Ex-Sängerknabe macht Weltkarriere

Der Wiener Bariton Georg Nigl

Er ist aus dem zeitgenössischen Musikleben nicht mehr wegzudenken. Bei 27 Opern aus dem 20. und 21. Jahrhundert hat der 36-jährige Bariton mitgewirkt. Namhafte Musikschaffende wie Cerha, Haas oder Olga Neuwirth haben für Georg Nigl geschrieben.

Die Laufbahn von Georg Nigl ist bemerkenswert. Vergangenen August feierte der 36-jährige Sänger sein 25-jähriges Bühnenjubiläum. Der lyrische Bariton hat nämlich seine Laufbahn als Solosopran bei den Wiener Sängerknaben begonnen.

"Damals in dieser geschützten Atmosphäre konnte ich an meinen Aufgaben wachsen", so Nigl. Mit zehn Jahren durfte er mit Größen wie Kleiber und Bernstein arbeiten. Sein letztes Konzert als Sopran sang er vor 2.000 Leuten.

Alte Musik

Nach dem Stimmbruch studierte Georg Nigl an der Wiener Musikuniversität Gesang bei Hilde Zadek. Sein erstes großes Engagement als Bariton führte zur künstlerischen Zusammenarbeit mit Nikolaus Harnoncourt.

"Er hat mich unglaublich beeinflusst", bekennt der Sänger. Wie Harnoncourt versucht auch Georg Nigl bei der Erarbeitung einer Interpretation die Entstehungsumstände des Werks und dessen verschiedenen Bedeutungsebenen in Erfahrung zu bringen.

Zeitgenossen

In den ersten Jahren seiner Laufbahn als Bariton hat sich Georg Nigl auf Alte Musik konzentriert. Er arbeitete unter anderem mit Thomas Hengelbrock, Jordi Savall oder Giovanni Antonini. Doch dann erwachte sein Interesse für Neue Musik.

"Es gibt nichts Schöneres als Komponistinnen und Komponisten kennenzulernen und zu erfahren, wie die an eine Arbeit herangehen. Und es ist auch schön zu wissen, dass man nicht einfach eine Partie umsetzt, die für irgendjemand geschrieben wurde, sondern dass bedeutende Musikschaffende wie Mitterer, Haas, Cerha, Dusapin oder Neuwirth an einen denken, wenn sie etwas komponieren", freut sich Nigl.

Die technischen Anforderungen, die er als Interpret von zeitgenössischer Vokalmusik bewältigen muss, nimmt Georg Nigl mit Gelassenheit. "Es gibt sicherlich Anforderungen, die einen zunächst erschrecken. Aber man kann sich das vorsichtig in die Stimme arbeiten. Es gibt ganz selten Stücke, wo man dann sagen muss: Das geht nicht."

Kunst soll berühren

Georg Nigl beschränkt sich als Sänger nicht ausschließlich auf zeitgenössische Literatur. Die Neue Musik ist aber eine wesentliche Säule in seiner Arbeit: "Ich habe als Sängerknabe sehr lange dieses Empfinden gehabt, ich bin eine kleine goldene Putte, die die Leute beglückt. Das ist zwar ein wichtiger Teil, aber warum haben wir Angst, dass Kunst auch aufrüttelt, dass sie schmerzt? Wenn es mir gelingt, dass Leute - wenn sie meinen Namen lesen - sich denken: oje, das könnte weh tun, dann habe ich vielleicht auch was richtig gemacht."

Berg, Rihm und Dusapin
Ganz und gar nicht abgeschreckt von seinem Namen zeigt sich die Musikszene: Im Februar debütierte er an der Mailänder Scala als "Wozzeck". Bei den diesjährigen Wiener Festwochen wird Georg Nigl den Jakob Lenz in Wolfgang Rihms gleichnamiger Oper singen.

Ende Juni wird der Bariton beim Festival d'Aix-en-Provence die Weltpremiere von Pascal Dusapins Oper "Passion" singen - die Hauptrolle, versteht sich, die der Komponist Georg Nigl auf den Leib geschrieben hat.

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Programm der Wiener Festwochen 2008

Hör-Tipp
Zeit-Ton, Montag, 5. Mai 2008, 23:05 Uhr

CD-Tipp
Wolfgang Mitterer, "Im Sturm", Georg Nigl und Wolfgang Mitterer, col legno, WWE 1CD 20278

Veranstaltungs-Tipp
Wolfgang Rihm, "Jakob Lenz", Premiere: 17. Mai 2008, Folgetermine: 19., 20., 22. Mai 2008, Wiener Festwochen, Halle E im MuseumsQuartier

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