Mailand zu Wasser entdecken

I Navigli

Auf einer Bootsfahrt auf den historischen Kanälen der Stadt, den Navigli, kann man sich ein Bild vom Mailand vergangener Jahrhunderte machen. Die Navigli sind die Reste eines ursprünglich dichten Wassernetzes, die flüssigen Lebensadern von Mailand.

"I Navigli" heißt das älteste geplante Wassernetz einer europäischen Stadt. Die "Navigli" sind jene Kanäle, die die Mailänder seit dem Mittelalter als Transportwege geschaffen haben. Den Namen "Navigli" sollten sich die geschäftstüchtigen Lombarden patentieren lassen, ist er doch eine ganz eigenständige Bezeichnung für die geruhsame Kehrseite der Wirtschaftsmetropole: Mailand zu Wasser.

Der Architekt und Stadtplaner Empio Malara begleitet ein länderübergreifendes, EU-unterstütztes Projekt zur Wiedereröffnung aller Navigli, die die Schweiz mit Mailand und Mailand mit dem Meer verbinden. Malara hat in den letzten Jahren gemeinsam mit Architekturstudenten alle 187 Brücken über die fünf Navigli im Stadtgebiet architektonisch erfasst, und er kennt die alternativen Verkehrsadern wie seine Westentasche: "Mailand hatte keinen großen schiffbaren Fluss, deshalb wurde hier schon sehr früh darüber nachgedacht, wie man denn vom Fluss Tessin einen Kanal in die Stadt hereinführen kann", erzählt er.

Im 13. Jahrhundert baute man den Naviglio Grande, in der Mitte des 15. Jahrhunderts den Naviglio della Martesana. Diese beiden Kanäle wurden verbunden und waren schließlich Angelpunkt für ein System an Wasserwegen, das die beiden großen Seen von Como mit dem Meer verbindet.

Hilfe beim Bau des Doms
Als der Mailänder Dom, zunächst nur aus Ziegeln, mit Marmor verkleidet werden sollte, mussten große, schwere Marmorblöcke in die Stadt gebracht werden, und da boten sich die Navigli als Wasserweg an. Über die Navigli kam Holz aus dem Tessin für die Bauwerke und zur Kohle-Herstellung.

Im Jahr 1819 weihte der österreichische Gouverneur von Mailand das Schleusensystem des "Naviglio di Pavia" ein, eines der größten hydraulischen Werke, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Europa geschaffen wurde. Dreißig Meter Niveauunterschied wurden zwischen dem Hafenbecken von Pavia und dem Fluss mittels der Schleusen überwunden. Der Schleusenbau war eine gewaltige technische Herausforderung, die Jahrhunderte lang Techniker in Mailand in Atem hielt, darunter auch Leonardo da Vinci, der einige Schleusen-Konstruktionsideen einbrachte.

Konkurrenz von der Eisenbahn
Durch die Einigung Italiens im Jahr 1861 wäre ein großes Transportnetz der Binnenschifffahrt ohne Behinderung durch die vielen Grenzen der zuvor existierenden Kleinstaaten möglich gewesen. Die Eisenbahn jedoch garantierte ein schnelleres Vorankommen als die Navigli und so sind die Wasserwege Italiens Schritt für Schritt aus dem Lichte der Aufmerksamkeit verschwunden, erzählt der Naviglio-Experte Empio Malara: "Inzwischen jedoch ist der Straßenverkehr in Mailand dermaßen angewachsen, dass man die Stadt für die Autos sperrt. Die Umweltverschmutzung ist unerträglich hoch, und da besinnt man sich wieder auf die Navigli."

Am großen Hafenbecken von Mailand lockt nach Jahrzehnten des nautischen Ruhestandes nun wieder eine Schiffsanlegestelle als Brückenkopf für das Projekt, das Alessandro Mainardi als Direktor der Gesellschaft "Navigli Lombardi" leitet: "Heute kann man auf den Navigli von der Stadtmitte bis weit aufs Land fahren, die schönsten Schlösser und Parks erkunden und sich nach einem Besuch der Metropole der bezaubernden lombardischen Landschaft widmen!"

Hör-Tipp
Ambiente, Sonntag, 11. Mai 2008, 10:06 Uhr

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