Zum 500. Geburtstag des Dichters Marin Drzic

Der Shakespeare Kroatiens

Im Jahr 1508 wurde im kroatischen Dubrovnik der vielleicht beste und bekannteste Theaterautor der Südslawen, Marin Drzic, geboren. Zu Unrecht ist sein Werk außerhalb Kroatiens weitgehend unbekannt. Doch aus dem internationalen Marin-Drzic-Jahr ist nichts geworden.

Der kroatische Renaissancedichter und Dramatiker Marin Drzic (1508-1567) genoss in Kroatien den Status, den William Shakespeare in der englischsprachigen Welt hat. 2008 ist in seinem Heimatland Kroatien angesichts der 500. Wiederkehr seines Geburtstags vom kroatischen Parlament (Sabor) das Marin-Drzic-Jahr ausgerufen worden. Das Konterfei des Dichters soll eine Briefmarke und eine Goldmünze zieren.

Es gibt kein Kind in Kroatien, das in seinen Schuljahren nichts über Drzic erfahren hätte. Der im Dubrovnik geborene Dichter hat Gedichte, Pastoralen, politische Schriften und Pamphlete verfasst. Sein Ruhm und seine Bedeutung verdankt sich aber seinen Komödien. Zu den bekanntesten und besten seiner Stücke gehören "Vater Marojes Dukaten", "Der Geizhals" sowie "Die Geschichte von Stanac und Tirena". Theaterkenner stellen ihn in eine Reihe mit Lope de Vega, Ben Jonson und Molière.

Seine Stücke bilden das Hauptprogramm der Dubrovniker Sommerfestspiele. In den prächtigen Kulissen der Altstadt Dubrovnik kommen seine bildhaften Figuren am besten zur Geltung. Sie sind bis heute eine Herausforderung für die besten Regisseure und Schauspieler geblieben.

Theater und Politik

In den späten 1960er Jahren war Jugoslawien als Modellstaat der Arbeiterselbstverwaltung in der linken Szene hoch geschätzt und so hat Marin Drzic seine Publikum auch außerhalb Jugoslawiens in Theatern auf der ganzen Welt gefunden. Die besten Regisseure aus Jugoslawien konnten so - Drzic sei Dank - ihre Karrieren ins Ausland erweitern. Sei es, dass seine Sujets und Figuren für das Publikum doch zu regional waren, sei es, dass seine reiche und schöne kroatische Sprache mit ihrer starken Dubrovniker Klangfärbung in ihren Übersetzungen doch zuviel von ihrer Ausdruckskraft verliert - das internationale Interesse für Drzic hat sich in Grenzen gehalten.

Als Meister der Sprache hat Drzic allen seinen Theaterfiguren charakteristische Sprachmerkmale gegeben, aber in den Übersetzungen ist dieses sublime Erkennungsmerkmal ausgeblendet geblieben.

Der Höhepunkt der Drzic-Rezeption jedenfalls ist längst überschritten. Der Zerfall Jugoslawiens in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat andere alte wie zeitgenössische Autoren in den Blick gerückt, durch deren Sicht man literarisch die Ursachen der grausamen Geschehnisse zu erklären versuchte. Für Marin Drizic, diesen hedonistischen Renaissancedichter mit seinen lebenslustigen und frivolen Figuren des Frühkapitalismus war in diesem Zusammenhang kein Platz.

Knolle statt Dichtkunst
Aus dem Versuch, 2008 zu einem weltweiten Marin-Drzic-Jahr zu machen, ist letztlich nichts geworden, obwohl zum Beispiel die Vereinten Nationen für heuer doch selbst ein "Internationales Jahr des Erdapfels” auszurufen vermocht haben. In Kroatien scheint man sich mehr um Fußballer und andere erfolgreiche Sportler zu kümmern, als um verblichene Renaissancemenschen.

Wie im Falle Shakespeares ist über Drzics Leben nicht allzu viel Verbrieftes bekannt. Dass er in Wien mit einem "abenteuerlichen Grafen" Rogendorf verkehrte, ist bekannt. Auch dass Drzic und dieser Christoph von Rogendorf gemeinsam nach Konstantinopel gereist sind, weiß man, was sie dort gemacht und erlebt haben, schon wieder nicht.

Dennoch wurde sein Leben in Kroatien letztlich einige Male verfilmt und zumindest in diesem Jahr sollten alle kroatischen Bühnen seine Stücke spielen. Zahlreiche Veranstaltungen werden seinem Werk und seinem Leben gewidmet sein. Aus dem Schatten Fußball spielender Landsleute wird Marin Drizic wohl auch im Jahr 500 nach seiner Geburt nicht treten.