Fluch oder Segen für die Wirtschaft

Private Equity

Bene, Wolford, Bwin - sie alle haben eines gemeinsam: Sie wurden von sogenannten Private-Equity-Investoren oder Risikokapitalgebern finanziert und saniert. Trotzdem sind diese Private-Equity-Investoren in Österreich sehr umstritten.

Christian Knoll, Geschäftsführer von Kinamu

Private Equity bedeutet privates Beteiligungskapital. Ein Private-Equity-Investor ist meist ein Fonds oder eine Gesellschaft, kann aber auch eine Privatperson sein, dessen Geschäft es ist, sich an einem Unternehmen zu beteiligen, es zu sanieren oder aufzubauen, mit dem Ziel, diese Beteiligung zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend zu verkaufen - entweder über die Börse, an andere Eigentümer, ein anderes Unternehmen oder einen anderen Investor. So ein Investor hat meistens viele Beteiligungen, von denen aber nur einige Gewinne bringen.

Eine Form des Private Equity ist Venture Capital, oder Risikokapital, hierbei handelt es sich um Investionen in Unternehmen, die ganz am Anfang stehen, wo also das Risiko sehr groß ist, aber eben auch die Chance, Gewinne zu machen.

Investieren um zu gewinnen

Private-Equity- oder Venture-Capital-Fonds investieren oft Geld, das zum Beispiel aus Lebensversicherungen oder Pensionsfonds kommt, dahinter stehen also viele private Sparer die eine langfristige Rendite haben wollen - aber eben auch vermögende Investoren, die ihr Geld vermehren wollen.

In Österreich bekannt ist etwa der US-amerikanische Private-Equity-Fonds Cerberus, der die Bawag übernommen hat, aber es gibt auch viele heimische Private-Equity-Investoren, der größte ist die UIAG, die Unternehmen wie Andritz, Bene, Palfinger oder Wolford finanziert hat.

Private Investoren statt Kredit
Private Equity ist eine Finanzierungsalternative zum Kredit. Genau deshalb ist Private Equity für Klein- und Mittelbetriebe interessant, weil viele junge Unternehmer von der Bank keine Kredit bekommen würden, sagt Christian Knoll, Geschäftsführer von Kinamu, einer jungen Schwechater Firma, die Software für betriebswirtschaftliche Abläufe wie Kundenmanagement und Ressourcenplanung anbietet und selbst zur Hälfte von Risikokapitalgebern finanziert wird. Ohne diese Finanzierung hätte er sein Unternehmen gar nicht aufbauen können. Außerdem profitiert er von den Erfahrungen der Investoren, die ihm auch als Coach und mit guten Kontakten zur Seite stehen, sagt Knoll.

Der gute persönliche Kontakt zum Investor sei sehr wichtig, man müsse dieselben Ziele haben. Nur so könne vermieden werden, dass es zu Problemen zwischen Geldgebern und Management kommt. Das sei ja mitunter ein Grund warum viele österreichische Betriebe Private-Equity-Investoren ablehnen.

Risikoarmes Österreich?
In Österreich gibt es sehr wenig Risikokapital, im EU-Vergleich belegt Österreich den 5. letzten Platz. Zum Schaden vieler mittelständischer Unternehmen, beklagt die Wirtschaft. Eine Studie der Wirtschaftsforschungsinstitutes Wifo zeigt, dass Unternehmen die Private Equity finanziert sind um 70 Prozent mehr Umsatz machen und um 50 Prozent mehr Beschäftigung schaffen, als andere. Außerdem sagen zwei Drittel der vom Wifo befragten Unternehmen, sie hätten ohne Private Equity Investoren nicht die nötige Finanzierung bekommen.

Es gibt aber auch viele Kritiker die sagen, dass viele große Private-Equity-Investoren Unternehmen nur ausbluten, sie zerschlagen und ohne Rücksicht auf Belegschaft und sinnvolle Weiterentwicklung des Unternehmens, durch den Weiterverkauf ihrer Beteiligungen nur schnell ihre Gewinne maximieren wollen - sie also rücksichtslos abgrasen. Daher kommt auch der Terminus Heuschrecke, den der deutsche SPD-Politiker Franz Müntefering geprägt hat. Christian Felber von Attac sagt, der große Konkurrenzdruck eine hohe Rendite zu erwirtschaften, erzeuge immer mehr Heuschrecken.

Nicht alles was glänzt...
Um die Rendite zu erreichen würden die Investoren von den Unternehmen verlangen, Dividenden auszuzahlen, die pro Aktie gerechnet, ein Vielfaches des Gewinns ausmachen, zu Lasten des Eigenkapitals. Entlassungen und Standortschließungen seien ebenfalls oft die Folge, nur um die Erträge zu verbessern, sagt Felber. Als negative Beispiele nennt Felber die Beteiligungen von Private-Equity-Fonds wie KKR und Permira beim deutschen Privatfernsehsender Pro Sieben Sat.1, den Einstieg von Permira beim deutschen Modelabel Hugo Boss, oder die britische Beteiligungsgesellschaft die beim deutschen Badarmaturenhersteller Grohe eingestiegen ist.

Man dürfe aber nicht alle Private-Equity-Investoren in einen Topf werfen, sagt Otto Loistl, Professor am Institut für Investmentbanking an der Wirtschaftsuniversität in Wien. Aber wie unterscheidet man die fleißigen Honigbienen, von den gefräßigen Heuschrecken? Loistl sagt, die Unternehmen müssten einen großen Anteil am Unternehmen halten, damit sie selbst auch Interesse am Erfolg haben, und nicht versuchen mit einer kleinen Beteiligung eine möglichst hohe Rendite zu erwirtschaften.

Jürgen Marchart, Geschäftsführer der Private Equity Interessensvertretung AVCO rät, dass ein Unternehmen das einen Investor sucht, sich vorher mit anderen Unternehmen austauscht, die Erfahrungen mit diesem Investor gemacht haben.

Aktuelle gesetzliche Rahmenbedingungen schaden
Ein Grund warum die österreichische Private-Equity-Industrie noch so klein ist, seien die schlechten gesetzlichen Rahmenbedingungen, sagt Jürgen Marchart von der AVCO. Bislang wurde die Industrie vom Mittelstandsfinanzierungsgesetz geregelt. Das sogenannte Mifig hat viele Auflagen, die für Investoren abschreckend sind: Etwa, dass pro Jahr pro Unternehmen nur eineinhalb Millionen Euro investiert werden durften, eine Summe die viel zu klein ist, oder dass nur in EU-Fördergebieten investiert werden durfte.

Dieses Gesetz wurde zwar gerade erst erneuert, ist aber nur als Übergangslösung gedacht. Denn parallel dazu arbeitet die Regierung an einem neuen sogenannten Kapitalmarktstärkungsgesetz, das jetzt in Begutachtung ist. Seit langem sind also die Rahmenbedingungen für die Investoren unklar, sagt Marchart, viele Fonds würden deshalb drohen ins Ausland abwandern - zum Schaden vieler heimischer Unternehmen die dann in Österreich keinen Investor mehr finden.

Neues Gesetz soll erleichert
In dem neuen Kapitalmarktstärkungsgesetz fallen viele der kritisierten Auflagen weg, sagt Marchart, aber der wichtigste Inhalt ist: Wenn ein Investor seine Beteiligung an einem Unternehmen verkauft und wieder weiter investiert, muss er für den Gewinn keine Steuer zahlen, das ist in vielen Ländern, die eine erfolgreiche Private Equity Industrie haben, üblich.

Der Gesetzesvorschlag wird heftig kritisiert, von Teilen der SPÖ, den Grünen, aber auch von Attac, es handle sich um Reichenförderung, weil das Gesetz das rasche Kaufen und Verkaufen von Beteiligungen begünstige, sagt Christian Felber.

Ganz im Gegensatz dazu findet Jürgen Marchart, dass der Gesetzesvorschlag zwar ein guter Anfang ist, aber noch nicht weit genug geht, weil es immer noch zu viele bürokratische Hürden gibt, die Investoren abschrecken. Für ihn ist die Förderung der Private Equity Investoren keine ideologische Frage, sondern eine Standortfrage, weil Private Equity Investoren Wachstum und Jobs bringen.

Bleibt anzuwarten, ob und wie die zerstrittene Regierung das neue Kapitalmarktstärkungsgesetz verabschieden wird. Davon hängt die Zukunft vieler österreichischer Unternehmer ab.

Hör-Tipp
Saldo, Freitag, 20. Juni 2008, 9:45 Uhr

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