Biokraftstoffe der zweiten Generation

Biofuels

Die Hoffnung, Treibstoffe aus Zucker, Mais oder Weizen könnten uns von der Erdölabhängigkeit befreien, haben sich bislang nicht erfüllt. Bio-Ethanol oder Bio-Diesel klingen zwar grün, sind es aber bei genauerer Betrachtung nicht.

Bio-Ethanol oder Bio-Diesel klingen zwar grün, sind es aber nur bedingt. Sie verschlingen einerseits gewaltige landwirtschaftliche Ressourcen oder führen wie in Brasilien zu dramatischen Umweltproblemen. Andererseits sparen sie zum Teil nur geringe Kohlendioxid-Emissionen ein, weil ihre Herstellung zu viel fossile Energie braucht.

Der Hauptgrund, warum Bioethanol und Biodiesel unter Beschuss stehen, ist aber ein anderer: Die Biotreibstoffe wurden zuletzt für den Hunger in Teilen der Welt verantwortlich gemacht. So soll etwa ein Drittel der US-Maisernte in die Erzeugung von Bio-Ethanol gehen. Global gesehen haben vor allem große Missernten die Preise für Lebensmittel in den letzten Monaten stark verteuert, ebenso Spekulationsgeschäfte.

Aufgrund der drohenden Konkurrenz von Energie- und Lebensmittelerzeugung sind sich Wissenschaft und Politik einig, dass die Biotreibstoffe der ersten Generation - das sind jene, die aus Nahrungsmitteln erzeugt werden - nur eine Übergangslösung darstellen. Der Biosprit der zweiten Generation soll aus nicht-essbaren Quellen kommen.

Biosprit der zweiten Generation

Marc Woldberg vom niederländischen Alkoholhersteller Royal Nedalco präsentierte beispielsweise ein Konzept, Bioethanol nicht direkt aus Getreide, sondern aus dessen Abfallprodukten herzustellen. "In der nahen Zukunft werden wir sogenannte Hemicellulosen nutzen können. Wir denken da an die Fasern aus der Getreideverarbeitung. Wir haben riesige Verarbeitungsanlagen in Europa, dort fallen eine Menge Nebenprodukte mit geringem Wert an. Die könnten wir fürs Erste verwenden, um daraus Bioethanol zu erzeugen. Der zweite Schritt wäre dann, Biomasse zu verwenden, die extra zur Ethanolherstellung angebaut wird, etwa Rutenhirse, eine sehr schnell wachsende Grasart. In ein paar Jahren könnten wir ein Verfahren zur Ethanolherstellung haben."

Jatropha, Palmöl und Algen

Eine Rundum-Erneuerung braucht auch der Bio-Diesel der ersten Generation. Er wird derzeit aus Soja und Palmöl und vor allem aus Raps hergestellt. Der Herstellungsaufwand ist nicht unbeträchtlich: Für drei Liter Biodiesel - er heißt genau genommen Rapsmethylester - muss ein Liter Energie aufgewendet werden. Neue Rohstoffe sind daher gefragt. Einer davon könnte Jatropha sein.

Der giftigen Ölpflanze sagt der Chemiker und Leiter der Arbeitsgruppe Nachwachsende Rohstoffe an der Universität Graz Martin Mittelbach eine große Zukunft voraus, denn Jatropha wird zum Beispiel in Mittelamerika als Feldabgrenzung verwendet und enthält alle Öle, die man zur Biodieselherstellung braucht. Die Pflanze wächst in einem sehr breiten Band, das durch die nördliche und südliche Spitze Afrikas definiert wird, gedeiht auch auf kargen Böden und kommt lange ohne Wasser aus. Die einzige Unsicherheit: Es ist noch nicht klar, wie hoch der Öl-Ertrag ist, den man aus Jatropha gewinnen kann.

Jatropha ist aber nicht die einzige neue Quelle für Biodiesel - einerseits könne man die Palmölproduktion optimieren, so Mittelbach, andererseits gebe es etablierte Verfahren, um aus Tierfett und altem Speiseöl Diesel herzustellen. Und eine weitere Ölquelle aus der Natur scheint sich aufzutun, die nicht sehr offensichtlich ist: Algen.

Kraftstoff aus Biomasse

Mit Sicherheit ein Teil der Zukunft wird das Biomass-to-Liquid-Verfahren sein. Dabei wird Biomasse, zum Beispiel Holz oder Stroh, zuerst verdampft und aus dem gereinigten Gas dann ein synthetischer Kraftstoff hergestellt. Die Automobilindustrie verspricht sich sehr viel von diesen sogenannten BTL-Kraftstoffen.

Das große Plus der Biomasseverflüssigung: sie liefert pro Hektar dreimal so viel Treibstoff wie Biodiesel aus Raps. Und die Stickoxid- und Feinstaubemissionen sind bei synthetischem Diesel aus Biomasse im Vergleich zu fossilem ebenfalls sehr niedrig.

Der Treibstoff aus einer BTL-Anlage könnte aber auch gasförmig sein - er nennt sich dann Bio-SNG, für synthetisches Gas aus Biomasse. Es ist vor allem Methan aus grünen Rohstoffen und hat damit die gleichen Eigenschaften wie Erdgas.

Biomethan- es kann auch in klassischen Biogasanlagen hergestellt werden - hätte abgesehen vom Automobilbereich den Vorteil, über das bestehende Erdgasnetz auch in die Haushalte zu kommen - als grüne Alternative zum Erdgas.

Alles braucht seine Zeit

Bis wir wissen, wie wir Energie aus Acker und Wald effektiv herstellen können, brauchen wir noch etwas Zeit - so wie sie auch das Erdöl in seinen Anfangsjahren hatte, meint Mark Woldberg. "Wir müssen begreifen, dass das nur schrittweise geht, mit einer Lernkurve. Alle Innovationen brauchen diese Zeit. Es wäre nicht fair, von Bio-Treibstoffen zu erwarten, dass sie schon nach ein paar wenigen Jahren perfekt sind. Nur weil wir jetzt Probleme damit haben, können wir sie doch nicht aufgeben. Diese Probleme lassen sich lösen, wenn man dem Bio-Sprit die Zeit gibt, sich zu entwickeln."