Die Sammlung der Universitätssternwarte
Die Bibliothek der Astronomie
Die Universitätssternwarte Wien verfügt über eine Sammlung von mehr als 500 historischen Druckschriften. 200 davon stammen aus dem 15. bis 17. Jahrhundert. Rechtzeitig zum 125-jährigen Bestehen der Sternwarte stehen sie nun im Internet zur Verfügung.
8. April 2017, 21:58
Die umfangreiche Bibliothek der Universitätssternwarte Wien ist der regen Sammlertätigkeit der Jesuiten zu verdanken. Der erste Direktor, Maximilian Hell, war Jesuitenpater. Er wurde durch eine große Expedition bekannt, bei der ein Venus Transit beobachtet wurde.
Beim Vorübergang der Venus vor die Sonne konnte der Abstand zwischen der Erde und der Sonne bestimmt und somit eine der drängendsten wissenschaftlichen Fragen des 18. Jahrhunderts gelöst werden. Die Reisetagebücher Hells sind heute ein seltenes, authentisches Dokument, erklärt der Astronom Franz Kerschbaum.
Zeitalter der Expeditionen
Im 18. Jahrhundert wurden zahlreiche Expeditionen gestartet. Wie man in den alten Büchern sieht, rankten sich zahlreiche Theorien um die Gestalt der Erde. Newton ging davon aus, dass die Erde durch die Rotation an den Polen abgeplattet sein muss. Rene Descartes allerdings vertrat hingegen die Theorie, dass die Erde aufgrund eines Materiewirbels am Äquator flach sein muss.
Um die Kontroverse zu beseitigen, wurden ebenfalls Expeditionen losgeschickt: Das Messergebnis war eindeutig: die Erde ist an den Polen abgeplattet. Damit war eine weitere der großen Diskussionen des 18. Jahrhunderts beendet.
Die Größen des 18. Jahrhunderts
In der Bibliothek der Universitätssternwarte finden sich Werke der Größen des 18. Jahrhunderts: Isaac Newton, Christiaan Huygens, Jacques Cassini, Johann Heinrich Schroeter, Carl Friedrich Gauß, Wilhelm Herschel, aber auch von Philosophen wie Francis Bacon.
William Herschel wurde schlagartig berühmt, als er 1781 den Uranus entdeckte. In Zusammenhang mit William Herschel steht auch eine weitere Besonderheit: das Werk einer Frau, von Herschels Schwester Caroline. Sie ergänzte und korrigierte einen Katalog von Fixsternen des englischen Astronomen John Flamsteed. Für die Seriosität des Werkes musste allerdings William mit einem Vorwort bürgen.
Ein verändertes Weltbild
Der Astronom Thomas Posch ist auf die frühesten Druckwerke zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert spezialisiert. Lange vor der Gründung der Universitätssternwarte gab es in Wien schon eine Schule der Astronomie: Johannes von Gmunden, Georg von Peuerbach und Regiomontanus. Nikolaus Kopernikus studierte diese Werk nicht nur gründlich, er nahm sie als Grundlage für seine eigene Arbeit, die das Weltbild radikal verändert sollte.
Für die Jesuiten ein Schock, wie man noch heute anhand von Kritzeleien in den alten Büchern nachvollziehen kann. Führen sie doch die Bibel als Beweis an, dass die Sonne keinesfalls im Mittelpunkt des Planetensystems stehen könne. Das besondere an der Sammlung der Universitätssternwarte ist eben, dass es sich um eine Gebrauchssammlung handelt. Die Bücher wurden von Anfang an für die wissenschaftliche Arbeit verwendet. Es gibt viele Ergänzungen, Notizen, aber leider auch Beschädigungen.
Kommunikation per Gedankenaustausch
Da so wenig über die Planeten bekannt war, entwickelten einige Astronomen auch noch im 18. Jahrhundert Ideen darüber, wie das Leben auf anderen Planeten aussehen könnte. Das war vermutlich die erste Science Fiction Literatur.
Emanuel Swedenborg zum Beispiel schreibt, dass er mit den Bewohnern des Planeten Merkur geredet hätte - per Gedankenaustausch versteht sich - und später auch noch mit Marsianern, Bewohnern des Jupiter oder der Venus parliert hätte. Kein geringerer als Immanuel Kant kritisierte Swedenborgs Buch als "Träume eines Geistersehers".
Hör-Tipp
Dimensionen, Montag, 21. April 2008, 19:05 Uhr
Buch-Tipps
Franz Kerschbaum/Thomas Posch, "Der historische Buchbestand der Universitätssternwarte Wien. Teil 1: 15.-17. Jahrhundert", Verlag Peter Lang
Karin Lackner/Isolde Müller/Franz Kerschbaum, Thomas Posch, "Der historische Buchbestand der Universitätssternwarte Wien. Teil 2: 18. Jahrhundert",Verlag Peter Lang
Links
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