Zum Tod von Saban Bajramovic
Der König der Romamusik
Saban Bajramovic spiele seine Musik mit einer lebhaften Geistigkeit, die es ihm ermögliche, alle kulturellen Barrieren zu überwinden, schrieb der britische "Indenpendent" am Höhepunkt von dessen internationaler Karriere. Am 8. Juni ist Bajramovic in Nis gestorben.
8. April 2017, 21:58
In seiner Geburtstadt Nis in Serbien ist am 8. Juni 2008 der bekannte Roma-Sänger Saban Bajramovic im Alter von 68 Jahren gestorben. Für "Ex-Jugoslawen" war er mit seinen weißen Anzügen und seinem ein wenig ausgefallenen Dandylook ein Inbegriff des freien Roma-Lebens. Sein goldener Zahn war ein Markenzeichen. Er verkörperte alles, was man in den romantisierenden und idealisierenden Vorstellungen über das Leben von Roma finden kann.
Weil er in jungen Jahren als Soldat seiner großen Liebe, die nicht lesen und schreiben konnte, keine Nachrichten mitteilen konnte, desertierte er aus der jugoslawischen Volksarmee und musste deswegen fünf Jahre in dem härtesten Gefängnis Jugoslawiens, das eigentlich nur für politische Häftlinge auf der baumlosen Adria-Insel Goli otok errichtet wurde, seine Strafe verbüßen. Das schwere Leben des Inhaftierten ertrug er, nach seinen eigenen Erzählungen, weil er ein guter Tormann in der Mannschaft der Häftlinge war und weil er auch in der Musikband der Gefangenen sang.
Das Leben der Roma
Seine erste Platte veröffentlichte er 1964 mit großem Erfolg. Weitere Platten folgten und Bajramovic wurde als Star gefeiert. Das Geld, das er verdiente, gab er mit vollen Händer wieder aus.
Offiziell, wie es übrigens fast überall der Fall ist, waren die Roma im sozialistischen Jugoslawien gleichberechtigt - nach der sozialistischen Parole "Brüderlichkeit und Gleichheit" teilten die Roma das Schicksal ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger. Die Wirklichkeit sah freilich anders aus.
Die Vorurteile über Roma lebten im Alltag weiter und man konnte sie in täglichen Sprüchen und unreflektierten Ausdrucksweisen finden, etwa, wenn man Kinder mit der (nicht nur auf den Raum Ex-Jugoslawiens begrenzten) Drohung zu schrecken versucht: "Wenn du nicht brav bist, wird dich die Zigeunerin holen."
Ich traf sogar glückliche Zigeuner
Wie die Lage der Roma wirklich war, konnte eine breite Öffentlichkeit zum ersten Mal im Film erfahren. Der bekannte serbische Filmregisseur Aleksandar Petrovic hat 1967 als einer der Ersten versucht, das Leben der Roma und ihre Probleme darzustellen. Sein Film "Skupljaci perja" (übersetzt "Federnsammler"), besser bekannt unter dem Verleihtitel "Ich traf sogar glückliche Zigeuner" zeigt, anders als der Titel suggerieren könnte, die Schwierigkeiten der Roma bei "ihrer Eingliederung in die Gesellschaft".
"Federnsammler" eröffnete eine ganze Reihe von Filmen, die sich auf mehr oder weniger mythologisierenden Weise mit dem Leben von Roma auseinandersetzten.
Es ist schwer zu beurteilen, ob es Petrovic mit seinem Film tatsächlich gelungen ist, die Lage der Roma zu problematisieren. Vielleicht war das überhaupt nicht sein Ziel und vielleicht hat sein Film ganz gegensätzliche Wirkungen angeregt. Das Publikum sah im Film, dass Roma trotz ihres schweren Lebens eine Leidenschaft eigen ist, die gut geordneten und in der Gesellschaft integrierten Bürgern fremd ist. Man suchte in ihrem "freien Leben" etwas, das verloren war, quasie die Passion der "Naturmenschen".
Mostar Sevdah Reunion
Saban Bajramovic verkörperte in sich alle diese Elemente. Er war schwer zu kontrollieren, er sang mit einer starken Leidenschaft, liebte Alkohol, Frauen und verlor alles, was er verdient hat, auf dem Spieltisch. Weltruhm erlangt er relativ spät mit der steigernden Popularität der Gattung "Worldmusic". Die Gruppe "Mostar Sevdah Reunion" eroberte 2001mit der Bajramovic-CD "A Gypsy legend” schnell die Musikszene.
Der Tod eines Roma
Man könnte fast zynisch sagen, er wäre nicht ein Roma gewesen, hätte er seinen Abgang nicht auch in typischer Weise gemacht. Saban Bajramovic starb verarmt und verlassen. In einem seiner letzten Interviews sagte er: "Ich habe etwa 400 Songs geschrieben. Niemand zahlt dafür und es wurden mehr als Hundert von mir gestohlen."
In der Belgrader Tageszeitung "Politika" berichtete der Journalist Toma Todorovic aus Nis über den Tod von Saban Bajramovic. Er schrieb, dass sich die Nachricht über den Tod sehr schnell über die Stadt verbreitete und dass mit einem Mal eine seltsame Stille über Nis lag. Mag sein, dass dieser Bericht auch in die Kategorie der Roma-Mythen eingeordnet werden muss, aber das Leben von Saban Bajramovic war voll damit. Sicher ist, wie ein Kommentator das so schön formuliert hat, dass seine Stimme eine Mischung des Besten war - von Jazz, Fado und dem echten Balkan.
CD-Tipp
Mostar Sevdah Reunion presents Saban Bajramovic, "A Gypsy legend", WC 43024
Film-Tipp
Aleksandar Petrovic, "Ich traf sogar glückliche Zigeuner" (Skulpjaci perja), Jugoslawien 1967, Avala
Links
Saban Bajramovic
Mostar Sevdah Reunion - Saban Bajramovic
Politika - Saban Bajramovic
Vijesti - Saban Bajramovic