Land der 1.000 Buddhas
Tibet
Die bizarr und manchmal auch grotesk anmutenden Bilder und Gestalten des tibetischen Buddhismus führten dazu, dass man im Westen diesen Zweig des Buddhismus als eine esoterische Verirrung des Buddhismus abwertete.
8. April 2017, 21:58
Die Volksrepublik China hat Tibet seit 1950 besetzt. In dem 17-Punkte-Abkommen von 1951 wurde den Tibetern politische Autonomie garantierte, weiters der Erhalt ihres politischen Systems; Religionsfreiheit wurde garantiert, ebenso die Erhaltung der Klöster, die Förderung der tibetischen Sprache und der tibetischen Wirtschaft. Dieses Abkommen, so sagte der Dalai Lama in einer Pressekonferenz in Österreich im Herbst 2007, wurde von der Volksrepublik China nicht eingehalten. Heute sind Tibeter in ihrem eigenen Land Bürger zweiter Klasse. Viele Tibeter meinen, dass jetzt die letzte Chance für eine Bewahrung ihrer Kultur sei.
Mythos Tibet
Der Mythos Tibet entstand Ende des 18. Jahrhunderts, in der Zeit der Aufklärung. Es entstanden zwei Tibet-Bilder - ein positives und ein negatives.
"Als Lamaismus wurde der tibetische Buddhismus zum Prototypen eines völlig degenerierten Buddhismus, der weit entfernt von der reinen, rationalen Lehre des Buddha war. Zum anderen aber setzte hier eine Mystifizierung des Landes als Ursprungsort aller Religionen ein. Später floss dieses Bild in die Vorstellung eines "mystischen, spirituellen Ostens" ein, der dem "materialistischen und rationalen Westen die fehlende Weisheit und Spiritualität bringen könnte." So schreibt Karénina Kollmann-Paulenz in ihrer im C.H.Beck Verlag erschienenen "Kleine Geschichte Tibets".
Erben des indischen Buddhismus
Im tibetischen Buddhismus sind die Schriften und Methoden von allen großen buddhistischen Richtungen oder Fahrzeugen gesammelt und systematisiert. Der tibetische Kanon heiliger Bücher umfasst die Lehrreden Buddhas, die Mönchsregeln, philosophische Abhandlungen, ebenso Lehrtexte, die später in Indien entstanden - die Texte des Mahayana-Buddhismus und des tantrischen Buddhismus. Darüber hinaus gibt es eine riesige Sammlung aller Abhandlungen und Kommentare zur buddhistischen Lehre, die vor 1959, vor der Annexion Tibets durch die Chinesen verfügbar war.
Der Dalai Lama selbst sieht sich vor allem als Humanist. Liebe und Mitgefühl sind für ein gutes Zusammenleben unerlässlich, sagt er. Wenn wir uns nicht um unsere Emotionen kümmern, zerstört dies das körperliche und geistige Wohlbefinden und wir leiden. Um einen ruhigen, stillen, mitfühlenden Geist zu erhalten, ist ein wesentlicher Faktor die Liebe und das Mitgefühl, das wir von unserer Mutter gelernt haben - nicht von der Religion. Der Buddhismus kam erst viel später.
Tibetische Medizin - ein Menschheitserbe
Der Überlieferung nach ließ König Trisong Detsen im 9. Jahrhundert gelehrte Ärzte nach Lhasa zu einer Konferenz bringen - chinesische Ärzte, indische Ärzte, aber auch arabische und persische Ärzte, die nach der antiken griechische Medizin-Tradition ausgebildet waren. Diese internationale Ärzte-Konferenz begründete die tibetische Medizin, die heute im Westen sehr geschätzt wird.
Mehr zu Tibet in oe1.ORF.at
Hör-Tipp
Logos, Samstag, 12. April 2008, 19:05 Uhr
Buch-Tipp
"Tibet - Die Geschichte meines Landes. Der Dalai Lama im Gespräch mit Thomas Laird", Scherz Verlag
Donald Lopez, Dalai Lama, "Der Weg des Tibetischen Buddhismus", Herder
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tibet.at