Abergläubischer Catalin Dorian Florescu

Stadtschreiber Nummer 13

"Ich bin der dreizehnte Stadtschreiber Dresdens, was natürlich ein schöner Anlass war, bei meiner Antrittsrede zu wünschen, dass weder ich der Stadt noch die Stadt mir Unglück bringen möge. Ich bin nämlich ein wenig abergläubisch", gesteht Florescu ein.

Mit dem Aberglauben ist das so eine Sache. Nachdem sich der rumänische Autor und Psychotherapeut Catalin Dorian Florescu als abergläubisch geoutet hatte, passierte es, dass ihm nette Menschen Maskottchen und Amulette schenkten. Nicht, dass das unbedingt nötig wäre. "Ich habe immer irgendwelche Amulette bei mir", bekennt Florescu mit einem verschmitzten Lachen, "selbst gebastelte und selbst erfundene, und auch althergebrachte, traditionelle. Die steckt mir allerdings mein Vater heimlich in die Hosen- und Westentaschen."

Florescu lässt es aber nicht bei Amuletten bewenden. Da kommen noch uralte Zaubersprüche dazu, die Florescu aus seiner Heimat mitgebracht hat. Und Rituale. "Die Kleidung verkehrt zu tragen, also... die Unterwäsche. Damit das Glück bringt! Da greife ich schon mal zu dem einen oder anderen. Warum? Ganz einfach, um meiner 'Zaira' den bestmöglichen Start zu ermöglichen. Ich halte es für mein bislang bestes Buch, mein Opus Magnum, auch wenn ich weiß" - wieder dieses Schmunzeln in der Stimme - "dass ein Schriftsteller und überhaupt jeder Kreative dazu neigt, das jeweils letzte Werk als das wichtigste und bedeutendste zu betrachten."

Ein guter Start

Dass "Zaira" einen guten Start hatte, erzählt Florescu mit Stolz. "Die erste Auflage ist bereits ausverkauft. Die Buchhändler lieben das Buch, das macht mich sehr glücklich, denn wenn die Buchhändler ein Buch nicht mögen, dann empfehlen sie es auch niemanden." Und dann macht er eine kleine Pause. "Nur die Presse mag mich nicht so besonders. Die deutsche Presse", präzisiert er sofort auf meinen Protest hin, "in Österreich ist 'Zaira' sogar zum 'Buch der Woche' erwählt worden, was mich natürlich sehr freut!"

Auch in Dresden wird man das Buch mögen. "Seit ich hier bin, also seit einer knappen Woche, habe ich schon über 50 Vereinbarungen, aus 'Zaira' zu lesen! Die Dresdner sind natürlich neugierig, was der dreizehnte Stadtschreiber zu erzählen hat."

Erzählen und erzählt bekommen

Eigentlich lässt sich Florescu immer erst erzählen, bevor er selber zum Erzähler wird. Und er hat ein seltenes Talent, gute Erzähler zu finden, Menschen, die etwas Besonderes erlebt haben. Und die in gewisser Hinsicht ein Stück rumänischer Geschichte repräsentieren. So, wie der blinde Masseur Ion Palatinus, der eine riesige Hörbibliothek aufgebaut hatte, weil er ohne Bücher nicht leben konnte oder wollte.

Dass Florescu Zaira fand, war vorherbestimmt - wie könnte man es anders sagen? Denn Florescu wollte eigentlich mit einem alten Schriftsteller in Timisvara reden, was sich als sehr schwierig erwies, denn Trajan hatte schon vor langer Zeit einen Modus vivendi gefunden: Alkohol. Er machte es ihm einfacher, die Tiefen seines Lebens, den Verlust seiner Liebe und die Sinnlosigkeit seines Ehrgeizes zu vergessen.

Von Tag zu Tag neugieriger

Florescu wollte also mit Trajan reden, aber Trajan verweigerte. Und dann kam Zaira, die alle für seine amerikanische Geliebte auf Besuch hielten. Und Zaira begann zu erzählen. Und sie schlug den Profi in Bann. "Sie schaffte es, mich von Tag zu Tag neugieriger zu machen. Das nächste Mal, so endete sie immer, wird es noch dramatischer. So als hätte sie es von den Fernsehserien gelernt. Und sie hatte Recht. Es wurde immer dramatischer! Sie hat mich sogar zum Weinen gebracht!"

Natürlich ist Zaira nicht bloß auf Besuch in Rumänien. Sie bleibt, jetzt, wo sie ihre alte große Liebe wieder gefunden hat. Und sie kämpft darum, das Vermögen und das Landgut ihrer Familie wieder zu bekommen, das von den Kommunisten verstaatlicht wurde. "Ihre Aussichten stehen nicht schlecht", meint Dorian Catalin Florescu. "Aber es wird halt noch eine ganze lange Zeit dauern!"

Hör-Tipp
Terra incognita, Donnerstag, 15. Mai 2008, 11:40 Uhr

Buch-Tipp
Catalin Dorian Florescu, "Zaira”, C. H. Beck Verlag

Mehr dazu in oe1.ORF.at

Links
Catalin Dorian Florescu
C. H. Beck - Zaira