Ausland geschafft haben und die, die zuhause blieben.

Objektiv betrachtet fehlt es mir an nichts. Offiziell findet man mich in der Rubrik: erfolgreiche Bulgaren außer Landes: E.B.A.L. Inoffiziell liegen die Dinge allerdings ein wenig anders: Glücklich bin ich definitiv nicht, und auch nicht sonderlich zufrieden. Mir bleibt der Trost, dass ich ein E.B.A.L. bin. Was leider nicht reicht. Zum Leben braucht man etwas mehr als den Neid der B.V.I.L.: der beschissenen Versager im Lande.

"Dieses Verhalten ist nicht typisch bulgarisch", meint Popov, "auch im Westen werden die gleichen Stereotypen angewandt. In Bulgarien lässt es sich nur deutlicher erkennen, weil die sozialen Unterschiede so enorm sind. Da fällt es mehr ins Auge."

Suche nach der eigenen Identität

Weil der Unternehmensberater Ned einen wichtigen Auftrag in den Sand gesetzt hat, wird er strafweise nach Bulgarien versetzt. Und hat enorme Probleme, sich in seiner alten Heimat zurecht zu finden. Ango hingegen fährt mit einem alten Auto durch die Vereinigten Staaten, immer auf der Suche nach Spuren seines verstorbenen Vaters. Neben der Frage nach dem Erfolg im Leben ist das die zweite große Linie, die den Text durchzieht. Die Suche nach der eigenen Identität.

"Als ich den Roman zu schreiben begonnen habe, hatte ich diese Idee im Hinterkopf", erzählt Popov. "Ich wollte das Erwachsenwerden beschreiben - nicht so sehr das Suchen des Vaters, sondern das Abschütteln des Vaters. Es ist kein Zufall, dass sich die beiden erst in dem Moment vom Patriarchen befreien können, als sie ihn endlich finden. Das ist die Dialektik dieses Buches."

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"Das Buch der Woche" ist eine Aktion von Ö1 und Die Presse.

Hör-Tipps
Kulturjournal, Freitag, 28. März 2008, 16:30 Uhr

Ex libris, Sonntag, 30. März 2008, 18:15 Uhr

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Buch-Tipp
Alek Popov, "Die Hunde fliegen tief", aus dem Bulgarischen übersetzt von Alexander Sitzmann, Residenz Verlag