Auf der Suche nach Kohärenz

Europäische Hühner in Afrika

Entwicklungspolitik hat das Ziel zu der Schaffung menschenwürdiger Lebensverhältnisse beizutragen. Während die EU über die Entwicklungspolitik versucht, Menschen in Afrika aus der Armut zu helfen, trägt die Wirtschaftspolitik der EU zur Verarmung bei.

Ob Hühnerteile oder andere Fleisch- und Agrarprodukte: Viele Exporte aus der EU nach Westafrika zerstören nicht nur die dortigen lokalen Märkte. Sie machen auch die Bemühungen der Entwicklungspolitik zunichte, der lokalen Bevölkerung - und insbesondere auch den Frauen - Einkommen zu verschaffen und ihnen aus der Armut zu helfen.

Kohärenz lautet daher heute die Forderung, dass heißt, eine sinnvolle Abstimmung verschiedener Politikbereiche, etwa in der Entwicklungs- und in der Wirtschaftspolitik, damit sie einander nicht widersprechen und zuwider laufen.

Die Millenniumsziele

Diese Kohärenz wurde bereits 1992 in den Maastricht-Verträgen der EU verankert, dann aber vergessen. Erst mit der Verabschiedung der Millenniums-Entwicklungsziele durch die UNO im Jahr 2000 hat man sich innerhalb der EU wieder der Kohärenz entsonnen.

Zu den vorrangigen Millenniums-Zielen gehört die Bekämpfung von extremer Armut und Hunger. So soll bis zum Jahr 2015 die Zahl jener Menschen, die mit weniger als ein US-Dollar am Tag das Auslangen finden müssen, halbiert haben.

Weitere Ziele sind die Reduzierung der Kindersterblichkeit, die Primarschulbildung für alle Jungen und Mädchen,
sowie der Aufbau einer globalen Entwicklungspartnerschaft.

Theorie und Praxis

In wichtigen Grundsatzdokumenten der EU wird die entwicklungspolitische Kohärenz seit 2005 berücksichtigt. 2006 wurde der so genannte "Europäische Konsens über die Entwicklungspolitik" angenommen.

Insgesamt steht es um die Verwirklichung der Kohärenz aber nicht sehr gut. Dies belegt der im September 2007 veröffentlichte erste Fortschrittsbericht der EU-Kommission. Die Entwicklungspolitik hat in der Praxis nicht den Stellenwert, der ihr in Grundsatzerklärungen bisweilen zuerkannt wird. Im Zweifelsfall obsiegen andere Interessen.

Biotreibstoffe gefährden Nahrungsgrundlagen

Ein aktueller Streitpunkt sind die geplanten Wirtschaftpartnerschaftsabkommen (EPAs) zwischen der EU und mehr als 70 Staaten in Afrika, der Karibik und im Pazifik. Europäische und afrikanische Vertreter und Vertreterinnen der Zivilgesellschaft und auch Wissenschafter betonen, dass die EPAs verheerende Auswirkungen auf die Länder des Südens haben werden und den Zielsetzungen der Entwicklungspolitik widersprechen. Denn Länder, die die EPAs abschließen, müssen ihre Märkte weiter öffnen und ihre Zölle radikal senken. Zölle sind aber für manche westafrikanische Länder die wichtigste Einnahme für die Staatskassen.

Mit ihrer Förderung der Liberalisierung der Märkte arbeitet die EU - und arbeiten auch die USA - weiterhin den Zielen der Entwicklungspolitik zuwider. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Millenniumsziele erreicht werden Die Armut droht nun sogar wieder anzuwachsen.

Anfang April warnten UNO- Experten: Der Beschluss der USA und der EU, den Einsatz von Biotreibstoffen zu fördern, könnte die Nahrungsgrundlagen weltweit gefährden. Denn in großen Agrarländern würden statt Nahrungsmitteln immer mehr Pflanzen für alternative Treibstoffe angebaut. Um kohärent zu sein, müsste die EU sicherstellen, dass ihr Eintreten für Biotreibstoffe nicht die Nahrungssicherheit in armen Ländern des Südens gefährdet.

Sevice

Buch, Francisco Mari, Rudolph Buntzel, "Das globale Huhn. Hühnerbrust und Chicken Wings. Wer isst den Rest?", Brandes & Apsel 2007

Österreichische Forschungsstiftung für internationale Entwicklung

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